Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtfalter

Nachtfalter

Titel: Nachtfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
Vom Netzwerk:
genausowenig wie andere Lokale außer dem Nachtfalter, dem Rembetiko und dem Canard Doré.«
    »Ist Ihnen vielleicht bekannt, welches Interesse er an Triton hatte? Warum er die Mannschaft gekauft hat?«
    Die Kousta zuckt mit den Schultern. »Ich habe Ihnen bereits gesagt, Herr Kommissar: Dinos hat nie über seine Geschäfte gesprochen. Wenn Makis nicht gewesen wäre, hätten wir nicht einmal gewußt, daß er den Klub gekauft hat.«
    »Makis?«
    »Ja. Er kam eines Tages nach Hause und verlangte von seinem Vater, ihn in die Mannschaft aufzunehmen. So haben wir davon erfahren.«
    »Woher wußte Makis von der Mannschaft?«
    »Keine Ahnung.« Sie hält inne und fährt dann fort: »Jedenfalls war sein Wunsch nicht völlig fehl am Platz. Makis war von klein auf verrückt nach Fußball. Er spielte schon in der Schülermannschaft. Nachdem sein Vater ihm den Kopf zurechtgesetzt hatte, begann Makis ihn zu bestürmen, ihn doch im Nachtfalter oder im Rembetiko einsteigen zu lassen.«
    »Das war immer das Problem zwischen Makis und meinem Vater, Herr Kommissar«, mischt sich Niki ein. »Makis hatte immer bescheidene Träume und einen beschränkten Ehrgeiz. Mein Vater hingegen schmiedete für ihn stets hochfliegende Pläne. Alle Auseinandersetzungen zwischen ihnen gingen im Kern auf die Unvereinbarkeit ihrer Vorstellungen zurück.«
    Bis er ihn schließlich in die Drogenabhängigkeit trieb und sich zufrieden zurücklehnen konnte, sage ich mir. Allmählich beginne ich an einer Theorie zu basteln. Wenn Petroulias Koustas’ Mann war und wenn Makis davon wußte, dann ist nicht auszuschließen, daß er ihn getötet hat, um sich an seinem Vater zu rächen. Ich muß Makis’ Aktivitäten zwischen dem 15. und 22. Juni überprüfen lassen. Ich möchte jedoch die Kousta und seine Schwester nicht danach fragen, damit ich ihnen keinen Floh ins Ohr setze und sie ihn umgehend warnen. Ganz abgesehen davon, daß er ja nicht höchstpersönlich auf die Insel fahren mußte. Ein Fixer, selbst einer aus reichem Hause, muß gezwungenermaßen in der Unterwelt verkehren, um sich Nachschub zu besorgen. Und dort lernt er Gott und die Welt kennen. Albaner, Rumänen und Bulgaren, wie sich Gikas so schön ausdrückt. Die würden Petroulias als Gegenleistung für ein Exklusivwochenende auf der Insel ohne weiteres um die Ecke bringen.
    Ich weiß nicht, wohin meine Theorie führt, doch scheint sie mich im Mordfall Petroulias voranzubringen. Was den Mord an Koustas angeht, so ist er mit neunzigprozentiger Sicherheit von Profikillern ausgeführt worden, und wir beißen uns daran die Zähne aus.
    Ich breche auf. »Ich danke Ihnen, Frau Kousta. Und ich bitte um Entschuldigung, falls ich ungelegen kam.« Ich habe den tiefen Ausschnitt und den Theatervorhang um Elena Fragakis Beine aus meinem Gedächtnis gestrichen und halte mich streng an die Regeln der Etikette, denn vor Elena Kousta ziehe ich den Hut.
    »Richten Sie schöne Grüße an Ihre Gattin aus«, meint sie mit einem Lächeln. »Sie können sich glücklich schätzen mit so einer Frau, Herr Kommissar.«
    Das ist mir durchaus bewußt, selbst wenn ich es nicht zugeben will. Niki Kousta hat sich wieder der Einrichtung des Wohnzimmers zugewendet. Sie winkt mir, ohne sich umzudrehen.

28
    D er Stadtteil Tambouria liegt etwa einen Tagesausflug vom Alexandras-Boulevard entfernt. Das Wetter ist trübe, kein Blatt rührt sich im Wind, eine unerträgliche Schwüle hängt über der Stadt. Neben mir verströmt Dermitzakis Schweißgeruch, von draußen dringt der Gestank von Autoabgasen herein. In der Nähe der Staatlichen Krankenversicherungsanstalt auf der Pireos-Straße überkommt mich ein Anfall von Herzrasen. Ich kann nicht verstehen, wieso ausgerechnet jetzt – denn am Morgen bin ich ruhig und ausgeruht aufgewacht. Vielleicht liegt es am schwülen Wetter oder an den Abgasen, möglicherweise an beidem. Ich stelle mittlerweile ständig Diagnosen, ganz im Stil Adrianis. Früher hätte ich mich darüber lustig gemacht. Jetzt raufe ich mir die Haare, weil ich vergessen habe, mein Interal mitzunehmen. Ousounidis hatte mir erklärt, ich solle bei einsetzendem Herzrasen jedesmal eine halbe Tablette nehmen. Ich lehne mich schweigend in meinen Sitz und versuche die Schläge meines Herzens zu zählen, um zu überprüfen, ob es mehr als hundert pro Minute sind. Ich geniere mich, meinen Puls zu fühlen und dabei auf die Uhr zu sehen. Die ersten Regentropfen klatschen an der Biegung zur Ermou-Straße gegen die Windschutzscheibe,

Weitere Kostenlose Bücher