Nachtgieger
auch die Verschwiegenheit von Ex-Geliebten.
„Sie geben also zu, mit Kati Simmerlein ein Liebesverhältnis gehabt zu haben?“, bohrte Mandy nach.
Oskar Beer blickte ihr ernst in die Augen: „Nein, ich hatte kein Verhältnis mit Kati, wirklich nicht.“
Die Kommissarin unterbrach ihn und stellte in scharfem Ton fest: „Sie haben Schluss gemacht und Frau Simmerlein hat versucht, Sie zu erpressen. Deshalb musste sie sterben.“
Der Unternehmer versuchte verzweifelt, sich weiter zu erklären: „Sie hätte mich nicht erpressen können, weil nichts passiert ist.“
Dann fuhr er fort: Er hatte vorgehabt, sie zu verführen, das gab er zu. Sie war eine sehr hübsche, junge Frau. Sie hatte ihm gefallen mit ihren ebenmäßigen, feinen Gesichtszügen und ihrem langen, blonden Haar. Also lud er sie über ein Wochenende auf sein Grundstück ein. Es umfasste eine weitläufige Weiherlandschaft zwischen Langensendelbach und Bubenreuth, und direkt an einem romantischen, schilfumsäumten Karpfenteich stand sein Wohnwagen. Kein Landhaus also. Dorthin zog er sich ab und zu zurück, wenn er seine Ruhe haben wollte. Oder er nahm sich ein Mädchen mit. Das war für ihn gefahrlos, weil seine Ehefrau dieses ursprüngliche, einfache Leben hasste und sich nie dort aufhielt.
Oskar Beer atmete tief durch.
Der Freitagabend mit Kati war ein Desaster gewesen. Er hatte ihr vorgeschlagen, gemeinsam nackt im Teich zu schwimmen, dann am Ufer auf einer Decke liegend Champagner zu trinken und dabei den Sonnenuntergang zu beobachten, begleitet vom Quaken der Frösche. Er fand diese Idee äußerst romantisch und perfekt als Einstimmung auf eine gemeinsame, leidenschaftliche Liebesnacht.
Kati hatte sich jedoch angeekelt geweigert, in dem trüben Wasser zwischen Karpfen zu baden, und den teuren französischen Champagner hatte sie als Sauerampfer bezeichnet. Er versuchte weiter geduldig, sie mit einem vorzüglichen Diner vor seinem Wohnwagen unter dem Sternenhimmel in Stimmung zu bringen. Er entzündete Kerzen und Fackeln, deckte den Campingtisch festlich und servierte den ersten Gang des Menüs. Es dämmerte bereits. In der weichen, milden Luft lag eine bezaubernde Abendstimmung. Doch Kati beschwerte sich über die Stechmücken.
Da sich in seinem Wohnwagen nur ein einfacher Gaskocher befand, hatte er sich für frische Austern aus Cancale als Vorspeise entschieden, danach plante er rosa Crevetten in Knoblauchbutter zu erhitzen und knuspriges Baguette dazu zu reichen. Für den Nachtisch lagen im Kühlschrank Profiteroles mit Schokoladeneisfüllung bereit.
„Kennen Sie Profiteroles? Das sind kleine Windbeutel aus ungesüßtem Brandteig, eine französische Köstlichkeit. Wörtlich übersetzt heißt das Gebäck ,Kleines Geschenk‘.
Die Unterhaltung mit der jungen Dame war extrem schwierig und schleppend. Sie besaß keinerlei Interessen und wusste überhaupt nichts. Ein wirklich außergewöhnlich einfältiges Mädchen. Ich beschloss daraufhin, wenigstens den anschließenden Sex mit ihr zu genießen, obwohl mir das normalerweise sehr schwerfällt. Ich halte eine gewisse geistige Verwandtschaft und den intensiven Dialog der Geschlechter auf einer Ebene für immens wichtig.“
Mandy musste ein Schmunzeln unterdrücken.
„Was soll ich Ihnen sagen. Ich servierte die köstlichen, prallen Austern, beträufelte sie für meine zukünftige Geliebte liebevoll mit Zitronensaft und ermunterte sie zum Probieren. Kati hatte keine Ahnung, was da vor ihr auf dem Teller lag, und schob sich angewidert eine Meeresfrucht in den Mund. Dann verzog sie das Gesicht und spuckte den Bissen wieder aus. Mitten auf ihren Teller.
Und wissen Sie was? Ich hatte genug von diesem ungehobelten Bauernkind. Ich habe sie augenblicklich nach Hause gefahren und bis zu ihrer Haustüre begleitet. Danach kehrte ich an meinen Weiher zurück, bin eine Runde geschwommen und habe die Flasche Champagner alleine getrunken. Dann bin ich am Ufer auf der Decke eingeschlafen.
Ich habe sie nicht angerührt und auch nicht ermordet. Warum auch – weil sie keine Austern mag? Es war einfach Schluss, bevor es angefangen hatte. Kati hat es akzeptiert. Sie konnte mit mir rein gar nichts anfangen.“
Oskar Beer schwieg erschöpft.
„Gut, Herr Beer“, antwortete Gerd Förster, „wir müssen Sie dennoch fragen, wo Sie sich in der Nacht von Sonntag auf Montag zwischen zweiundzwanzig Uhr und ein Uhr nachts aufgehalten haben?“
Der Unternehmer hatte mit dieser Frage offensichtlich keine Probleme. Er
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