Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren
Studiums gespielt«, antwortete Balthasar mit einem wehmütigen Lächeln. »Ich habe es getan, um der Dame meines Herzens Geschenke zu machen und ihr zu Gefallen zu sein.«
Sie beugte sich zu ihm vor und strich mit einem Finger sanft von seiner Stirn bis zu seinem Kinn. Er ruhte in den letzten verblassenden Harmonien ihres Sonars und gewann beträchtliche Linderung von ihrer Berührung und dem sachten Kuss, den sie ihm auf die Stirn hauchte. Einen Moment lang lagen sie Seite an Seite in kostbarer Zufriedenheit nebeneinander, bevor sie abrupt vom Bett glitt.
»Telmaine«, sagte er und sandte jäh seinen Peilruf aus, der ihre Gestalt nachzeichnete. »Falls du mich brauchst, falls du irgendetwas brauchst …« Noch während er sprach, begriff er, dass er sich damit der Antwort aussetzte, die sein Versprechen als Lüge entblößen würde: Ich brauche dich, du musst mit mir kommen.
Sie sagte es nicht, sei es aus Ärger oder weil sie Skrupel hatte. Mit einem erstickten Flüstern bemerkte sie lediglich: »Ich brauche nur eins: Die Dinge sollen wieder so werden, wie sie waren. Du wirst mir Bescheid geben, wenn es eine Nachricht gibt, nicht wahr? Von Flori?«
Er lauschte auf die Frauenstimmen draußen im Flur, während sie ihr Gepäck zusammensuchten und Amerdale holten. Er betrachtete es als Zeugnis für Telmaines Gemütsverfassung und vielleicht für ihren Ärger auf ihn, dass sie Merivan nicht widersprach, als diese erklärte, es werde Amerdale nur aufregen, wenn man sie zur Verabschiedung wecke. Merivan glaubte nicht an die Zuneigung eines Vaters zu seinen Kindern – sie selbst hatte dergleichen mit ihrer besitzergreifenden Art ihren Kindern gegenüber bei ihrem Mann schon im Keim erstickt. Er hörte, wie die äußere Tür sich hinter Telmaine, Merivan, Amerdale und den Dienern, die Merivan zusammengetrommelt hatte, schloss. Das Geräusch traf ihn mit voller Wucht, und er versuchte, sich davon zu überzeugen, dass es richtig gewesen war, sie fortzuschicken. Darüber nahm er Lorcas Rückkehr kaum wahr.
»Herr, ich dachte, Sie sollten es wissen: Ihre Schwester hat darauf bestanden abzureisen. Sie sagt, sie kenne die Gegend am Gefängnis und auch Leute im Gefängnis und werde in Erfahrung bringen, welche Bestechungsgelder gegeben werden sollten. Sie trug mir auf, Ihnen auszurichten, sie werde anschließend in die Flussmark weiterfahren.«
Schuldbewusst wurde Balthasar klar, dass ihm nicht einmal aufgefallen war, dass seine Schwester sich entfernt hatte. Noch förmlicher fuhr Lorcas fort: »Bedauerlicherweise konnte ich sie nicht von ihrem Vorhaben abbringen, Herr, aber ich habe ihr meinen Sohn mitgegeben. Er wird sie nicht allein lassen, bevor er sich davon überzeugt hat, dass sie Schutz gefunden hat. Ich vertraue auf Ihre Zustimmung, Herr.«
»Ihr Tun findet meine Zustimmung«, erwiderte Balthasar, der sich bedrängt fühlte. »Nicht das Tun meiner Schwester.«
Der Mann zögerte kurz. »Sie ist eine Magierin, Herr«, sagte Ishmael di Studiers Kammerdiener. »Magier sind nicht immer vernünftige Leute.«
Vor Verblüffung musste Balthasar lachen, was ihm Schmerzen bereitete, wenn auch geringere als zuvor. Lorcas ging um ihn herum, zog seine Decken zurecht und ordnete seine Kissen, dann half er ihm, es sich behaglicher zu machen, zumindest den Körper betreffend, wenn nicht den Geist. Der Mann verfügte eindeutig über eine gewisse Übung.
»Vielleicht hätten Sie gern ein wenig Suppe, Herr? Ich bezweifle nicht, dass die Küche sich überreden ließe, etwas Passendes bereitzustellen.«
»Vielen Dank«, sagte Balthasar, hungrig geworden durch die bloße Erwähnung von Suppe. »Ich hätte sehr gern ein wenig Suppe.« Hunger rang für einen Moment mit Pflichtgefühl, bevor er hinzufügte: »Und wenn Sie Herrn Blondells Personal bitte wissen lassen könnten, dass ich gern mit ihm sprechen möchte, sobald ihm dies möglich ist, wäre ich ebenfalls dankbar.« Er konnte nur hoffen, dass die Suppe und Vladimers Leutnant nicht gleichzeitig eintrafen und das Erste wegen des Zweiten würde warten müssen.
Wie sich herausstellte, geschah dies nicht. Er war seinem Hunger mit zwei Tellern Suppe – einer wohlschmeckenden Consommé – und einem Brötchen beigekommen, als Lorcas ankündigte, Herr Blondell habe darum gebeten, empfangen zu werden. Lorcas verdeckte die Brotschale, stapelte die Suppenteller übereinander und trug sie davon.
»Sie haben niemanden aus Ihrem eigenen Haushalt, der Sie versorgt?«, fragte Blondell, der
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