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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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hören –, löste in ihr etwas völlig Unerwartetes aus. Sie empfand eine so plötzliche und heftige sexuelle Erregung, dass es ihr wie ein Überfall vorkam. Mit klopfendem Herzen hatte sie versucht weiterzulesen, doch es war ihr nicht gelungen. Deshalb bezahlte sie, trank schnell den schaumigen Milchkaffee aus und ging, ohne ein zweites Mal zu dem Unbekannten hinzusehen.
    Am Gaia-Brunnen war sie verwirrt stehen geblieben und hatte versucht, sich zu sammeln.
    Tauben tranken Wasser aus dem Maul einer Wölfin. Wie seltsam, hatte sie gedacht. Damals hatte sie Tauben noch nicht gehasst. Und gleichzeitig wusste sie, dass er in ihrer Nähe war, entdeckte ihn gleich darauf neben anderen Touristen. Auch er schien den Brunnen zu betrachten, warf ihr nur einen kurzen, tiefen Blick zu, der sie erneut wie ein Blitz traf.
    Donatella flüchtete in den Palazzo Pubblico, drängte sich durch eine Reisegruppe, löste die Eintrittskarte und rannte beinahe zur Sala della Pace, dem Friedenssaal, hinauf, stand endlich vor den berühmten Fresken von Ambrogio Lorenzetti, ohne sie wirklich zu sehen. Schon nach wenigen Minuten ahnte sie, dass auch er im Raum sein musste, irgendwo hinter ihr, denn sie spürte seine körperliche Anwesenheit, die genau wie zuvor ein geradezu schmerzhaftes Ziehen in ihrem Körper auslöste. Jahrelang hatte sie diese Art von Lust nicht mehr empfunden, hatte sie aus ihrem Leben ausgeschlossen. Es machte Donatella fassungslos, dass dieses Verlangen jetzt so machtvoll ausbrach, sie regelrecht überwältigte.
    Er trat neben sie und sprach über die Blütezeit Sienas im Mittelalter, über die geradezu demokratische Regierung des Neunerrates, und wie wunderbar Lorenzetti das Leben der damaligen Zeit in seinem Wandgemälde wiedergegeben hatte. Er sprach Englisch. Fragte, ob sie ihn verstehen könne. Sie nickte, sah ihn aber nicht an. Seine Stimme klang weich und dunkel, und er erklärte die Bilder wie ein Kunstexperte, machte sie auf Details aufmerksam.
    Sie hätte wegrennen sollen!
    Die Treppen runter, über den Campo zur Piazza Matteotti und dann ganz schnell ein Taxi nehmen, das sie zu ihrem Wagen gebracht hätte, der unterhalb der Stadt in der Via Esterna di Fontebranda geparkt war.
    Aber sie war geblieben.
    Mit klopfendem Herzen hatte sie ihm zugehört. Sie, eine Frau von dreiundvierzig Jahren. Lächerlich.
    «Ich würde Sie gern zu einem Aperitivo einladen, Signora», hatte er irgendwann gesagt. «Darf ich mich vorstellen … Benjamin Sutton.»
    Sie hatte seine Einladung angenommen. Ohne ihren Namen zu nennen. Dass er Engländer war, hatte sie beruhigt.
    Beruhigt.
    Campari hatten sie getrunken, denn es war ein heißer Nachmittag auf dem Campo gewesen … in der Sonne, mit Blick über die Stadt und den Dom, auf einer Aussichtsterrasse abseits der Touristenströme.
    «Ich komme immer nach Siena, wenn ich vom hektischen Leben in London genug habe», hatte er gesagt. «Siena hat etwas Heilendes für mich. Allein der Blick auf diese organisch gewachsene Stadt macht mich glücklich. Sind Sie Sieneserin?»
    «Zurzeit», hatte sie geantwortet.
    «Eine gute Antwort. Ich fühle mich ebenfalls als Sieneser – zurzeit.»
    Er war amüsant gewesen und doch immer wieder auch ernst, keineswegs aufdringlich – aber diese seltsame Tiefe seiner Augen fachte stets aufs Neue ihre Erregung an.
    Donatella stellte das Glas auf der Anrichte ab und stützte den Kopf in beide Hände. Der Ausspruch einer Bekannten fiel ihr ein: «Die meisten Engländer sind schwul, und Flirten ist ein unbekannter Begriff für sie.» Die Bekannte hatte ein paar Jahre in London gearbeitet.
    Donatella konnte dieses Vorurteil nicht bestätigen. Benjamin Sutton wusste zu flirten. Auch er hatte eine Struktur, allerdings eine andere als Donatella. Er bestimmte die Struktur und die Abläufe seines Gegenübers. Das wurde ihr erst jetzt klar.
    Mein Gott, sie hatte sich so in ihn verliebt, dass in kurzer Zeit alles andere bedeutungslos erschienen war. Schritt für Schritt hatte er sie gelenkt, langsam, gut dosiert: ein Spaziergang über grüne Hügel mit Blick auf die Stadt, ein Ausritt, ein Abendessen in seinem Lieblingslokal.
    Fünf Tage hatte er ihr gegeben.
    Fünf Tage, in denen sich ihre Begierde so sehr gesteigert hatte, dass sie kaum noch kontrollierbar war. Wie unabsichtlich hatte er sie berührt, sich manchmal sogar dafür entschuldigt. Beim Ausflug ans Meer hatte er sie plötzlich in seine Arme gerissen und ihr seine Liebe gestanden.
    Es war der

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