Nachtgesang
ihn von dort wegstahl, um ihn als gut bezahlten Handlanger einzustellen, als Tauchkumpan und generell als Mann für alles. Das geschah ungefähr zu der Zeit, als Manchester und seine Familie allem den Rücken kehrten und sich auf die Insel zurückzogen. Bruce Trennier wusste all dies, als Malinari ihn im rumänischen Heim vampirisierte und so ging besagtes Wissen aus zweiter Hand auf das Hirn selbst über. Was die Frage aufwirft, über die wir uns alle schon den Kopf zerbrochen haben: Was erfuhr Malinari sonst noch in jener ... jener schrecklichen Nacht?«
Trasks Gesicht war jetzt aschfahl und seine Leute wussten weshalb: Seine Sorge galt nicht nur Zek – die bereits von ihnen gegangen war –, sondern auch ihnen. Denn Zek Foener hatte so viel wie jeder sonst über das E-Dezernat und seine Arbeit gewusst.
Und Malinari?
Ian Goodly entschloss sich, das Thema zu wechseln, um Trask abzulenken. »Was, wenn wir uns täuschen und es alles doch bloß ein Zufall, eine unerwartete Übereinstimmung ist? Diese Geschichte mit den Pseudonymen, unsere verschiedenen Spuren und Beobachtungen und alles, was wir sonst noch herausgefunden haben?«
»Verdammt viele Zufälle, würde ich sagen!« konterte Trask stirnrunzelnd.
»Aber wenn es so ist?«
Trask wühlte sich durch Notizen, die er sich früher gemacht hatte, und sagte: »Nun, es gibt da noch eine Sache. Der Pleasure Dome beziehungsweise das Kasino in Xanadu hat eine kleinere, darüber liegende Kuppel, die wie ein Beobachterstand über der Hauptstruktur sitzt. Sie ist an einer Spindel befestigt und dreht sich, wie manche schicken Restaurants auf ihren hohen Türmen rotieren. In den neun Monaten, seit Mr. Milan eingezogen ist, wurde die Hälfte der Fenster dort schwarz gestrichen, innen und außen. Oh, und zufällig sollte die Drehbewegung der Kuppel ursprünglich den Lauf der Sonne nachzeichnen und Licht hineinlassen, das die höhergelegenen Solarmodule notwendigerweise durchließen. Es scheint also, als habe unser Mr. Milan eine Aversion gegenüber Sonnenlicht ...« Trask hielt inne und sah Goodly an.
Der Hellseher war still, rührte sich nicht, aber seine ursprünglichen ›Bedenken‹ hatten Trask nicht im Geringsten davon abgehalten, vom Thema abzurücken. Denn in gewisser Hinsicht waren Goodlys Ausflüchte eine Lüge gewesen, eine Ablenkung, um Trasks Gedanken an seine verlorene Zek zu zerstreuen und seinen Geist wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Natürlich wusste das auch Trask. Eine Lüge, ja, aber eine Notlüge.
»Danke trotzdem«, fuhr er schließlich fort und sah dem Hellseher dabei direkt in die Augen, »aber ich denke, wir können sicher darauf schließen, dass es hier ...« er deutete mit einem ruhigen, resoluten Finger auf die Orte, die auf den Wandbildschirm projiziert wurden »... dass es hier Vampire gibt!«
Als niemand mehr etwas dazu zu sagen hatte, schloss Trask »Sehr gut, nun lasst uns Pläne schmieden ...«
Später am Abend saß Jake, versunken in seine eigenen seltsamen, meditativen Gedanken, auf einer Bank im kühlen Garten, als Lardis ihn fand und sich neben ihn setzte. Nachdem er eine Weile in der Luft geschnüffelt hatte, fragte der alte Mann: »Carypsu?«
Seltsamerweise verstand Jake: »Eucalyptus?«, antwortete er. »Es ist ein Baum, der draußen vor der Mauer wächst.«
»Ja!«, nickte Lardis. »Carypsu. Es gibt ihn auch auf der Sonnseite.« Er zögerte kurz und fragte dann: »Darf ich dich etwas fragen?«
»Was geht in deinem Kopf vor?«, fragte Jake.
Lardis lächelte: »Ich könnte dir genau dieselbe Frage stellen! Was geht in deinem Kopf vor, oder was ist in deinem Kopf?«
Jake runzelte die Stirn: »Ist das eine Art Wortspiel?«
»Nein«, erwiderte Lardis kopfschüttelnd. »Kein Wortspiel. Aber ich muss zugeben, dass ich neugierig bin.«
»Auf was?«
»Auf dich. Darüber, dass du wusstest, dass in den alten Tagen auf der Sternseite die Wamphyri-Lords gelegentlich ›ari‹ an die Namen ihrer Väter hängten, um zu kennzeichnen, dass sie die Söhne ihrer Väter sind.«
»Du meinst so wie Lord Malin Malinaris Vater war?«
»Genau. Und jetzt, da du es erwähnst ... Woher wusstest du denn auch das? «
Jake runzelte wieder die Stirn, sodass tiefe Furchen sichtbar wurden. Dann entspannte er sich und zuckte die Achseln: »Du musst es mir erzählt haben«, vermutete er. »Oder vielleicht habe ich es irgendwo gelesen. Vielleicht in Ben Trasks Akten?«
»Nein!«, widersprach Lardis kopfschüttelnd und lächelte sein wissendes
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