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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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dann?
    Für Ben war die nächste Stunde eine endloser Panikanfall; er schwitzte und zerbrach sich den Kopf über die gefährlichen Entscheidungen, die er treffen musste, und die schmerzhafte, aber unausweichliche Wahrheit. Er hatte Vertrauen in sein Talent, wusste, dass es schon zu spät war – aber es war Zek , die da im Heim war! Und Nathan: Ben hätte nur mit dem Finger schnippen brauchen, schon hätte er sich auf den Weg dorthin gemacht – tatsächlich war er ja der Einzige, der über sein besonderes Transportmittel dorthingelangen konnte. Und wir mussten ihn wirklich zurückhalten, ihm befehlen, nicht zu gehen. Ben zermarterte sich über all das sein gequältes Hirn, wusste die ganze Zeit in seinem Herzen aber bereits, dass es zu spät war, dass es zu spät gewesen war seit dem Zeitpunkt, als er langsam und schweißgebadet in seinem Haus in Kensington aufgewacht war.
    Dann kam Millicent Cleary; Milly ist – jetzt – unsere allerbeste Telepathin. Dicht gefolgt von unserem Lokalisierer David Chung. Ich werde die Situation in der Zentrale in jener Nacht nie vergessen: Chung stand vor der erleuchteten Wandkarte, deutete mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand auf Radujevac und hielt mit seiner linken die von Milly. Wir arbeiten oft so als Partner zusammen. Nach nur etwa einer Sekunde reagierten sie:
    David riss seine Hand zurück, von der Wand weg. Und wie Milly sich von ihm losriss! Denn der Lokalisierer hatte etwas gespürt – etwas in Radujevac, im Heim – und hatte es direkt auf ihren Geist übertragen: das bedrückende Gefühl des Ortes, sein böses Gift. Gedankensmog!
    Milly hatte gehofft, Zek kontaktieren zu können; enge Freunde und Kollegen waren einander geistig nah. Aber jetzt war da einfach keine Spur mehr von Zeks telepathischer Aura, kein Lebenszeichen. Ihre Präsenz war eine ›Nulllinie‹ auf dem telepathischen Bildschirm. Und was die überwältigende Präsenz von Gedankensmog angeht: Es stand außer Frage, dass Bens schlimmste Befürchtungen sich bewahrheiteten.
    Natürlich hatte der Necroscope seine eigene Methode, in solchen Angelegenheiten der Wahrheit auf die Spur zu kommen, aber ... das muss ich, glaube ich, nicht näher erläutern.
    Nun, genau wie letzte Nacht auch, machte ich mir Vorwürfe. Warum hatte ich es nicht kommen sehen? Was nutzt ein Talent, das sich nur dann zeigt, wenn es Lust hat? Warum ist die Zukunft so verdammt undurchsichtig? Ich machte mir Vorwürfe, dass ich es nicht vorhergesehen hatte, während Ben durch die Hölle ging, weil er es gesehen hatte! Und das restliche Team war deprimiert darüber, dass es Bens Verdacht bestätigen musste. Währenddessen löste sich im Heim der Gedankensmog schnell auf ...
    Da ließ sich Nathan nicht mehr aufhalten. Sein Vater, Harry Keogh, stand in Zeks Schuld. Und Nathan selbst auch ... denn sie war nicht nur eine Freundin, jemand, der auf Starside an seiner Seite gekämpft hatte, sondern sie hatte auch mit dazu beigetragen, dass er das Möbius-Kontinuum entdeckte. Genau wie Ben wusste Nathan, dass er keine Ruhe haben würde, bis er – bis sie – sicher waren. Nicht sicher, dass Zek tot war, denn das wussten wir alle zu dem Zeitpunkt schon, sondern sicher darüber, dass sie nie un tot sein würde.
    Also bewaffneten wir uns und Nathan nahm uns mit zum Heim. Aber es war nicht länger ein Zufluchtsort, sondern ein Leichenhaus ...
    Ben, Chung, mich und Lardis – puh, versucht mal, den alten Lidesci von etwas abzuhalten; er hatte Zek ins Herz geschlossen –, Nathan nahm uns auf der Möbius-Route mit nach Radujevac. Es waren etwa zwei, vielleicht zweieinhalb Stunden vergangen, seitdem Ben aus seinem Albtraum aufgewacht war. Mehr als genug Zeit für das ... das Abschlachten des Personals und der Kinder. Dem, was wir sahen, nach zu urteilen, hatten 20 Minuten ausgereicht!
    Diese armen Kinder und ihre Erzieher, die auf sie aufgepasst hatten; ihre zerfetzten, manchmal schon ausgetrockneten Körper waren bereits erkaltet. Der Tod hatte sie geholt, bevor Ben mit seinem Auto die halbe Strecke zum Hauptquartier zurücklegen konnte. Und ich glaube, dass die Tatsache, dass er wusste, dass es nichts gab, was er hätte tun können, das Einzige war, was ihn bei Verstand hielt.
    Es gab keine Überlebenden. 36 Kinder und 8 Erwachsene, tot oder ... oder verschwunden. Jedenfalls von uns gegangen. Denn wisst ihr, wir wussten nur zu gut, dass die, die nicht mehr da waren ... dass sie auch keine Überlebenden waren. Und sicherlich hätten sie es tot besser

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