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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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über jedes vernünftige Maß eingesetzt und zu viel Kraft aufgewandt für einen Egel, der am Ende rebellierte oder verrückt wurde. Was auch immer es war, sein Körper geriet außer Kontrolle. Das passiert einmal in 1.000 Jahren: dass anstatt Symbiont und Wirt zu bleiben – zwei voneinander abhängige Kreaturen in einem Körper – das Fleisch beider verschmilzt und daraus ein Ding entsteht, ein hirnloser, verabscheuungswürdiger Hybrid.
    Aber der Prozess war langsam; der Lord von Mittelfeste war nicht sofort ein Verrückter und wusste so gut wie seine Kinder, was mit ihm geschah. Der Schrecken darüber war in seinem Geiste allzeit präsent; als sein Fleisch allmählich unterlag, erwachte er schreiend aus Albträumen und fand dann seine Glieder wie Seile überall im Zimmer verteilt! Oder er schlafwandelte und stellte dabei seinen eigenen loyalen Knechten Fallen und wandelte sie um, indem er sie verzehrte und assimilierte. Statt nur auf Blut stürzte er sich auf ganze Körper! Und er wurde immer abscheulicher. Sein Fleisch war manchmal weich wie Brei, zu anderen Zeiten dagegen schwielig und runzelig. Auch seine Farbe änderte sich – sie war nicht mehr die von untotem Fleisch, sondern der scheckige, lepröse Farbton des Egels.
    In seinen lichten Momenten ließ er seine Kinder versprechen, dass sie es nicht zuließen, dass sich dieses Ding weiter ausbreitete. Obwohl er ein Großer Vampir war, und ein boshafter noch dazu, wünschte er keinem anderen Lebewesen, was er hatte. Er wusste, dass es in seinem Blut war, und in ihrem , und dass es, wenn sich die Gelegenheit bot, ausbrechen würde. Deshalb durfte es nicht so weit kommen ...
    Die Zwillinge, die nun erwachsen waren, hatten vor, ihren Vater in eine Grube zu stecken, denn laut der Überlieferungen oder Geschichten der Sternseite – dem Wenigen, das überbracht wurde – war das normalerweise der beste Weg. Oder sie konnten ihn eigenhändig umbringen, indem sie ihn an einen Ort ohne Fluchtmöglichkeiten brachten und ihn in Brand steckten, bevor er völlig unkontrollierbar wurde.
    Aber so weit kam es nicht. Da er gern flog, bildete er Flügel aus und flog eines Nachts hinaus in die Kluft. Dazu brauchte er natürlich sehr viel Willenskraft – die er, vielleicht mit Absicht, verringerte, als er hoch über dem Felsplateau schwebte. Und für das Ding, das er war, endete die plötzliche Veränderung in etwas, das weniger flugtauglich war, sofort tödlich. Er fiel wie ein Stein und selbst Protoplasma ist nur bis zu einem gewissen Grad dehnbar.
    So viel zu ihm.
    Seine Kinder schlossen einen Pakt: Sie wollten sich nicht mit anderen einlassen und dadurch den Fluch weiterverbreiten, sondern sich selbst treu bleiben und so das Ding im eigenen Haus gefangen halten. Und die ganze Zeit lebten sie Jahr für Jahr in der Furcht, dass es auch in ihnen war – und so war es in der Tat. Aber da sie ihre Talente gut unter Kontrolle hielten und sie kaum einsetzten, überging der Fluch ihre Generation, nur, um in der nächsten wieder zum Vorschein zu kommen!
    Er kam im jungen Szwartz zum Tragen, aye. Da er in seinen Eltern unterdrückt worden war, war die Vampiressenz, die sie an Szwartz weitergaben, von völlig anderer Zusammensetzung. Wie lässt sich das am besten erklären? Wenn ein Mann blind auf die Welt kommt, ist es möglich, dass sich seine restlichen Sinne stärker ausbilden, um den fehlenden zu kompensieren. In Szwartz’ Eltern waren die normalen Fähigkeiten ihrer Vampiregel unterdrückt worden – was nur dafür sorgte, dass die Essenz, die sie an Szwartz weitergaben, sich verstärkte!
    Szwartz’ Wille hat ihn mit Einschränkungen zurechnungsfähig gehalten, aber er ist eine gänzlich in Abgeschiedenheit lebende Kreatur. Er schläft allein, um sicherzugehen, dass dieses Ding nicht in Zukunft in einem Blutsohn wiederkehrt. Er ist so hässlich, dass Menschen ganz leicht den Verstand verlieren könnten, wenn sie ihn in der schlimmsten einer seiner unzähligen ... Gestalten sehen würden. Heute Nacht behielt er etwas von seinem menschlichen Aussehen, um hier bei uns zu sein, aber normalerweise kann er es nicht ertragen, gesehen zu werden, weshalb er vor Licht und Gesellschaft zurückschreckt. Letzteres ist keine großartige Entbehrung; wir Wamphyri waren schon immer Einzelgänger. Aber wenn irgendjemand ihn als Missgeburt abstempelte – oder aus Entsetzen vor ihm zurückschreckte –, hatte das zur Folge, dass seine Phobien sich verstärkten. Obwohl er sehr gut weiß, wie

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