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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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sie verzweifelt und unbeholfen nach den verschwundenen Schritten, dem verschwundenen Klang von Rädern auf Pflastersteinen, dem verschwundenen Gefühl eines Geistes wie stille Aschenglut.
    »Kümmer dich um dein Kind«, befahl Merivan, obwohl die erschöpfte Amerdale sich nicht regte. Merivan rauschte in Balthasars Zimmer. Telmaine folgte ihr und hielt die Tür, die vor der Nase zuging, mit ausgestreckter Hand auf. Olivede, die hinter ihnen herkam, hielt sich scheinbar benommen zurück.
    »Ich muss allein mit deinem Mann sprechen«, sagte Merivan.
    »Er ist mein Mann. Lass ihn in Ruhe«, knurrte Telmaine. »Oder, Imogene stehe mir bei, ich werde dich eigenhändig hier hinauswerfen.«
    Balthasar räusperte sich. »Ich habe das meiste mitbekommen«, bemerkte er. »Baron Strumheller ist verhaftet worden wegen des Verdachts, Tercelle Amberley ermordet zu haben, und wegen des Verdachts auf Hexerei gegen Fürst Vladimer. Du glaubst nicht, dass er eins dieser Dinge getan hat, Telmaine, und du, Merivan, denkst nicht, dass Telmaine ihn verteidigen sollte, ungeachtet ihrer Überzeugungen, und zwar wegen der Natur der Anklagen.«
    Merivan fing sich mit ihrer gewohnten Schnelligkeit. »Ich bitte dich, Telmaine und Amerdale zu gestatten, mit mir nach Hause zu kommen.«
    »Wir bleiben zusammen«, erklärte Telmaine. Einen Moment lang rang sie mit ihrem schlechten Gewissen, aber das Gefühl der Dringlichkeit obsiegte. »Balthasar, Baron Strumheller braucht einen Rechtsanwalt. Er hatte Diener in seinen Räumen hier in unserem Flur.«
    Sein Lächeln war ein Geschenk, das sie nicht verdiente. »Dann werden sie hoffentlich seine Anwälte kennen. Wir sollten Bestechungen für die Wachen arrangieren, um sicherzustellen, dass er im Gefängnis gut behandelt wird. Telmaine, ich fürchte, ich werde mit deinem Bankier reden müssen.«
    Merivan sagte scharf: »Collingwood wird das nicht zulassen.«
    »Alles, was du brauchst, gehört dir«, bemerkte Telmaine, die Merivan nicht beachtete.
    »Dann müssen wir herausfinden, woran Fürst Vladimer leidet. Wenn wir beweisen können, dass nichts Magisches an seinem Gebrechen ist, würde das Baron Strumheller auf der Stelle von jedem Verdacht befreien.«
    »Aber gewiss wären die Ärzte des Erzherzogs besser in der Lage, das zu erkennen«, protestierte Telmaine und unterdrückte die Erinnerung an die merkwürdige Stimme aus der Ferne.
    »Ich hätte gern eine unabhängige Meinung, vorzugsweise von jemandem, der sich auf Magie versteht. Wenn es sich um Magie oder Gift handelt, dann ist irgendjemand darauf aus, den Staat seines Schutzes zu berauben. Betrachte dies, als sei es ein Ganzes«, sagte er zu Telmaine. »Denk an alle Beteiligten und was es bedeuten könnte, wenn sie miteinander im Unreinen wären, tot oder aus anderem Grund unfähig zu handeln.«
    Merivan zog Telmaine dicht heran. »Wir müssen die Ärzte rufen. Er fiebert.«
    »Er fiebert nicht«, widersprach Telmaine. »Es sind viele Dinge geschehen, Merivan. Viele Dinge …« Sie strich mit einem leichten Peilruf über Balthasar hinweg. Wenn er Recht hatte, wenn Tercelle Amberleys sehende Kinder, ihre Ermordung, der Brand in der Flussmark, Fürst Vladimers plötzliche Erkrankung und Ishmaels Verhaftung alle Teil einer schrecklichen Verschwörung waren – mit welchem Ziel auch immer –, welch neue Gefahr beschwor Balthasar dann für sie herauf, indem er Kräfte dagegen mobilisierte? Er war kein mächtiger Mann, weder körperlich noch politisch. Alles, was er hatte, war sein scharfer, offener Gelehrtenverstand, seine Fähigkeit, aus vereinzelten Informationen kühne Schlüsse zu ziehen, sein starkes Gefühl für öffentliche Pflicht und der Respekt anderer Männer, die dieses Gefühl teilten. Verglichen mit ihr selbst war er ein echtes Unschuldslamm.
    »Merivan«, sagte sie. »Ich muss mit meinem Mann sprechen, allein, wenn du so freundlich sein möchtest.«
    Ihre Schwester zögerte, offenkundig unsicher, welcher von ihnen der unverlässlichere war. Balthasar regte sich, um ihrem Ersuchen mit einem leisen »Bitte, Merivan« männliche Autorität zu verleihen.
    Merivan schnaubte und verließ den Raum.
    Balthasar sagte: »Sie ist verärgert darüber, nicht mithören zu dürfen.«
    »Versuch nicht, mich einzulullen, Bal«, erwiderte Telmaine leise. »Bitte, triff einfach Arrangements für den Rechtsanwalt. Tue auf keinen Fall mehr. Du bist zu schwach, und es ist zu gefährlich.«
    Seine Stimme klang so sanft, wie seine Worte unbarmherzig waren.

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