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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Gefängnisse. Jedenfalls sagte er: ›Machst du Abdruck und ich machen Schlüssel.‹
    Was also hatte er überhaupt davon? Er hatte schon seinen eigenen Schlüssel und einen Plan. Aber er konnte ihn nicht alleine umsetzen. Und er dachte sich, dass ich verzweifelt genug war, mit ihm zu kommen. Oh, er ging davon aus, dass ich diese alten Gefängnisfilme gesehen hatte – wo jeder jeden reinlegt –, aber hey, es war auch sein Leben, oder? Ob ich glaubte, er wolle sich selber umbringen? Vielleicht wollte er das ja, aber in einer Sache hatte er recht, nämlich, dass ich verzweifelt genug war.
    Okay, meine Gründe für den Ausbruch waren offensichtlich: Ich wollte Castellanos Tod und konnte mich darum von dort drinnen nicht kümmern, denn dort stand mein eigenes Leben auf Messers Schneide. Aber was waren die Beweggründe meines neuen Freundes?
    Es war wohl wegen einer Frau. ›Eine gute, alte Freund von mir, er ficken meine Maria‹, vertraute er mir mit einem gefühllosen Grinsen an. ›Letzte Mann, der das getan, er tot ... ist, warum ich hier drin. Diese Mal werde ich beide ficken, auch Maria. Danach ist mir egal.‹
    Das Seltsame ist, dass ich ihn durchaus verstehen konnte. Mir war nur nicht bewusst, wie weit er gehen würde, um die Sache zu bereinigen, das ist alles.
    Die Nacht kam. Wir schlichen uns in den Gefängnishof und irgendwas fühlte sich ganz seltsam, ganz aufgesetzt an. Aber ich konnte nicht mehr zurück und mich wieder einschließen ... und was, wenn ich einfach nur unter Paranoia litt? Das war meine letzte Chance. Und es war auch die Chance für diesen glatzköpfigen, dürren, kleinen, italienischen Mörder, der die Schlüssel angefertigt hatte.
    Sein Plan war einfach: Er hatte eine Reihe Haken an eine Kette geschweißt. Zwischen uns und der Freiheit lag eine vier Meter hohe Stacheldrahtmauer. Er war ein kleiner Kerl; er sollte auf meinen Rücken steigen, die Kette wie einen Enterhaken benutzen, um den Stacheldraht zu erreichen. Er hatte es in der Werkstatt geübt und es funktionierte. Bei Gott, es funktionierte auch hier draußen auf dem Gefängnishof!
    Also kletterte Paolo von meinen Schultern aus die Kette hoch, nahm eine Gefängnisdecke, die er sich um die Schultern gelegt hatte und warf sie über den Stacheldraht, den sein Gewicht nach unten drückte. Er hielt dort oben mit einem Bein auf jeder Seite der Mauer das Gleichgewicht und streckte eine Hand nach mir aus. Aber als ich an der Kette hing und nach seiner Hand greifen wollte ... zog er sie weg! Und ich sah seine Augen, die über mich hinweg in die Nacht hinaus schauten. Ich sah über meine Schulter und entdeckte sie: bewaffnete Gefängniswärter, die bereits auf mich angelegt hatten! Ich sah Paolo an, der auf mich hinabstarrte. ›Tute mir leide, Jake.‹ Er zuckte die Achseln. ›Aber sie haben mire versproche...‹ Und dann unterbrach ihn der Knall eines Gewehrs ...«
    Jake machte eine Pause, um einem Schlagloch auszuweichen, und Liz nutzte die Gelegenheit, um zu fragen:
    »Passierte es da? Dass du ... dich an eine andere Stelle versetzt hast?«
    Er schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Aber Liz, du weißt, dass man sagt, dass man die Kugel, die einen töten wird, nicht hört? Nun, es stimmt. Ich weiß es, denn ich hörte das Geräusch des ersten Schusses, aber ich fühlte nichts. Paolo allerdings ... Sein Blut spritzte auf mich, während sein Auge mit einem Mal schwarz wurde. Dann fiel er und riss mich mit hinunter. Wir fielen nur ein paar Meter, aber mit seinem zusätzlichen Gewicht, das auf mir lastete, prallte ich auf dem Boden auf wie ein schwerer Stein. Um mich herum wurde weiter geschossen und geschrien und ich sah Querschläger aufblitzen, die an der Wand abprallten.
    Und da passierte es. Aber was genau passierte ... ich weiß es bis zum heutigen Tage nicht. Etwas war sehr komisch: Wenn man die Kugel, die einen umbringt, nicht hört, sieht man sie dann? Ich meine, hast du überhaupt jemals von jemandem gehört, der eine fliegende Kugel gesehen hat ? Natürlich nicht, und bitte, keine blöden Witze über dämliche Bühnenzauberer, die sie mit ihren Zähnen auffangen.
    Und doch sah ich ... etwas. Den feurigen Strahl eines quer geschlagenen Schusses vielleicht? Möglich. Aber es sah nicht wie Feuer aus. Es war winzig, hell, es kam direkt auf mich – auf meinen Kopf – zu und hätte mich nicht verfehlen können. Hätte es sich um eine Kugel gehandelt, wäre ich tot gewesen ...
    ... aber das war ich nicht, konnte es nicht sein, und ich

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