Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren
Schmerzen, und so hatte sie seine Bemerkung auch aufgenommen. Wenn er diese Sache überlebte, dann würde er vielleicht tatsächlich um Olivede Hearnes Hand anhalten. Ihre Blutlinie war älter als seine. Olivede konnte noch nicht weit über dreißig sein, war unverheiratet, war in Frieden mit ihrer Magie. Sie gehörte nicht zu den Damen der Gesellschaft, aber sie würde vielleicht gut zu den Grenzländern passen und diese vielleicht gut zu ihr. Telmaine – verheiratet oder nicht – besaß Schönheit, Geist und Macht, aber die Zeit würde die Schönheit untergraben, die Gesellschaft würde den Geist ersticken und ihr eigener Wille ihre Macht dämpfen. Während er in einem Gefängnis lag und sein Leben und sein Ruf durch eine Anklage wegen Hexerei gefährdet waren, würde nur ein unpraktischer Narr – wie sein Vater ihn so oft genannt hatte – wegen dieses Verlustes trauern.
7
Balthasar
Als die Wirkung seines Schlafmittels nachließ, wurde Balthasar von der Sonnenuntergangsglocke geweckt. Noch nicht ganz wach streckte er die Hand nach Telmaine aus und fand nur eine erdrückende Wüste aus Kissen und Decken sowie ein einziges ausgestopftes Spielzeug, das den Platz seiner Töchter markierte. Er zog es an sich.
Lorcas erhob sich von seinem Stuhl. »Guten Abend, Herr.«
Mit großem Geschick kümmerte er sich um Balthasar und half ihm aus dem Bett und zur Toilette. »Sie wirken heute Abend stärker«, bemerkte er, während Balthasar sich darauf konzentrierte, seine Füße genau richtig auf den Boden zu setzen, sodass seine Knie, die aus purem Milchpudding zu bestehen schienen, nicht unter seinem Gewicht nachgaben.
»Haben Sie irgendetwas gehört?«, fragte er, als Lorcas die Decken über ihn breitete. »Olivede? Baron Strumheller? Ihr Sohn? Baronet di Maurier?« Florilinde, wollte er sagen, schreckte jedoch vor der Antwort zurück.
»Einen Moment, bitte«, erwiderte Lorcas. Von der Tür winkte er seinen starken Sohn heran. »Er ist erst beim letzten Schlag der Sonnenaufgangsglocke zurückgekehrt«, sagte der alte Mann mit einer Spur von Tadel angesichts solcher leichtsinniger Risikofreude. »Da Sie bereits schliefen, habe ich beschlossen, ihn mit seinem Bericht warten zu lassen, bis Sie erwachen würden.«
Balthasar befand, dass er nicht der Richtige war, um Einwände gegen diese Entscheidung zu erheben.
»Ich habe Magistra Hearne zum Haus von Magister Broome begleitet«, berichtete Eldon.
»Waren sein Sohn oder seine Tochter dort?«, fragte er. Er würde beiden eher vertrauen, Olivede zu beschützen, als dem Vater. Wäre Farquhar Broome nicht ein Magier von außergewöhnlicher Stärke gewesen, hätte Balthasar bei ihm eine Geistesstörung diagnostiziert. So aber war er zu Recht aus der Übung, was gewöhnliche Beschränkungen und Verletzbarkeiten betraf.
»Seine Tochter war zu Hause und überaus erleichtert, Magistra Hearne begrüßen zu können. Ihre Schwester genießt großes Ansehen, Herr, unter ihresgleichen.« Balthasar erkannte dies als beabsichtigte Beruhigung. Er seufzte und sagte halb zu sich selbst: »Olivede ist erwachsen und trägt die Verantwortung für sich selbst. Hat sie Ihnen eine Nachricht für mich gegeben?«
»Sie hat genau dasselbe gesagt, sie sei erwachsen und selbst für sich verantwortlich und dass ich Sie grüßen und Ihnen ausrichten solle, sie verspreche, in wenigen Tagen zurück zu sein.«
Balthasar holte langsam Atem und wappnete sich gegen den Stich des Schmerzes in seinen Rippen. »Wie schlimm steht es in der Flussmark?«
»Neun Blocks sind komplett niedergebrannt. Die Menschen durchsuchen noch immer die Ruinen und zählen die Toten. Überall in den Straßen stehen Wasser und Asche knöcheltief, und die Menschen bewegen sich wie Todgeweihte. Es hat mich bekümmert, nicht bleiben und helfen zu können, und wenn der Herr frei gewesen wäre, wären wir mit ihnen dort unten gewesen. Alle paar Stunden kommt immer noch jemand aus den unterirdischen Straßen zum Vorschein, auf dem gleichen Weg, auf dem der Herr entkam, aber die Gegend ist halb überschwemmt vom Regen, mit dem die lichtgeborenen Magier das Feuer gelöscht haben, und es könnte Ertrunkene geben. Magistra Olivede sagte, die lichtgeborenen Wetterwirker ließen einen Landwind wehen, um den schlimmsten Rauch und Gestank davonzuwehen. Außerdem meinte sie, Sie sollten nicht daran denken, in Ihrem gegenwärtigen Zustand dort herunterzukommen. Ihre Hilfe werde noch lange nach Ihrer Genesung benötigt werden.«
»Sie
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