Nachtgesang
Leitung. Ich kann ihn auch auf einen Bildschirm holen, wenn du möchtest. Er hat deine Nachricht erhalten und scheint ziemlich aufgeregt.« Als Trask auf die Zentrale zumarschierte, fiel Goodly plötzlich noch etwas ein. Zumindest tat er so. »Oh, und Ben! Äh, vielleicht solltest du Jake mitnehmen? Ihn David vorstellen ...?«
Die beiden schauten sich an, als sie aneinander vorbeigingen, und Jake hätte schwören können, dass nonverbale Kommunikation zwischen ihnen stattfand. Da rief Trask zu ihm zurück: »Jake, wenn Sie immer noch wissen möchten, wie Sie zu uns passen, könnten Sie vielleicht jetzt mit mir mitkommen.«
In der Zentrale saßen der diensthabende Beamte und einer seiner Kollegen innerhalb des ovalen Tischs und nahmen die ankommenden Gespräche entgegen. Der Beamte machte Trask Platz, als dieser eine Klappe am Tisch öffnete, durch die entstandene Lücke hindurchging und sich im Chefsessel niederließ. Jake folge ihm und stellte sich direkt hinter ihn. Trask betrachtete den Beamten und fragte: »Chung?«
»Wartet im Londoner Hauptquartier!«, nickte der andere. »Möchten Sie ihn auf dem Bildschirm?«
Trask deutete auf einen bestimmten Wandbildschirm: »Ich möchte ihn gerne da oben.«
Der Beamte betätigte einen Schalter.
Das Licht wurde abgedunkelt, als der Wandbildschirm zum Leben erwachte und schnell ein Bild projizierte. Das war das erste Mal, dass Jake den Chef-Lokalisierer, David Chung, sah. Er war klein, mittleren Alters, asiatischer Herkunft und blickte sehr ernst drein. Und es war offensichtlich, dass er hochintelligent war. Man sah es in seinen Augen, genau wie bei Trask auch; ein Licht hinter ihnen, das nach außen strahlte. Man sah es auch an seiner hohen Stirn. Jake brauchte keine außerordentlichen Fähigkeiten, um zu erkennen, welch ein außergewöhnliches Gehirn dahinter Platz hatte. Chungs rabenschwarzes Haar lichtete sich; an einigen Stellen konnte man graue Strähnen erkennen. Aber seine Haut war glatt und faltenlos und seine Haltung kerzengerade. Er war lebhaft, wachsam ... und aufgeregt, ja. Das zeigte sich ebenfalls in seinen Augen.
»Hi David!«, begrüßte ihn Trask lächelnd – aber schon im nächsten Augenblick war er wieder ernst und geschäftsmäßig. »Wie ist es gelaufen?«, fragte er.
»Ben!«, begrüßte der andere ihn nickend und richtete dann sofort seine Aufmerksamkeit auf Jake, der bemerkte, dass Chung extrem neugierig war. Trask hatte es auch gesehen.
»Behalte es für dich!«, ermahnte er den Lokalisierer mit drohender Stimme. »Ich schlage vor, wir kümmern uns zuerst um die andere Sache.« Dann drehte er sich zu dem diensthabenden Beamten um: »Ist die Übertragung verschlüsselt?«
»Ja!«, bestätigte der Mann.
Chung sagte: »Ich habe nur schlechte Neuigkeiten, fürchte ich. Es ist so, wie Greenpeace und andere vermutet haben. Oder es ist sogar noch schlimmer als vermutet. Die Russen tun es immer noch, aber der springende Punkt ist, wo sie es tun. Weißt du, wäre Anna-Marie English mit von der Partie gewesen, hätten wir den Code knacken können, ohne überhaupt das Hauptquartier zu verlassen!«
»Ich weiß«, antwortete Trask mit hängenden Schultern. »aber das ist sie nicht und abgesehen davon geht es ihr besser, dort wo sie jetzt ist – Gott steh uns bei! Aber ist es wirklich so schlimm, wie du behauptest? Noch ein Pakt, der sich in Rauch aufgelöst hat – oder atomare Verschmutzung? Ich denke, du solltest mich besser über alles informieren, aber nicht online. Lass mir einen Ausdruck zukommen.«
Chung sprach mit jemandem, der im Bild nicht sichtbar war und wandte sich dann wieder an Trask: »Es wird ein paar Minuten dauern. Später, wenn ich ein paar Nachforschungen angestellt habe, werde ich dir auch einen, äh, Wetterbericht schicken. Unerwarteter Smog. Aber ich möchte es erst überprüfen und schauen, ob die Dunstglocke noch da ist, weißt du? In der Zwischenzeit kannst du mir von der anderen Geschichte erzählen.« Sein Blick ruhte für den Bruchteil einer Sekunde auf Jake, dann sofort wieder auf Trask.
Trask verstand Chungs »codierte« Nachricht, nickte rasch und meinte: »Erinnerst du dich, was im Hauptquartier des E-Dezernats passiert ist, als Nathan in Perchorsk ankam? Ich meine du selbst? Erinnerst du dich, wie du seine Identität bewiesen hast und zu wem er gehörte?«
Chung grinste und schaffte es nur noch schwer, sein Interesse zu verbergen. »Ob ich mich erinnere? Wie hätte ich es vergessen können? Ich bin dir weit
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