Nachtflug Zur Hölle
anzubringen und die Trägerraketen SCARAB für den Abtransport vorzubereiten.
»Sie brauchen sie natürlich nicht einzusetzen«, sagte Gabowitsch schließlich. »Schon ihr Besitz macht einen gewaltigen Unterschied – er ist ein wichtiger Faktor in Ihrer Feldzugsplanung.« Er machte eine Pause, lächelte verschmitzt und fügte hinzu: »Und dem Mann, der vorgestern die Demonstranten in Denerokin von Hubschraubern hat beschießen lassen, dürfte der Einsatz nuklearer Gefechtsfeldwaffen keine Gewissensbisse verursachen.« Er übergab Woschtschanka einen Aktenkoffer. »Meine Auftraggeber im Fisikus-Institut sind sehr von Ihnen beeindruckt. Sie sind bereit, Sie voll zu unterstützen.
Hier das vereinbarte Honorar: eine Million Schwedenkronen.«
Woschtschanka griff zufrieden lächelnd nach dem Geldkoffer. Geschafft! sagte er sich. Er hatte nicht nur die Wissenschaftler dazu gebracht, ihn mit Geld und Atomwaffen zu unterstützen, sondern auch den GUS-Ministerrat überrumpelt, großangelegte »Manöver«
in Weißrußland, Litauen und dem Kaliningrader Gebiet begonnen und sich die Unterstützung seiner eigenen Regierung gesichert. Binnen weniger Tage war er von einem in Ungnade gefallenen General zum militärischen Führer eines der größten Staatsstreiche der Neuzeit aufgestiegen.
Jetzt besaß er die Macht, alle Gegenangriffe abzuwehren, bis er seine Gewinne konsolidiert und seine strategische Position verbessert hatte. »Ja«, bestätigte Woschtschanka nickend, offenbar mit sich selbst zufrieden, »um den Eindruck zu erwecken, in Litauen seien inund ausländische Terroristen aktiv, habe ich schnell und nachdrücklich reagieren müssen. Ich hätte die ganze Staffel entsandt, wenn sie einsatzbereit gewesen wäre.«
»Ihre Reaktion ist genau richtig gewesen, General«, lobte Gabowitsch ihn. »Zuwenig Gewalt hätte den Vorfall nicht in die Medien gebracht; zuviel Gewalt hätte Ihre wahren Motive verraten. Meinen Glückwunsch! Nun sind Sie eindeutig auf der Siegesstraße, aber zunächst wollen wir zu diesen kleinen Wundern der Technik zurückkehren, ja?
In Zukunft müssen diese Trägerraketen Tag und Nacht streng bewacht werden – und Ihr Führungs- und Kontrollzentrum sogar noch strenger. Sie werden sie vermutlich von Ihrer Kommandozentrale Minsk aus kontrollieren?«
»Ich habe hier in Smorgon einen zweiten Befehlsstand, den ich in diesem Feldzug benutzen werde«, sagte Woschtschanka. »Smorgon läßt sich viel besser verteidigen als die Kommandozentrale Minsk.
Wir werden das Führungs- und Kontrollzentrum hier einrichten.«
»Es sollte ein zweites Kontrollzentrum geben«, schlug Gabowitsch vor, »damit Sie die Waffen auch nach einem etwaigen Angriff auf Ihr Hauptquartier noch einsetzen können.«
»Für die Einrichtung eines Ausweichzentrums bleibt keine Zeit mehr«, wehrte Woschtschanka ab. »Das Unternehmen zur Besetzung Litauens und des Kaliningrader Gebiets läuft sofort an. Sobald Minsk gesichert und von allen GUS-Truppen geräumt ist, lasse ich ein zweites Kontrollzentrum einrichten.«
»Gut, aber Sicherheit geht über alles«, sagte Gabowitsch. »Es gibt viele Trägerraketen, viele Gefechtsköpfe, aber nur einen Kommandeur. Und der sind jetzt Sie.« Er zog eine massive Metallkette mit zwei Sicherheitsschlüsseln aus der Tasche. »Üblicherweise muß der Einsatzbefehl von zwei Verantwortlichen kommen, und ich schlage vor, dieses System auch für Ihr Hauptquartier zu übernehmen. Ihr Präsident hat einen Schlüssel, Sie haben den anderen, und beide gemeinsam…«
»Niemand bekommt den zweiten Schlüssel«, unterbrach Woschtschanka ihn energisch. »Ob diese Waffen eingesetzt werden, entscheide allein ich.«
Gabowitsch starrte ihn an. »Aber… falls Sie gefangengenommen oder verraten werden, General, haben Sie keinerlei Kontrolle über diese Waffen mehr.«
»Ich werde nicht verraten«, behauptete Woschtschanka zuversichtlich, »und falls ich gefangen oder tot bin, interessieren die Waffen mich nicht mehr, stimmt’s?« Er wollte nach den Schlüsseln greifen, aber Gabowitsch zog rasch seine Hand zurück.
»Noch eine Klarstellung, bevor ich Ihnen diese Schlüssel zum Höllentor überlasse, General«, sagte Gabowitsch amüsiert lächelnd.
»Wir haben folgende Abmachung getroffen: Sie zerschlagen die litauische und weißrussische Opposition und vertreiben die GUS-Truppen aus Litauen und dem Kaliningrader Gebiet, aber Sie sorgen dafür, daß das Fisikus-Institut, ich selbst und die von mir bezeichneten
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