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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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versprochen!»
    Guerrini zahlte und war entschlossen, diese Wohnungsbesichtigung zu verhindern. Doch draußen, an der frischen Luft, stellte er vor allem fest, dass er zu viel getrunken hatte und dass Carlotta sogar ein bisschen torkelte.
    «Ich bring dich zu deiner Freundin», sagte er. «Wir sind zu betrunken, um diesen Abend halbwegs vernünftig zu beenden.»
    «Ich brauche einen Caffè. Lass uns bei dir einen trinken, und dann bringst du mich zu meiner Freundin, bene?»
    «Ich glaube, das ist keine gute Idee!»
    «È una splendida idea, Angelo! Andiamo!» Sie griff nach seinem Arm und zog ihn in Richtung seiner Wohnung.
    Warum mache ich das?, dachte Guerrini. Er hatte Mitleid mit Carlotta, das war es. Und auf eine unklare, seltsame Weise fühlte er sich schuldig.
     
    Viel später erwachte Guerrini und hatte das deutliche Gefühl, dass die Dinge aus dem Gleis gelaufen waren. Sein Kopf schmerzte, und er musste dringend auf die Toilette. Als er sich aufsetzte, um aus dem Bett zu kriechen, entdeckte er einen blonden Haarschopf neben sich und zuckte zusammen. Das konnte nicht sein, nein, das durfte nicht sein. Doch schnell wurde ihm klar, dass es durchaus so war, wie es nicht sein durfte.
    Guerrini schlich aus dem Schlafzimmer und setzte sich aufs Klo. Was war passiert? Sie hatten Caffè getrunken, und Carlotta hatte seine Wohnung bewundert. Aufrichtig bewundert, ganz ohne Ironie. Irgendwann, als er allmählich zum Aufbruch drängte, hatte sie einen Anfall von Verzweiflung bekommen, ihm geklagt, wie alt und ausgemustert sie sich fühle. Irgendwann hatte er sie tröstend in die Arme genommen, und sie hatte geweint. Da war es irgendwann passiert.
    Guerrini stand auf, drückte auf die Spülung und ging in die Küche. Halb vier. Er füllte ein Glas mit Wasser und ging auf seine kleine Dachterrasse hinaus. Seinen Ort der Klärung.
    Es war eine kalte Nacht, die Wolken hatten sich verzogen. Guerrini sah zu den Sternen hinauf und fühlte sich dem Leben sehr nah. Schmerzhaft nah. Keine innere Wüste, kein wirkliches Schuldgefühl. Vielleicht lag das an den Nachwirkungen des Weins. Vielleicht war es in Ordnung so. Trotzdem kehrte er nicht ins Bett zurück, sondern streckte sich auf dem Sofa im Wohnzimmer aus.
    Laura … es hatte nichts mit Laura zu tun. Er liebte Laura, sah sie genau vor sich. Wie sie gelacht hatte, als sie gemeinsam einen Pflug in einer Baugrube versenkten. Wie sie mit ihm am Rand der Grube getanzt hatte. Er meinte ihren Duft zu spüren, ihre warme Haut.
    Das hier war ein Zwischenfall in seinem Leben. Über ihre Zwischenfälle wusste er nichts, hatte nur manchmal eine Ahnung, dass es welche geben könnte. Sie waren beide erwachsen und begegneten anderen Menschen. War es nicht so? Trotzdem fühlte er sich plötzlich elend, allein auf seinem Sofa.

DIE SPURENSICHERUNG hatte ihre Arbeit bereits beendet, als Laura das Zimmer 135 betrat. Der Arzt war schon lange gegangen, nur Kommissar Baumann wartete auf Laura. Die Kollegen, deren Aufgabe es war, die Leiche ins Gerichtsmedizinische Institut zu bringen, hatte der Hotelmanager wie beim letzten Mal in einem Nebenraum vor den Blicken der anderen Hotelgäste versteckt.
    Das Zimmer wirkte aufgeräumt, das Bett unberührt, frische Blumen standen in einer Vase auf dem kleinen Schreibtisch vor dem Fenster. Als Laura sich fragend umsah, wies Baumann auf die Badezimmertür.
    «Sie ist da drin. Wappne dich … es ist kein schöner Anblick. Sie hat’s gemacht wie einige alte Römer.»
    Nein, dachte Laura.
    «Muss ich sie sehen?»
    «Oh, bist du heute Abend empfindlich?»
    «Ja.»
    «Ich auch.»
    «Soll ich dich hinterher auf einen Whisky einladen?»
    «Nein.»
    «Warum nicht?»
    «Weil ich nicht noch mehr Überstunden machen will.»
    «Ach so. Dann erzähl mal schnell, was ihr herausgefunden habt. Ich meine, damit du schnell von hier wegkommst.»
    Peter Baumann presste die Lippen zusammen und seufzte tief. «Wie sind beide wieder ungeheuer schlagfertig, was? Also, hör zu: Monica Sutton ist nach Meinung des Doktors schon seit dem Nachmittag tot. Könnte sein, dass sie bereits in der Badewanne lag, als du versucht hast, mit ihr zu reden, und sie die Tür nicht aufmachte. Sie hat eine Nachricht hinterlassen, die jetzt bei der Spurensicherung ist. Auf dem Zettel stand: ‹Mein Leben hat ohne Benjamin keinen Sinn mehr. Ich will ihm folgen.› Nachdem sie das geschrieben hatte, legte sie sich in warmes Badewasser, trank Whisky, wahrscheinlich mit Schlaftabletten vermischt …

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