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Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Koustas’ zweite Geschäftsbücher sind, damit wir endlich weiterkommen!«
    »Ich weiß es nicht! Wirklich!« schreit er erschrocken. »Ich weiß nichts von anderen Büchern.« Er wagt nicht, zu Vlassopoulos aufzublicken, und sein flehender Blick fällt auf mich.
    »Jannis, wir sind keine Finanzfachleute«, sage ich, immer auf die sanfte Tour.
    »Ich weiß.«
    »Folglich suchen wir nicht nach Beweisen für Steuerhinterziehung. Wir sind hinter etwas ganz anderem her.«
    »Hinter was denn?«
    »Wir wollen herauskriegen, wie Ihr Arbeitgeber drei Milliarden Schwarzgeld jährlich reingewaschen hat und wer ihm die Summe zwecks Geldwäsche zukommen ließ.« An seinem Blick lese ich ab, daß er angebissen hat und fahre im gleichen Tonfall fort. »Sie waren sein Buchhalter, Sie haben nur Rechnungen und Quittungen zu sehen bekommen. Vielleicht haben Sie geahnt, was sich hinter seinen Geschäften verbarg, vielleicht auch nicht. Folglich wird Sie niemand wegen illegaler Geldwäsche belangen, wenn Sie uns sagen, wo sich Koustas’ Bücher befinden. Wenn Sie den hartgesottenen Burschen spielen, wir aber alles rauskriegen, dann stehen Sie blöd da. Koustas ist tot, und ihm können wir nichts mehr anhaben. Aber Sie können wir als Mitwisser vor Gericht bringen.«
    Während meines Monologs knetet er nervös seine Hände. »Ich weiß nicht, ob Koustas geheime Geschäftsbücher hatte«, stottert er schließlich. »Wenn ich es wüßte, würde ich es Ihnen sagen.«
    »Gehen wir alles noch mal der Reihe nach durch. Wer hat Koustas’ legale Buchführung verwahrt?«
    »Ich.«
    »Wo haben Sie sie aufgehoben?«
    »Bei mir zu Hause.«
    »Und wer hat Ihnen die Belege für Ihre Eintragungen ausgehändigt?«
    »Einer von Koustas’ Leibwächtern.«
    »Wo? Kam er zu Ihnen nach Hause oder in Ihr Büro?«
    »Zu mir nach Hause. Montag abends überbrachte er mir immer die Unterlagen der ganzen Woche aus allen drei Gaststätten.«
    »Und Sie behaupten, Sie hätten die zweiten Bücher niemals zu Gesicht bekommen.«
    Er zaudert. »Nein, niemals.«
    Vlassopoulos packt ihn wieder an den Schultern, doch diesmal hebt er ihn wie einen Sandsack hoch und knallt ihn gegen die Wand. »Wem versuchst du das zu erzählen, du Hornochse!« brüllt er und versetzt ihm zwei Ohrfeigen. »Glaubst du denn, wir sind Hampelmänner, mit denen du tun kannst, was dir paßt, he?« Zwei weitere Maulschellen. »Du hast die Bücher bei dir zu Hause aufbewahrt, die Belege wurden dir mit Sonderboten zugestellt, und du willst uns weismachen, daß du die doppelte Buchführung nie zu Gesicht bekommen hast? Willst du mich auf den Arm nehmen, du Arschgeige?« Er hat ihn mit der einen Hand fest im Griff und dreht sich zu mir um. »Herr Kommissar, wir verplempern unsere Zeit. Lassen Sie mich ihm die Fresse polieren, damit er endlich zu reden anfängt.«
    Als Stylianidis hört, wie Vlassopoulous meine Erlaubnis einholt, schließt er unwillkürlich die Augen, um die Schläge zumindest nicht zu sehen, die er einstecken wird. Ich frage mich, weshalb er immer noch seinen Mund hält. Doch unvermittelt fällt mir die Szene während meines ersten Besuchs in Niki Koustas Büro ein, und das Geheimnis klärt sich von selbst auf.
    »Laß ihn«, sage ich zu Vlassopoulos. »Er redet nicht, weil er sich als Beschützer aufspielt.« Ich stehe auf und gehe auf ihn zu. »Wen wollen Sie beschützen, mein lieber Jannis?«
    »Niemanden«, lallt er.
    »Koustas jedenfalls nicht, denn der ist tot. Haben Sie Angst, daß Niki Kousta in Schwierigkeiten kommt, wenn Sie reden? Ist es das?«
    Er reißt die Augen auf und blickt mich an. Vlassopoulos läßt ihn los, aber er verharrt an seinem Platz. Ich erinnere mich, wie er die Kousta an jenem Tag im Büro angesehen hatte, und mir ist klar, daß ich recht habe. »Hören Sie zu«, sage ich. »Niki Kousta hat mit den Geschäften ihres Vaters nichts zu schaffen, das ist eindeutig erwiesen. Sie hatte ihre eigene Wohnung, ging einer ganz anderen Tätigkeit nach und sah ihn selten. Also besteht für sie keine Gefahr.«
    Er ist nach wie vor mißtrauisch. »Ist das wahr? Sie wollen mich aufs Glatteis führen, nur damit ich aussage!«
    »Nein. Wir benötigen die Geschäftsbücher, um herauszufinden, wer Koustas umgebracht hat. Und weder Sie noch seine Tochter sind tatverdächtig.«
    »Koustas hatte einen Lagerraum in der Kranaou-Straße, neben der armenischen Kirche«, preßt er hervor. »Alle zwei Wochen bin ich dorthin gefahren, immer am frühen Abend, und er ließ mich in

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