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Nachtgesang

Nachtgesang

Titel: Nachtgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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dachte nur, dass ich so gut wie tot sein musste.«
    Liz nickte. Ihr Mund war plötzlich ganz trocken. Denn einen Moment lang hatte sie, als Jake aufhörte zu reden, einen lebhaften Eindruck von etwas bekommen, das gänzlich jedem Wissen und jeder Wissenschaft widersprach, etwas, das von außen kam. Sie hatte seine Begegnung – seine Konfrontation? – mit dem, was er beschrieben hatte, gesehen. Ein flüchtiger Augenblick, er kam und ging, wie ein heller Feuerstrahl, der sich an der Oberfläche seines Bewusstseins spiegelte ... oder immer noch in seinem Bewusstsein brannte?
    »Da hast du es getan«, sagte sie heiser und räusperte sich. »Da hast du dich an einen anderen Ort versetzt, die Möbius-Route benutzt.«
    »Es war dort unbeschreiblich dunkel«, erläuterte Jake ihr. »Es herrschte mehr als Dunkelheit, ein Nichts. Es war der Tod; zumindest dachte ich , es sei der Tod, denn was konnte es sonst sein? Aber ich wurde hinein- und hindurchgezogen, hin zu einem Lichtpunkt.«
    »Eine typische außerkörperliche Erfahrung«, sagte Liz. »Eine Nahtod-Erfahrung, wie sie manche Überlebenden geschildert haben. Das Licht, dem du dich geweigert hast entgegenzugehen.«
    Aber Jake schüttelte den Kopf. »Ich weigerte mich nicht; ich hatte keine Wahl; ich wurde direkt hineingezogen! Aber plötzlich spürte ich die Schwerkraft, mein Gewicht. Ich hatte gegen die Dunkelheit – was immer sie war – gekämpft und stand auf dem Kopf. Ich kam falsch herum heraus, fiel und prallte mit dem Kopf gegen etwas ... einen Schreibtisch, wie sich herausstellen sollte. Diese zweite Art Dunkelheit war nicht ganz so total. Ich war nur bewusstlos. Oder kurz davor, in Ohnmacht zu fallen.
    Jedenfalls erinnere ich mich daran, dass ich, während ich langsam das Bewusstsein verlor, Sirenen losgehen hörte, jemanden, der an eine Tür hämmerte, eine Stimme, die schrie. Dann nichts mehr.«
    »Bis du im Hauptquartier des E-Dezernats in London wieder zu dir kamst«, sagte Liz. »Dahin hatte dein Talent dich gebracht: in Harrys Zimmer ... seine Zufluchtsstätte.«
    Er schüttelte energisch den Kopf. »Nicht mein Talent. Oh, das Talent von jemand anderem, wie es scheint. Harry vielleicht? Aber nicht meins, Liz, nicht meins ...«
    Das Funkgerät erwachte knisternd zum Leben und Trasks Stimme erscholl: »An alle, aber besonders an Hunter One, hier spricht Zero One. Vielleicht acht Kilometer von hier die Straße hoch, ein Vorratswagen. Das Basiscamp, wo wir essen, trinken und Einsätze besprechen. Diejenigen mit Betten im Einsatzfahrzeug, benutzt sie. Der Rest in Zelte. Oder wenn ihr euch nützlich machen wollt, baut eure eigenen Zelte und Nachtlager auf. Und Hunter One, ich möchte mit dir reden. Alle bestätigen.«
    »Hunter One, Roger«, antwortete Liz in das Funkgerät. Und in strikter aufsteigender Folge kamen die weiteren Antworten durch das Knistern und Rauschen der Anlage:
    »Hunter Two, Roger.«
    »Hunter Three, Roger«, und so weiter.
    Jake wechselte im Fahrersitz die Position, reckte seinen Hals und warf einen Blick nach vorn auf die dunkle, gewundene Straße und das uralte Flusstal. Dort vorne erstreckten sich einige Scheinwerfer zu einer sich ausdehnenden Lichterkette. Von libellenartigen Maschinen ertönte ein konstantes, nicht weit entferntes Wupp! Wupp! Wupp! gewaltiger Rotoren, die die Luft durchschnitten, und gelegentlich sah man Suchscheinwerfer, die die Gegend abtasteten.
    »Acht Kilometer«, sagte Liz. »Vielleicht sieben oder acht Minuten. Erzählst du mir den Rest der Geschichte, solange wir noch Zeit haben?«
    »Den Rest?« Jake sträubte sich wieder. »Muss ich dich immer noch davon überzeugen, dass ich verrückt bin?«
    »Du bist nicht verrückt«, protestierte sie. »Nur aufgewühlt. Komm schon, Jake. Du bist weggerannt, wieder geflüchtet, diesmal aus dem E-Dezernat. Was ist passiert? Wie bist du da entkommen? War es irgendwie anders?«
    Er seufzte und sagte: »Wenn du einmal deine Klauen ausfährst, ziehst du sie einfach nicht mehr ein, oder?«
    »Oder kann es vielleicht sein, dass ich einfach fasziniert bin?«, erwiderte sie, und fügte schnell hinzu: »Äh, von der Geschichte, meine ich.«
    » Pah!«, schnaufte Jake, aber er drehte sein Gesicht etwas, drehte es von ihr weg. Liz hätte schwören können, dass er grinste und nicht wollte, dass sie es mitbekam. Aber das war eine gute Sache.
    »Okay«, sagte sie. »Ich bin fasziniert. Punkt. Erzählst du mir jetzt den Rest?«
    »Damit du alles an Trask weitertratschen kannst? Ich

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