Nachtgesang
fluchen und zog schnell seine Sonden zurück. Als der Schmerz nachließ, entspannte er sich ein wenig und verfiel erneut in ein überspanntes, gezwungenes Lachen.
Aber überspannt und gezwungen?
Er hatte schon oft genug darüber nachgedacht – und selbst er, Malinari, fand es seltsam: Das Lachen eines Verrückten? Nun, vielleicht war es das, obwohl er sich selbst lieber als lediglich ... exzentrisch betrachtete. Und überhaupt, was war daran so schlimm? Wenn man einzigartig ist, war es doch sicher in Ordnung, solch kleine Eigenarten an den Tag zu legen ...
Das schwächer werdende Pochen in Malinaris Schläfen unterbrach seine Gedankengänge, als es plötzlich noch von einem stotternden Geräusch im Himmel verstärkt wurde; das mechanische Pochen von Düsenstrahlen, als ihre Kraft an wirbelnde, Ventilator-ähnliche Leitschaufeln weitergegeben wurde. Und obwohl er für den Moment verblüfft war – und zwar so sehr, dass er seinen blutroten Blick auf die libellenähnliche Form, die die Sterne verdeckte, richtete –, fühlte er immer noch keine wirkliche Besorgnis oder Bedrohung. Sein Plan stand fest und es war für sämtliche Eventualitäten vorgesorgt worden. Sogar für diese.
Unten im Garten, vor dem Kasino, das war der offensichtlichste der wenigen Orte, wo ein Helikopter landen konnte. Aber es war auch einer der vielen Orte, die Malinari vermint hatte.
Ha! So sei es!, dachte er. Lasst das Spiel beginnen.
Aus dem Auto am Tor stieg ein einzelner Mann; er war mit einer schweren, tödlichen, automatischen Waffe ausgestattet, duckte sich und rannte auf das kleine, vorn offen stehende Haus zu, in dem die Rezeption untergebracht war. Die Nachhut, natürlich; und auch ein Hindernis für jeden, der versuchen würde zu entfliehen. Diese arglosen Narren! Niemand würde versuchen aus Xanadu zu »fliehen« – nun, außer diesen lächerlichen Eindringlingen selbst! Und dass Malinari den Ort räumte ... das entsprach doch alles ganz dem Plan! Denn was würde es ihm schließlich nutzen zu bleiben? Sobald all dies vorbei war, würde es nichts mehr geben, wofür es sich lohnte, zurückzukehren.
Jetzt flog die Maschine auf den Garten zu und ihre Suchlichter flackerten über dem dunklen Kasino, den Ferienhäusern, den Pools. Plötzlich wurden die Lichter des Autos strahlend hell und leuchteten den Weg, als es in Richtung seines Rendezvous fuhr.
Seinem Rendezvous mit dem Tod ... aber erst später.
Zuerst wollte er Trask und diese E-Dezernats-Leute etwas von dem spüren lassen, was sie sich aus freien Stücken eingebrockt hatten, indem sie versuchten, Nephran Malinari aufzuspüren.
Lord Malinari, aye, den Wamphyyrrriiii-Lord!
Das Boot der Küstenwache gab auf dem engen, sandigen Küstenstreifen gegenüber von Jethro Manchesters Insel, wo es sich bedrohlich nach backbord neigte, Rauchzeichen. Offenbar beschädigt, schwankte es in den sanften, nächtlichen Wellen von einer Seite zur anderen. Auf der Steuerbord-Seite richtete ein hinter der Kabine verborgener SAS-Mann seinen Flammenwerfer in den Himmel und feuerte kurze Flammenbälle über das Dach der Kabine.
Von der Insel aus würde es sicher so aussehen, als ob das rötlich glimmende Boot Feuer gefangen hatte; als sein Kiel sich in den Sand schraubte, machte sich ein Signalfeuer auf den Weg in den sternenbehangenen Nachthimmel.
Ebenfalls am Himmel, aber in nicht allzu großer Höhe – oder eher ziemlich tief über dem Meereshorizont schwebend – sah der Pilot des zweiten Helikopters den Feuerschein und teilte seiner Crew mit:
»Wir sind über der Insel. Ich kann das Boot da unten ›brennen‹ sehen und ich sehe auch die Lichter in der Villa hinter den Bäumen. Es geht los. Springt raus, sobald wir gelandet sind. Ich werde in der Luft bleiben und warte auf euch, während ihr eure Aufgabe erledigt. Wenn ihr pfeift, komme ich wieder hinunter. Ihr wisst doch, wie man pfeift, oder? Viel Glück, Jungs!«
Dunkle Gestalten rannten den Strand hinauf, als der Helikopter hinunter sank und ein schwacher Knoblauchgestank die Nachtluft erfüllte ...
KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG
DIE ERSTÜRMUNG
150 Meter entfernt von dort, wo das Küstenboot am Strand lag, ein gutes Stück weg von den Hochwassermarkierungen hinter den extrem dicken, festungsartigen Felswänden, befand sich auf 16 Quadratkilometern ein gepflegter, teilweise mit Steinen verzierter Garten, der mit Hilfe einer kleinen Entsalzungsanlage bewässert wurde. Dahinter lag Jethro Manchesters zweistöckige Villa, eine
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