Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtflügel

Nachtflügel

Titel: Nachtflügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
Vom Netzwerk:
Die meisten Tiere hatten noch keine so grausamen Raubtiere gesehen und flohen, sobald sie in Sicht kamen. Doch nicht alle konnten rechtzeitig entkommen, vor allem nicht die großen, schweren Grundlinge.
    Der Wurzelfresser, der nun schutzlos auf der Seite lag, schlug noch einmal aus, dann lag er bewegungslos da. Danian löste den würgenden Biss seiner Kiefer um die Kehle des Tiers und schlitzte es vom Brustbein bis zum Nabel auf. Seine Innereien quollen heraus auf den Boden.
    Danian blickte hinauf zu Reißzahn in den Zweigen. »Friss«, stieß er hervor. »Hau rein.«
    Panthera wollte hingehen, doch Reißzahn hielt sie mit einem Knurren zurück. »Nein«, sagte er leise. »Wir jagen unsere Beute selbst. Wir sollten uns ihnen nicht verpflichten. Wir müssen Ebenbürtige sein.«
    »Du hast recht«, sagte Panthera.
    »Wir können von ihnen lernen«, sagte Reißzahn. »Die Art, wie sie zusammenarbeiten, um größere Tiere zu erlegen, – unsere Meute könnte das auch so tun.«
    Sie nickte. Er versuchte, nicht hinunter auf die Menge an Fleisch zu blicken, doch er konnte die Hyaenodonten geräuschvoll fressen hören. Sie schienen alles zu verschlingen, sogar Knochen und Zähne, und nichts übrig zu lassen. Und sie waren gierig. Nachdem sie sich vollgefressen hatten, urinierten alle über den Kadaver, um ihren Anspruch darauf zu erheben, auch wenn sie gar nicht die Absicht hatten, den Rest auch noch zu fressen.
    Reißzahn war klar, dass er mit diesen Kreaturen sehr vorsichtig umgehen musste. Wenn er sie reizte, wenn er für sie nicht länger von Nutzen war, konnten sie ihn in Sekundenschnelle zerreißen. Danian war zwar stark, aber charakterschwach und leicht zu beeindrucken. Solange Reißzahn die Hyaenodonten in dem Glauben ließ, dass von den Sauriern noch immer eine Bedrohung ausging, hielten sie ihn weiterhin für nützlich. Er könnte sie leiten. Er könnte sie dazu bringen, alles zu tun, was er wollte.
    Es war noch gar nicht so lange her, da hatte Reißzahn gedacht, er könnte die Welt durch seine Stärke beherrschen. Durch Panthera hatte er erkennen gelernt, dass Gerissenheit wohl die wirkungsvollere Fähigkeit war.
     

Kapitel 19
Chimera
    D ämmer stieg zwischen den oberen Ästen hindurch in den Himmel. Der Wald erstreckte sich in alle Richtungen. Während die Sonne heiß auf seine Segel schien, schraubte er sich in einer Spirale höher, bis sich der Horizont zu krümmen begann. Nach Süden hin sah er einen Schwarm Vögel beim Fliegen sich ausbreiten und wieder zusammenziehen. Er war hier zu auffällig, dachte er, sein dunkler Körper war wie ein Fleck vor dem strahlenden Himmel.
    Er stieg noch höher.
    Weit im Westen war das Meer als blassblaue Linie zu erkennen. Er hielt nach ihrer Insel Ausschau, konnte sie aber nicht ausmachen. Dann wandte er sich nach Norden, die Richtung, in die sein Vater die Kolonie geführt hatte. In der Ferne ging der Wald in weites Grasland über und jenseits davon stieg das Land an. Auf den Hängen konnte er Bäume erkennen. Vielleicht war es eine durch Licht und Höhe verursachte Täuschung, doch sie schienen riesig zu sein, hoch, breit und mächtig.
    Scharf sog er die Luft ein. Fast schon unheimlich genau stimmte die Landschaft vor ihm mit der silbrigen Landschaft überein, die er sowohl in seinem Traum als auch in seiner Vision gesehen hatte.
    Er winkelte die Segel an und ging in einen schnellen Sturzflug über, während er sich in alle Richtungen nach Vögeln umsah. Dicht über den Baumkronen entdeckten ihn ein paar von ihren Sitzplätzen aus und stimmten ein empörtes Geschrei an, doch er flatterte schnell an ihnen vorbei nach unten, zwischen den Ästen hindurch, wo ihn Nova mit Barat, Sol und Südwind erwartete.
    »Was hast du gesehen?«, fragte Barat.
    Atemlos berichtete Dämmer: »Sie sehen genauso aus wie die Bäume, die wir brauchen. Keiner von ihnen hat niedrige Äste. Kein Felid könnte diese Stämme hochklettern.«
    »Mit Sicherheit kann man das auf diese große Entfernung nicht beurteilen«, meinte Barat zweifelnd.
    Dämmer konnte ihnen nicht erzählen, wo er diese Bäume bereits gesehen hatte – er würde wahrscheinlich sofort weggeschickt, und das wahrscheinlich zu Recht. Es klang zu haarsträubend. Aber er konnte seine Überzeugung nicht aufgeben, dass sie unbedingt zu diesen Bäumen ziehen sollten.
    »Was ist mit diesem Grasland?«, fragte Barat. »Gibt es da genug Bäume für einen Gleitweg? Oder müssten wir es zu Fuß durchqueren?«
    »Zu Fuß, denke ich«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher