Nachtgieger
„Wir sind noch nicht fertig. Wie war Ihr privates Verhältnis zu Ihrer Kollegin?“
Peter Kränzlein fuhr hoch: „Es gab kein privates Verhältnis, das habe ich bereits gesagt.“
Mandys Stimme wurde um einen Ton schärfer: „Ich wundere mich, dass Sie keinerlei emotionale Reaktion zeigen, Sie haben schließlich auf schreckliche Art und Weise eine Mitarbeiterin verloren. Außerdem liegt uns eine Aussage vor, dass Sie zumindest sehr daran interessiert waren, ein privates Verhältnis zu Frau Simmerlein aufzubauen.“
Der Vorarbeiter sprang erregt und rotgesichtig auf, wobei einige Lieferscheine durcheinandergewirbelt wurden und auf den Boden segelten. Er brüllte die Kommissarin an: „Wer erzählt denn so einen Unsinn?“
Gerd Förster griff ein: „Herr Kränzlein, wenn sich herausstellt, dass Sie uns nicht die vollständige Wahrheit berichten, hat das Konsequenzen. Also bitte, was war zwischen Ihnen und Kati Simmerlein?“
Peter Kränzlein beruhigte sich ein wenig und setzte sich wieder auf seinen Bürostuhl: „Gar nichts war zwischen uns. Sie hat mir gefallen, das gebe ich zu, sie war eine attraktive junge Frau. Ich habe ein paar Mal versucht, sie zum Essen und ins Kino einzuladen. Aber sie hat mich abblitzen lassen. Soviel ich weiß, hatte sie keinen Freund. Aber ich war ihr wohl nicht gut genug. Einmal hat sie zu mir gesagt, sie hätte andere Pläne. Daraufhin habe ich sie in Ruhe gelassen. Es gibt schließlich genug andere Frauen, die an einem Mann wie mir interessiert sind.“
Mandy fragte sich im Stillen, welche Frauen das wohl sein mochten. Katis Vorgesetzter war von kleiner Statur, dürr und drahtig, und trug sein schmutzig dunkelblondes Haar unvorteilhaft strähnig lang bis auf seine mageren Schultern. Schmallippig, mit einer langen, gebogenen Nase und eng zusammenstehenden Augen sah er irgendwie verschlagen aus.
„Sie waren wütend auf Kati Simmerlein, weil Sie es nicht ertragen konnten, zurückgewiesen zu werden. Deshalb wurde sie von Ihnen zur Dauernachtschicht eingeteilt. Vielleicht hat Ihnen diese Art von Rache nicht genügt? Vielleicht haben Sie sie am Wochenende irgendwo getroffen, es kam zum Streit und Sie haben sie getötet?“
Der Vorarbeiter sank in sich zusammen: „Ich habe Kati nach der Freitagsschicht nicht mehr gesehen. Und ich war sauer über ihre Abfuhr, das stimmt, aber deswegen habe ich sie doch nicht umgebracht, das müssen Sie mir glauben.“
Nachdenklich stiegen die Kommissare wieder in ihren Dienstwagen und fuhren langsam vom Hof des Obstgroßhändlers. Der stand in seinem Büro, die Hände in den Hosentaschen vergraben, schaute ihnen hinterher und grübelte, ob er sich richtig verhalten hatte.
Gretchen Kaul, die Freundin von Kati Simmerlein, trafen sie nicht zu Hause an. Sie würden die junge Frau nach Bamberg auf das Präsidium zur Befragung einladen.
„Ich verspüre mächtigen Hunger, Kollege“, bemerkte Mandy. „Was hältst du von einer Mittagspause?“
„Davon halte ich viel“, entgegnete Gerd Förster. „Wollen wir auf dem Weg nach Bamberg eine Kleinigkeit bei Ricky essen?“
„Auf jeden Fall, aber keine Kleinigkeit!“
Ihr Kumpel Ricky betrieb einen Imbissstand direkt am Kanal zwischen Buttenheim und Bamberg und war für die beste Currywurst weit und breit berühmt. Von den Stehtischen aus hatte man einen herrlichen Blick auf das grünblaue Wasser.
Als die Kommissare dort ankamen, hatte Ricky alle Hände voll zu tun. Sie begrüßten ihn herzlich und zogen sich mit ihrem Mittagessen an einen der Tische zurück.
Mit großem Appetit machten sie sich sofort über ihre Riesencurrywurst mit Pommes und Mayo her und tranken einen Schluck von ihrer eiskalten Cola.
Mandy blinzelte auf das ruhig vorbeiziehende Kanalwasser, das die Sonnenstrahlen reflektierte. Sie genossen für eine Weile die leckere Mahlzeit und die Ruhe, bevor es zur Besprechung mit Sieglinde Silberhorn und hoffentlich den ersten Ergebnissen der Spurensicherung weiterging.
„Dieser aalglatte Unternehmer hat uns nicht alles erzählt“, begann Mandy. „Er wollte Kati Simmerlein eine berufliche Chance geben – was für ein guter Mensch. Ich vermute vielmehr, dass sie ihm außerordentlich gut gefallen hat mit ihrem hübschen Gesicht und den langen, blonden Haaren. Den Mann müssen wir im Auge behalten.“
Ihr Kollege nickte: „Wenn wir von Karl-Heinz den ungefähren Todeszeitpunkt erfahren haben, überprüfen wir sein Alibi, ebenso das von Peter Kränzlein. Und wir müssen uns mit
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