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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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sie will mir nicht aus dem Sinn.
    »Woran denkst du?« fragt Katerina und reißt mich aus meinen Gedanken. »Ich hab dich wohl mit meinen Sorgen überfordert?«
    »Nein, ganz und gar nicht, mein Schatz. Dieser Fall, der mir nicht mehr aus dem Kopf geht, ist an allem schuld.«
    »Welcher Fall? Der Koustas-Mord?«
    »Ja.« Ich will ihr nicht von Elena Kousta und ihrem behinderten Sohn erzählen, deshalb verfalle ich auf eine Ausrede. »Ich fahnde gerade nach Koustas’ illegaler Buchhaltung und habe keinen Schimmer, wo sie sein könnte. Ich habe heute nachmittag sein Haus durchsucht, aber nichts gefunden.«
    »Wieso fragst du nicht seinen Buchhalter?«
    Ich blicke sie perplex an. Wie konnte ich Jannis, Koustas’ Buchhalter, der bei der R. I. Hellas arbeitet, vergessen? Vielleicht, weil ich ihn eher mit der Tochter als mit dem Vater in Verbindung brachte.
    »Unser Professor hatte in einem Seminar über Handelsrecht einmal einen Finanzbeamten eingeladen. Und der erklärte uns im Scherz, daß die Geheimnisse, die selbst der Unternehmergattin verborgen bleiben, beim Buchhalter am besten aufgehoben sind. Von der Geliebten bis zur doppelten Buchführung der Firma.«
    »Katerina«, sage ich, »vielleicht hast du mich in diesem Augenblick der Lösung einen Riesenschritt näher gebracht.«
    Sie lacht. »Dann habe ich ja zumindest etwas erreicht«, meint sie. »Und wenn es auch nicht das ist, was ich eigentlich wollte«, fügt sie spöttisch hinzu.
    »Hast du vor, ihn zu heiraten?« frage ich.
    »Wen? Fanis?«
    »Ja. Hast du vor, ihn zu heiraten?«
    »Jetzt redest du wie Mama! Das paßt gar nicht zu dir«, meint sie und wird augenblicklich ernst. »Papa, ich bin einzig und allein damit beschäftigt, meine Doktorarbeit fertigzustellen und mich dann weiter umzusehen. Eine Heirat steht vorläufig nicht zur Debatte.«
    »Lade ihn am Samstag zum Mittagessen ein, bevor du nach Thessaloniki fährst.«
    Sie stutzt einen Augenblick, um sich zu vergewissern, daß ich nicht scherze, und dann leuchten ihre Augen auf. Sie würde sich am liebsten zu mir herüberbeugen und mir einen Kuß auf die Wange drücken, doch sie hält sich zurück, um kein unnötiges Schauspiel zu bieten. Sie nimmt meine Hände und drückt sie ganz fest. »Du ahnst nicht, welche Freude du mir damit machst«, meint sie.
    »Weil ich Fanis zu uns nach Hause einlade?«
    »Nein, weil ich dich überzeugen konnte.«
    Als wir auf die Straße treten, faßt sie nach meinem Arm und legt ihn sich über die Schultern. Wie wir dann so vor dem Mirafiori stehen, sehen wir aus wie zwei Jungverliebte, die ihre erste Rostlaube erstanden haben.

44
    J annis Stylianidis, Koustas’ Buchhalter, sitzt auf demselben Stuhl wie gestern Kelessidis. Sein Gesicht ist nur zur Hälfte zu erkennen, sein Kinn wird von drei Stapeln Geschäftsbücher verdeckt. Davon stammen zwei aus den beiden Nachtklubs und einer aus dem Restaurant Le Canard Doré. Ich greife auf gut Glück ein Buch heraus und blättere darin herum. Die Eintragungen sagen mir nichts, doch ich studiere sie mit fachmännischem Blick, als wollte ich ihm gleich fünfzig Millionen Bußgeld wegen Steuerhinterziehung aufbrummen. Vlassopoulos hat sich hinter seinem Rücken aufgestellt, um ihm seine Anwesenheit ständig in Erinnerung zu rufen und ihn damit zu verunsichern.
    »Das ist alles?« frage ich, nachdem ich geraume Zeit in den Büchern wortlos hin und her geblättert habe.
    »Jawohl.«
    Seine Stimme ist voller Bereitwilligkeit. Ich sitze auf dem Stuhl neben ihm und verschränke die Arme. »Warum schwindeln Sie mir etwas vor?« frage ich freundlich.
    »Ich lüge Sie nicht an, Herr Kommissar. Ich habe alles vorgelegt. Einnahmen- und Ausgabenbücher, Gästebücher, Kassenrollen, Rechnungen über Einkäufe, einfach alles.«
    »Sie haben mir alles vorgelegt, außer Koustas’ doppelter Buchführung.«
    Er zuckt überrascht zusammen, bewahrt jedoch einen kühlen Kopf. »Was für eine doppelte Buchführung? Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    »Jannis, spielen Sie hier nicht den Helden, denn das wird Sie teuer zu stehen kommen. Ich rede von Koustas’ geheimen Geschäftsbüchern, in denen er seine illegalen Transaktionen registriert hat.«
    »Es gibt keine solchen Bücher, und wenn es sie gäbe, hätte er sie mir nicht gezeigt.«
    Urplötzlich packt ihn Vlassopoulos an den Schultern und schüttelt ihn. »Hör mal, du Klugscheißer, ich kenne da auch noch eine andere Art, dich zum Reden zu bringen! Spuck lieber freiwillig aus, wo

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