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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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leichter klären lässt.»
    «Du brauchst keine so komplizierten Ausreden zu benutzen, Laura. Ist schon in Ordnung, wenn du bei deinem Commissario bleiben willst. Aber du solltest dich beim Chef melden. Er hat zwar Verständnis gezeigt, erwartet aber deinen persönlichen Anruf. Also ruf ihn an.»
    «Mach ich. Frag doch nochmal an der Rezeption in Suttons Hotel, wie viele Chipkarten er für die Zimmertür gehabt hat. Es war doch keine mehr da, oder?»
    «Doch, eine war da, und auf der gab es nicht mal Suttons Fingerabdrücke. Das war das einzig Verdächtige daran. Irgendwer hatte sie gründlich abgewischt.»
    «Okay, ich melde mich wieder, Peter. Jetzt muss ich los.»
    «Ruf den Chef an!»
    «Später. Ciao, danke und grüß Claudia!»
    Irgendwer war mit einer Chipkarte in das Zimmer von Sutton eingedrungen und hatte sie anschließend dagelassen. Es war alles so perfekt inszeniert, dass auch die Spurensicherung den Eindruck gewonnen hatte, dass kein Fremder im Zimmer gewesen war. Nur die K.-o.-Tropfen und der Einstich in Suttons Arm passten nicht dazu. Aber dieses Risiko schien der oder die Mörder in Kauf genommen zu haben. Beinahe so, als wollten sie den Verdacht auf jemand anderen lenken.
    Während Laura über all das nachdachte, schminkte sie sich ein wenig sorgfältiger als an den vorangegangenen Tagen, schlüpfte dann in ihre hohen Stiefel und fühlte sich damit der männlichen Übermacht in der Questura halbwegs gewachsen.
     
    Laura machte einen Umweg, lief nicht in Richtung Dom, sondern zur Basilica Santa Maria dei Servi hinauf, zu den Dienern Mariens, die einst Flüchtlingen aus Florenz Unterschlupf gewährten, vor sehr langer Zeit, als Florenz und Siena sich noch bekämpften.
    Es regnete ein bisschen, und das Kopfsteinpflaster war glitschig. Merkwürdig tiefhängende Wolken mit ungewöhnlich geraden Begrenzungen lagen über dem Land, das unscharf erschien, milchig, dampfend, gerade dort, wo die Sonne sich ein bisschen zeigte und ein Tal beleuchtete, als hätte jemand helle Scheinwerfer aufgestellt.
    Laura mochte die wuchtige alte Basilika, und sie liebte die byzantinische Madonna del bordone mit ihrem wissenden Blick, ganz in Gold, gesäumt von Engeln, mit diesem seltsam erwachsenen Säugling auf dem Arm. Hier, vor dem Bild der Madonna, zündete Laura eine Kerze an und dankte für Angelos Rettung. Seit ihrer Kindheit fühlte sie sich geborgen in dämmrigen Kirchen, die nur von flackernden Kerzenopfern vor bestimmten Heiligen oder Madonnen erleuchtet wurden. Gottesdienste besuchte sie nie, aber Kerzenrituale waren ihr wichtig.
    Als sie die Kirche verließ, wurde sie sogleich aus dieser anderen Verfassung zurückgerufen, denn ihr Mobiltelefon summte. Es war eine SMS von Isabella di Tremonti:
Ich hab es geschafft, sehen Sie selbst!
    Fünf Fotos des schönen Kellners hatte sie geschickt. Und es war eindeutig der Mann, den die Sicherheitskamera auch im Münchner Hotel aufgenommen hatte. Isabellas Fotos waren erheblich besser, und er schien nichts bemerkt zu haben. Auf allen Bildern wirkte er unbefangen, schaute nie direkt in die Kamera. Er war nicht mehr ganz so jung, vermutlich Mitte dreißig, und sah wirklich gut aus. Mit seinem Dreitagebart und den etwas längeren Haaren hätte er auch in einem Italo-Western mitspielen können.
    Kein Wunder, dass die Damen im
Vita divina
ganz begeistert von ihm waren. Er schien für vernachlässigte Frauen mittleren Alters ein Traumliebhaber zu sein, und Laura nahm an, dass seine Arbeitgeber ihn auch für diese Zwecke einsetzten. Ein Multifunktionskellner sozusagen. Vermutlich war er im
Vita divina
für den Homeservice zuständig, und Typen wie Benjamin Sutton waren die Spezialisten, die im Außendienst eingesetzt wurden.
    Ein neuer bizarrer Zweig des organisierten Verbrechens, dachte Laura. Man kann alles zu Geld machen – zum Beispiel die Sehnsüchte der Menschen. Vielleicht gerade die. Sehnsucht nach Liebe, nach aufregendem Sex, nach Kindern, nach Drogen. All das benutzte auch die Mafia für ihre Geschäfte.
    Laura lief schnell die Via del Sole hinunter zur Piazza del Mercato und dann durch die kleinen Gassen zum Dom hinüber, der hoch über der Questura wachte.
    Zum Glück hatte D’Annunzio wieder seinen Platz an der Pforte eingenommen und ließ Laura mit einer besorgten Frage nach dem Wohlergehen des Commissario ein. Und zum Glück war auch Tommasini in seinem Büro. Laura übergab ihm ihr Handy, damit er die Fotos auf seinen Computer ziehen konnte.
    Tommasini begann

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