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Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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»Du bittest mich jetzt, nichts für die Verteidigung eines Mannes zu tun, den wir beide für unschuldig halten, gegen Anklagen, die ihn nicht nur gesellschaftlich vernichten, sondern auch zu seiner Hinrichtung führen könnten?«
    »Bal«, wimmerte sie.
    »Ich weiß.« Er streckte die Hand aus. Als sie sie ergriff, wusste sie sofort, was hinter seinen Worten lag: Die Furcht eines sanften Mannes, der wusste, dass er sich nur auf seinen Verstand verlassen konnte, was vielleicht nicht genügen würde. Die Furcht eines Mannes, der an seinem eigenen Mut zweifelte – es war nicht ein verwöhnter Gaumen, der ihn veranlasst hatte, sie zu bitten, das Elixier aus Marcaswurzel wegzuschütten. Und die alte Furcht eines Mannes, der einst zugelassen hatte, dass der Gerechtigkeit nicht Genüge getan worden war, und sich davor ängstigte, es wieder zuzulassen.
    Er hatte nicht die geringste Ahnung, dass sie von dem Mädchen wusste, dessen Asche in alle Winde verstreut worden war.
    »Du bist so ein guter Mann«, flüsterte sie und entzog ihm die Hand, bevor sie ihr Wissen verriet.
    »Nicht besser oder schlechter als die meisten«, sagte er bekümmert, »obwohl es mich … tröstet, dich das sagen zu hören. Du verstehst, warum wir Baron Strumheller helfen müssen?«
    »Ich verstehe es«, erwiderte sie resigniert.
    »Ich muss mit Strumhellers Dienern sprechen und herausfinden, wer sein Anwalt ist«, fügte er hinzu und bewegte den Kopf auf den Kissen. »Und ich denke, … du und die Kinder sollten wirklich mit Merivan gehen. Strumhellers Verhaftung hat bewiesen, dass wir selbst hier nicht in Sicherheit sind. Du bist in Merivans Haus besser beschützt, da ihr Ehemann ein Richter und ein Fürst ist und dank der Möglichkeiten deiner Familie – zumindest bist du dort besser beschützt vor jedweder juristischen oder materiellen Bedrohung.«
    Diese letzte Einschränkung ließ sie an Fürst Vladimers mysteriöse Krankheit denken. Sie schreckte innerlich vor der Erinnerung an Ishmaels letzten Aufschrei zurück, unhörbar für jeden außer ihr.
    »Ich war diejenige, die Tercelle Amberley aufgenommen hat. Ich – und Olivede – wussten von ihren Kindern. Es gibt keinen Grund, warum du davon wissen solltest; tatsächlich werden die meisten Menschen annehmen, dass ich es dir nicht gesagt habe. Der Anstand wird wahrscheinlich jeden daran hindern, dich zu bedrängen – vor allem, solange du dich in deinen Gesellschaftskreisen bewegst.«
    »Balthasar«, sagte sie. »Ich war am Morgen vor ihrem Tod mit Baron Strumheller bei Tercelle Amberley, um mit ihr zu sprechen.«
    Er schnappte nach Luft, sobald er begriff, was sie da sagte. Seine Stirn legte sich vor Sorge und Unbehagen in Falten. »Das war nicht klug, Telmaine.«
    »Ich habe nach unserer Tochter gesucht«, knurrte Telmaine leise.
    Seine Lippen öffneten sich, dann ließ er den wenigen Atem, den er geschöpft hatte, frei. Sie wartete, aber er sprach nicht mehr. Sie griff nach seiner Hand, küsste leicht seine gebogenen Finger und spürte seine Angst um sie und ihre Töchter. Was ihn gehindert hatte weiterzusprechen, war das Wissen, dass sie vor dem Bösen, das sie alle berührt hatte, nirgendwo wahrhaft sicher waren.
    Das Klopfen an der Tür war ihr hochwillkommen.
    Balthasar
    Ishmael di Studiers Kammerdiener waren Vater und Sohn; die Ähnlichkeit war unverkennbar. Der Vater hatte die Blüte des Lebens hinter sich, aber er hielt sich gerade und wirkte überaus wachsam, während der Sohn um die dreißig und voller Kraft zu sein schien. Beide trugen die praktische Mode und die robusten Stoffe der Grenzlande statt einer in der Stadt üblichen Livree. Sie bauten sich vor Balthasars Bett auf, ihr Peilruf von vorsichtigem Respekt gezeichnet, die Gesichter wachsam. Telmaine saß neben ihm, ohne ihn zu berühren, und Olivede wartete an der Tür. Merivan hatte zwar lautstark beteuert, dass sie nichts mit alledem zu tun haben wolle, aber, so glaubte Balthasar, sie war nicht außer Hörweite gegangen.
    »Ich bin Balthasar Hearne«, stellte Balthasar sich vor. »Dr. Hearne. Fürst Vladimer hatte, wenn ich recht verstanden habe, Ihren Herrn gebeten, sich mit mir zu beraten. Der Baron hat meine Frau nach Hause begleitet und mich dort halb totgeschlagen vorgefunden …«
    »Das hat er uns erzählt«, erwiderte der junge Mann.
    »Gut«, sagte Balthasar, bevor der ältere Mann seinen Sohn tadeln oder sich für ihn entschuldigen konnte. »Dann wissen Sie, dass ich Ihrem Herrn mein Leben verdanke und in

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