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Nachtflügel

Nachtflügel

Titel: Nachtflügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Ohne das geringste Zögern raste Reißzahn zurück, stürzte sich auf den Vogel und schleuderte ihn von Pantheras Rücken. Auf dem Boden rammte er ihm die Zähne in den Hals. Blut, Fleisch und schmierige Federn füllten sein Maul. Der Vogel drehte den gesprenkelten, gehörnten Kopf und schaute ihn mit seinen schrecklichen Augen durchbohrend an. Sein Schnabel öffnete sich und stieß durch Reißzahns rechtes Vorderbein, ehe der aufjaulend wegspringen konnte. Der Vogel, auch schreiend vor Schmerz, hob ab und flog zurück in den Wald.
    Reißzahn sah Panthera an und diesmal erwiderte sie seinen Blick.
    Noch immer kreisten Vögel über ihnen und stürzten sich auf die Feliden, die noch ohne Deckung im Freien geblieben waren. Panthera sagte nichts, doch sie folgte Reißzahn, als er auf die überflutete Sandbrücke sprang und auf das Festland zuwatete. Das Wasser ging ihm bis an die Knie und war beißend kalt, doch das betäubte zumindest den Schmerz in seinem Bein. Weiter vorne kämpften sich die Letzten aus seiner Meute zum Festland hinüber. Andere kletterten bereits die felsige Küste hinauf. Immer wieder schaute er zurück, um sich zu vergewissern, dass Panthera noch hinter ihm war. Sie war es noch, und jedes Mal, wenn er sie ansah, fühlte er sich gestärkt.
    Auf halbem Weg blickte er hoch und sah eine dunkle Gestalt auf sie niederstoßen.
    »Ins Wasser!«, schrie er und hoffte, Panthera würde ihm vertrauen. Er sprang von der Brücke, und im letzten Augenblick, bevor sein Kopf untertauchte, sah er ein Paar tückisch gekrümmter Klauen über seinen Schädel hinwegschießen und spürte den Wind großer Flügel. Dann war er vollständig von Wasser umschlossen. Kälte pochte ihm gegen die Schläfen. Er strampelte mit den Beinen, tauchte auf, schnappte mit völlig durchnässtem Fell nach Luft. Neben ihm strampelte Panthera und dann schleppten sich beide zurück auf die Sandbrücke. Sie nahmen sich nicht einmal die Zeit, das Wasser abzuschütteln, sondern kämpften sich sofort weiter zum Festland vor, das Wasser nun schon über ihren Knien und die Glieder ganz taub.
    Am Ufer zog sich Reißzahn zitternd auf einen Felsen und reckte den Hals, um nach weiteren Raubvögeln Ausschau zu halten. Ein paar sah er über dem Strand der Insel kreisen, aber keinen mehr über dem Wasser.
    Mit Panthera an seiner Seite kletterte er den steilen Hang zu den Bäumen hinauf. Dort fand er seine Feliden in den niederen Ästen versammelt, von wo aus sie verunsichert acht Soldaten aus Patriofelis’ Garde anknurrten.
    »Zurück auf die Insel!«, schnauzte Gerik sie an, von dem Reißzahn nur vermuten konnte, dass er das Kommando übernommen hatte.
    »Das werden wir nicht«, sagte Reißzahn leise.
    Gerik bemerkte ihn erst jetzt und trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Wir haben unsere Befehle«, sagte er.
    »Dein Befehl war, jeden, der von der Insel kommt, zu töten«, erinnerte ihn Reißzahn. »Wer will gegen mich kämpfen. Du, Gerik?«
    Er erinnerte sich, wie er mit Gerik gespielt hatte, als sie Neugeborene waren, die Jagd- und Kampfspiele, die sie auf das Leben als Erwachsene vorbereiten sollten. Zwar war Reißzahn jetzt der Kleinere von ihnen beiden, doch er zweifelte an Geriks Mut, vor allem mit so wenigen Soldaten als Unterstützung. Die meisten waren noch auf der Insel versteckt und würden frühestens morgen früh herüberkommen können. Gerik war mit seinen Leuten in der Unterzahl und das war ihm auch klar. Reißzahn sah, wie sein verwirrter Blick zu Panthera glitt.
    »Warum stehst du neben ihm, Panthera?«, wollte er wissen.
    Sie schwieg.
    »Gerik, du kannst die Dinge nicht immer so erhalten, wie sie einmal waren«, sagte Reißzahn zu ihm. »Dein Anführer ist tot. Es gibt jetzt Vögel hier, die uns umbringen können. Und Patriofelis hat gesagt, dass vielleicht noch neue Tiere kommen, die dasselbe tun. Die alten Bündnisse spielen bald keine Rolle mehr. Meine Meute ist bestimmt nicht die einzige, die den Geschmack an Fleisch entdeckt hat. Leb du nach der alten Art, wenn du willst, aber behindere uns nicht. Wir tun, was wir müssen, um stark und lebendig zu bleiben.«
    »Nein«, sagte Gerik.
    »Du kannst dich uns anschließen«, bot Reißzahn ihm an.
    Der andere Felid trat einen Schritt zurück und schüttelte angeekelt den Kopf. »Das mache ich bestimmt nicht. Und ich lasse euch auch nicht passieren.«
    Er sprang.
    Reißzahn war darauf vorbereitet und warf sich selbst auf Gerik. Die beiden krachten zusammen und glitten kratzend

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