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Nachtflügel

Nachtflügel

Titel: Nachtflügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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vergessen?« Er machte eine Pause, und Dämmer hatte den Eindruck, dass sein Blick kurz zu ihm und Sylph schwenkte. »Aber um uns zu vergewissern, dass wir und alle unsere Kinder sicher sind, werde ich morgen eine Expedition organisieren, die erforschen soll, ob es noch einen Dinosaurier oder ein Nest auf der Insel gibt.«
    »Was allerdings höchst unwahrscheinlich ist«, teilte Sol der Versammlung mit.
    »Das ist wenigstens ein Anfang«, sagte Nova. »Aber was ist damit, aufs Festland zu gehen?«
    »Nein«, sagte Ikaron. »Dazu besteht keinerlei Notwendigkeit.« Barat und Sol nickten zustimmend.
    »Und wenn wir hier auf der Insel Eier finden sollten«, fragte Nova, »in welcher Richtung willst du dann etwas unternehmen?«
    »Es werden keine Eier da sein. Aber wenn wir doch welche finden sollten, kennst du ja meine Antwort: Sauriereiern wird nichts angetan.«
    »Selbst in deiner Heimat, in deinem eigenen Wald lässt du es zu, dass Saurier aus diesen Eiern schlüpfen?«
    »Wir sind hier, weil wir geschworen haben, auf das Zerstören von Eiern zu verzichten«, sagte Ikaron. »Die Eier jetzt zu zerstören wäre eine schreckliche Scheinheiligkeit, die ich nicht dulden werde.«
    »Das ist nicht die Entscheidung eines Anführers«, sagte Nova.
    Dämmers Augen wurden groß, als sein Vater sich aufrichtete, die Brust hervorreckte, mit seinen Segeln die Luft schlug und Nova einen Windstoß schickte, der sie zusammenzuckend nach hinten fallen ließ.
    »Nova, ich habe dir erlaubt, deine Meinung zu äußern«, rief er. »Aber mache nicht den Fehler zu glauben, dass du irgendwelche Befugnisse hast. Ich entscheide hier, was das Beste für die Kolonie ist, und das werde ich auch weiterhin so tun – bis zum letzten Tag meines Lebens.«
    Während des restlichen Abends wich Dämmer seinem Vater nicht von der Seite. So fühlte er sich sicherer. Während sie sich in ihrem Nest zum Schlafen niederließen, blieb er so dicht bei Ikaron, dass dieser fast über Dämmer gestolpert wäre. Ikaron blickte ihn scharf an, doch der Unmut in seinem Gesicht verschwand schnell.
    »Es ist alles in Ordnung, Dämmer«, sagte er.
    »Sind wir wirklich sicher?«, fragte Dämmer.
    »Stell dich nicht so an«, sagte Sylph, doch er bemerkte, dass auch sie auf eine beruhigende Antwort ihres Vaters wartete.
    »Ja, wir sind alle sicher«, sagte Ikaron. »Das war der erste Saurier, den ich gesehen habe, seit wir das Festland verlassen haben. Ich glaube nicht, dass wir noch jemals einen weiteren zu Gesicht bekommen werden.«
    Auch wenn sein Vater sich nicht länger auf dem Sitz des Anführers befand, spürte Dämmer seine Kraft und Autorität stärker als je zuvor. Und obwohl er sich in seinem Umfeld geschützt fühlte, hatte er doch ein bisschen Angst, denn er hatte seinen Vater noch nie so wütend und leidenschaftlich erlebt. Und er hoffte, dass sich diese Wut nie gegen ihn richten würde. Er hatte eine Frage, die so beharrlich an ihm nagte wie eine juckende Stelle, an die er nicht drankam, um sich zu kratzen, doch er konnte fast nicht den Mut aufbringen, sie zu stellen.
    »Papa? Ich frage mich …« Seine Stimme verebbte.
    Sein Vater setzte sich neben ihn. »Sprich weiter.«
    »Warum hast du uns nie von dem Pakt erzählt?«
    Ikaron blickte Mistral kurz an und seufzte. »Dafür gibt es viele Gründe«, antwortete er. »Als wir auf die Insel gekommen sind, haben wir wirklich gedacht, wir hätten so eine Art Paradies gefunden. Es gab keine Saurier, und es schien, als würden wir nie wieder einen sehen. Warum sollten unsere Kinder überhaupt etwas von der alten Welt mit all ihren Gefahren und ihrer üblen Geschichte erfahren? Wir wollten unsere Kinder hier in Sicherheit aufwachsen lassen.«
    Mistral nickte. »Die Anführer der vier Familien haben geschworen, den Pakt geheimzuhalten«, sagte sie. »Wenn wir über ihn gesprochen hätten, hätte es immer ein paar Heißsporne gegeben, die zum Festland zurückgewollt hätten, um die Saurier zu sehen und vielleicht zu jagen. Aber niemand will erleben, dass die eigenen Kinder verletzt oder getötet werden. Sogar Nova hat sich, wie ihr gesehen habt, dazu entschlossen, auf der Insel zu leben. Und bis auf heute Abend hat sie ihren Schwur, zu schweigen, gehalten.«
    »Warum ist Nova überhaupt mitgekommen?«, wollte Dämmer wissen. »Wenn sie doch geglaubt hat, dass der Pakt eine so gute Sache war?«
    »Sie war keine Älteste, als wir das Festland verließen«, erklärte Mistral. »Es war ihr Vater Proteus, der die

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