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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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bei der Verteidigung, Ihre Aussage so zu formulieren, wie es Ihrem Fall von Nutzen ist. Wenn ich recht verstanden habe, hat Baron Strumheller nie behauptet, ein Magier von großer Macht zu sein.«
    »Und ist das charakteristisch für eine solche Wahnvorstellung?«
    »Das kommt«, antwortete Balthasar bedächtig, »auf die Natur und die Schwere der Wahnvorstellung an. Baron Strumhellers Zustand scheint mir milde, jedoch von langer Dauer und möglicherweise heilbar zu sein, sollte er sich für eine Behandlung entscheiden. Fürst Vladimers Wunsch könnte durchaus ausreichend für ihn gewesen sein, um eine Behandlung in Betracht zu ziehen, und Fürst Vladimers Vertrauen – und die Beziehungen, die er jetzt hat – könnten sich als überaus hilfreich erweisen.«
    Wieder trat Schweigen ein, dann war das Rascheln von Kleidung zu hören. Balthasar peilte die beiden Anwälte, wie sie sich erhoben. »Ein überaus interessantes Gespräch, Dr. Hearne, aber wir müssen jetzt gehen; die Sonnenaufgangsglocke wird bald läuten. Ich baue darauf, dass Sie für weitere Beratungen zur Verfügung stehen.«
    »Das werde ich gewiss.«
    »Dann wünschen wir Ihnen jetzt einen guten Tag mit unseren besten Hoffnungen für Ihre Genesung.«
    Balthasar legte sich wieder in die Kissen, schlaff und von Schmerzen gequält, und sandte keinen Ultraschallruf aus, als er Lorcas näher kommen hörte.
    »Ist Ihnen klar, worum es geht?«, fragte er.
    »Darum, die Anklage zu untergraben«, sagte Lorcas. »Aber Herr, wir können nicht in den Zeugenstand treten. Unserer Erfahrung nach …« Er brach unglücklich ab.
    »Wie ich schon sagte, Sie müssen aussagen, was Sie selbst mitangesehen haben und glauben, und es den Juristen überlassen, Ihre Aussage in den richtigen Rahmen einzufügen. Ich fürchte, dass Sie etwas leichtgläubig erscheinen werden – allerdings wird die Verteidigung vorsichtig sein müssen, weil wir nicht die gesamte Gesellschaft beleidigen dürfen, die ihn wegen seiner Behauptung, Magie zu besitzen, geächtet hat. Dann würden wir das Risiko eingehen, dass sie sich gegen ihn wenden. Und das können wir uns nicht leisten. Die Einstellung der hohen Gesellschaftskreise zu den Grenzlanden dürfte helfen, nehme ich an. Es wird ein delikates Manöver werden, aber ich glaube durchaus, dass Herr di Brennan es schaffen kann. Ehrlich gesagt, habe ich noch immer keine Ahnung, ob er selbst weiß oder glaubt, Baron Strumheller sei ein Magier. Aber es spielt keine Rolle; er kann uns durch die Fallgruben leiten, ohne dass wir selbst meineidig werden.«
    »Es ist gerissen«, sagte Lorcas. Bals Sonar zeigte sein angespanntes, unglückliches Gesicht.
    »Es bekümmert Sie«, erwiderte Balthasar leise, »weil es Ihrem Herrn einen schlechten Dienst erweist, einem Mann mit Mut und Integrität, der sich offen vielschichtigen und schmerzlichen Realitäten stellt. Der allerletzte Mann, würde ich vermuten, der einer Wahnvorstellung anheimfällt.«
    »Ja«, stimmte Lorcas zu. »Sie … kennen ihn bereits sehr gut, wie es scheint.«
    »Und ich hege große Wertschätzung für ihn«, bemerkte Balthasar leise. »Verraten Sie mir, ist Ihr Sohn schon zurückgekehrt, oder hat er eine Nachricht geschickt? Der Sonnenaufgang steht unmittelbar bevor, wie di Brennan sagte.«
    »Noch nicht«, antwortete Lorcas. »Am besten, Sie machen sich deshalb keine Sorgen, Herr. Er wird Ihre Schwester nicht verlassen, bevor er alles Notwendige für deren Sicherheit getan hat.«
    Ishmael
    Das Gefängnis der Nachtgeborenen grenzte an den Hauptglockenturm der Stadt, sodass die dicken Steinmauern zweimal täglich unter dem Läuten bei Sonnenauf- und -untergang vibrierten. An Hinrichtungstagen wussten alle Insassen genau, in welchem Moment der Gerechtigkeit Genüge getan wurde. Gerechtigkeit, so hatte Ishmael vor langer Zeit befunden, diente einem barbarischen und blutdurstigen Gott. Zu dieser Schlussfolgerung war er gelangt, als er in einer viel kleineren und primitiveren Gefängniszelle als dieser gelegen und auf die Flüche, das Schluchzen und das Flehen von zwei Männern und einer Frau gelauscht hatte, die an den Hinrichtungspfosten draußen angekettet worden waren. Im ersten Jahr seines Exils, hatte er als kaum Siebzehnjähriger gelernt, welche Gesellschaft er suchen und welche er meiden musste: die drei draußen waren die Anführer der Bande gewesen, die ihn aufgenommen hatte. Der ländliche Richter hatte dem zu Tode erschrockenen Jungen gegenüber Barmherzigkeit walten lassen, hatte

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