Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
Vom Netzwerk:
zum Schluß komme ich auf die in Koustas’ Auftrag von der R. I. Hellas durchgeführten Meinungsumfragen über Parlamentsabgeordnete zu sprechen. Je länger mein Vortrag andauert, desto mehr sackt Gikas in sich zusammen. Das bestätigt meinen Verdacht, daß er durch Politiker unter Druck gesetzt wird.
    »Ich hatte nicht vor, der Sache mit den Parlamentsabgeordneten nachzugehen«, sage ich und sehe, wie er sich langsam wieder zu seiner normalen Größe aufrichtet. »Im Endeffekt ist die R. I. Hellas ein Meinungs- und Marktforschungsinstitut, daher ist es selbstverständlich, daß sie Aufträge für Meinungsumfragen über Politikerpersönlichkeiten annimmt.«
    »Richtig.« Seine ganze Erleichterung ist durchzuhören. »Mir gefällt aber dieses Durcheinander mit Koustas’ Firmen nicht. Üblicherweise überschreibt man ein Unternehmen an die Kinder oder die Ehefrau, wenn man seinen eigenen Namen nicht auftauchen lassen möchte. Er aber hat die Namen eines Schiedsrichters, seiner Exfrau und ihres Ehemanns eingesetzt, mit denen er zerstritten war.«
    Ich muß an mich halten, um mir nicht vor Freude die Hände zu reiben. Er ist jetzt genau dort angekommen, wo ich ihn haben wollte. »Vielleicht ging es um Steuerhinterziehung«, sage ich abwägend. »Vielleicht bekommen wir es heraus, wenn wir seine Geschäftsbücher durchsuchen. Doch dafür benötige ich einen Fachmann.«
    »Was für einen Fachmann?«
    »Jemand aus dem Verband der Buchprüfer.«
    Er stöhnt auf. »Wenn wir beim Verband der Buchprüfer anfragen, dann spricht sich das ganz schnell herum, und seine Erben werden sich im Fernsehen über uns aufregen. Koustas war kein Großunternehmer, aber er besaß acht oder neun Firmen. Die Zeiten sind vorbei, als man ein Bosodakis sein mußte, um den Mund aufmachen zu können. Heutzutage redet sich jeder Kioskbesitzer über seine Miniumsätze den Mund fusselig.«
    Er hat nicht unrecht, doch ich kann ihn beruhigen. »Ich werde diskret vorgehen und einen meiner Bekannten heranziehen, der als Steuerprüfer arbeitet. Er ist aufgeweckt und vertrauenswürdig.«
    »Schön«, meint er, wieder zufrieden. »Warten wir also ab, was für unangenehme Überraschungen Koustas’ Buchhaltung für uns bereithält, und entscheiden danach, was wir unternehmen. – Lassen Sie Karamitris nicht aus den Augen. Vielleicht ist er des Rätsels Lösung«, ruft er hinter mir her, als ich hinausgehe.
    Auf meinem Schreibtisch liegt die Liste mit den Besitzern der Drittligamannschaften. Ich lese mir zuerst die Unterlagen von Iason durch. Eigentümer: Kosmas Karamitris. Irgendwo in der Mitte stoße ich auf die Bezeichnung Proteus. Eine Überraschung erwartet mich in der Spalte nebenan. Eigentümer: Renos Chortiatis. Da haben wir es also: Der Geschäftsführer des Nachtklubs Rembetiko ist Inhaber des Fußballvereins von Livadia, der von der Greekinvest über das Spezialitätenrestaurant Chinesische Mauer gesponsert wird! Doch wenn man es richtig bedenkt, ist das nicht verwunderlich. Koustas übergab seinen zweiten Fußballverein einem Menschen, den er in seiner Gewalt hatte, nämlich Karamitris, und den dritten Klub einer Person seines Vertrauens, nämlich Chortiatis. Mir kommt die Szene während meines Besuchs im Rembetiko in den Sinn, als Makis Chortiatis anschrie, er werde ihn entlassen, und Chortiatis daraufhin einen Lachanfall bekam. Damals hatte ich mich gewundert, was Chortiatis so erheiterte. Nun weiß ich es. Er lachte, weil er sich nach mehreren Seiten hin abgesichert hatte. Selbst wenn Makis ihn auf die Straße setzte, würde er die Sponsorengelder des chinesischen Restaurants einkassieren und wiederum als Gewinner dastehen.
    Ich hebe den Hörer von der Gabel und rufe Kelessidis zu Hause an. »Wie lange brauchen Sie, um die Geschäftsbücher eines Unternehmens zu überprüfen?«
    »Das kommt ganz auf die Bücher an.«
    »Die einer Investmentgesellschaft, eines Markt- und Meinungsforschungsinstituts, eines Sportfachgeschäfts, zweier Nachtklubs, zweier Restaurants und zweier Fußballvereine.«
    »Hat das Ganze mit dieser Fußballmannschaft zu tun, deren Bücher ich durchgesehen habe? Mit Triton?«
    »Ja.«
    Er lacht. »Einen Monat bei einem normalen Achtstundentag, ohne Überstunden.«
    Ausgeschlossen, daß ich die beiden Fälle einen Monat lang vor mir her schiebe, nur damit die Steuerprüfung abgeschlossen werden kann. »Schön, versuchen wir’s andersrum. Knöpfen wir uns zuerst die Geschäftsbücher der Investmentgesellschaft vor und

Weitere Kostenlose Bücher