Nachtgesang
Leute ich da versuchte zum Narren zu halten ...«
Jake hielt inne und sah Trask an. »Sie haben die moderne Mafia mit Terrororganisationen verglichen. Nun, ich dachte, ich hätte beim SAS einiges über Terrorismus gelernt. Vielleicht hatte ich das auch, aber ganz klar nicht genug. Und abgesehen davon war es auch nur das, was wir im Training gelernt hatten. Wie auch immer, ich hatte ein ganz anderes Bild von der Mafia als Sie: nur ein Haufen Gangster, dachte ich. Aber Sie hatten recht und ich hatte unrecht.
Sie beobachteten sie wahrscheinlich rund um die Uhr. Sie hatten sie vermutlich immer schon beobachtet ... vielleicht haben sie Aufpasser für all ihre Kuriere und Ganoven. Nehmen Sie zum Beispiel Jean Daniel. Dieser dürre Mistkerl war auch nur ein Wachhund. Gut nachvollziehbar, wenn man den Verkaufswert der Ware bedenkt.
Natascha trug eine dunkle Sonnenbrille und eine Perücke, als ich sie vom Flughafen abholte. Aber ich erkannte sie sofort. Und die Mafia sie auch. Dann ... Es war wie ein Albtraum, der immer wiederkehrt, fast genau eine Wiederholung des letzten Mals. Außer, dass dieses Mal fünf von ihnen in der Villa waren, und wie sie sich ins Zeug legten ...
... Oh Gott! Oh Gott! – Ich wusste, dass sie dieses Mal nicht einfach Gefangene nehmen würden.«
Jakes Gesicht war jetzt aschfahl. Früh am heutigen Abend hatte er mehr oder weniger gewusst, auf was er sich einließ; selbst wenn er nur halb daran geglaubt hätte, so hatte er doch nur einen Job ausgeführt. Aber zum Zeitpunkt seines Zusammentreffens mit der Familie, Castellanos Leuten – dieser Art von Monster – war er ... was, naiv? Nun, jetzt nicht mehr.
Ben Trask wusste, dass es Zeit war einzugreifen, aber nachdrücklicher. »Das reicht jetzt, Jake!«, sagte er. »Sie brauchen uns nicht mehr zu erzählen. Warum sollten Sie sich selbst aus der Fassung bringen? Wir haben alle genug gehört und sind auf Ihrer Seite. Und was die ›Gerechtigkeit‹ angeht – die Gerechtigkeit, die Ihnen widerfahren ist –, ich weiß vielleicht viel mehr darüber als Sie. Also lassen Sie uns fürs Erste diese Nacht in der Villa überspringen«. Aber:
»Diese lange, lange Nacht«, keuchte Jake, während er zugleich schwitzte und ihm eiskalte Schauer über den Rücken liefen und eine Gänsehaut sich fast sichtbar über seinen ganzen Körper ausbreitete. »Sie alle, und dieser Bastard Castellano beobachtete sie aus dem Schatten heraus. Gott, ich weiß immer noch nicht, wie er aussieht! Aber danach, oh, ich konnte mich an den Rest von ihnen bis ins kleinste Detail erinnern, würde mir nie erlauben, sie zu vergessen. Und ihr Lachen, wie Schakale. Und ihre Witze. Wie sie sich auf sie stürzten, aber ohne Spuren, ohne Male zu hinterlassen ...«
»Lassen Sie es gut sein, Jake!« Trasks zerknirschte Stimme holte Jake aus seinem tranceartigen Zustand. Er lehnte sich zurück und schnappte nach Luft, hörte allmählich auf zu zittern.
Schließlich kam etwas Farbe in sein Gesicht zurück und er war fähig fortzufahren:
»Ich erlangte mein Bewusstsein im Wasser wieder. Unter Wasser! Die Fenster meines Autos waren halb offen und es sank, zusammen mit mir, wie ein Stein. Zuerst hatte ich die Orientierung verloren, hatte keine Ahnung, was zum Teufel passierte. Wahrscheinlich wachte ich auf, weil ich nicht atmen konnte. Wie damals, als ich noch ein Kind war: Ich war einmal wach geworden und schrie wie am Spieß, weil ich dachte, ich würde ertrinken, nur um festzustellen, dass ich meinen Kopf unter der Decke begraben hatte. Aber dieses Mal war es Flusswasser. Und ich versuchte irrsinnigerweise, die Decke zurückzuschlagen ... Ich meine, ich fühlte mich auch wie betäubt, unter Drogen – und das war ich natürlich auch! Aber dann, als ich mich daran erinnerte, was vorgefallen war, suchte ich Natascha auf dem Beifahrersitz. Sie war nicht da und ich dankte Gott ...
Dankte Gott, dass ich es irgendwie geschafft hatte, mein Fenster herunterzukurbeln, mich hindurchzudrücken und nach oben in die Freiheit trieb. Aber als das Auto weiter sank und ich weiter hoch trieb, mit einer Vielzahl an Blasen, die mir vorangingen, sah ich Natascha durch die gewölbte Heckscheibe auf dem Rücksitz! Ihr Gesicht ... ihr Haar schwebte ... ihre Augen weit offen ... ihr Mund aufgerissen. Und ihre ausgestreckten Finger flach und weiß, die Hände einer Leiche – hoffte ich!
Aber tot? Ich wusste es nicht, ich weiß bis zum heutigen Tag nicht, ob sie tot oder lebendig war. Aber bis heute versuche ich
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