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Nachtgieger

Nachtgieger

Titel: Nachtgieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Maria Dries
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einem raschen Blick nach rechts und links auf ihre Zimmergenossinnen flüsterte sie ihren Freundinnen, die sie der Reihe nach herzlich umarmten, verschwörerisch zu: „Diese hysterischen Weiber hier machen mich total fertig. Sie reden nur von ihrer bevorstehenden Geburt und über die Odyssee ihrer Schwangerschaft. Als würden sie ein Werk vollbringen, das vor ihnen noch keiner Frau gelungen ist. Lasst uns in die Cafeteria gehen, ich muss hier mal raus. Dort gibt es leckeren Kuchen und Bohnenkaffee. Auf der Station wird nur lauwarmer, dünner Kamillentee und stilles Wasser angeboten, ich bin doch nicht krank.“ Sie stöhnte theatralisch.
    Als die treuen Freundinnen sich später wieder von Regina verabschiedeten, fuhr Paulina ihr zärtlich über die gebleichten Stoppelhaare und wisperte ihr vertraulich ins Ohr: „Bald werden glückliche Zeiten anbrechen.“
    Die hochschwangere Pfarrerin bezog diese Ankündigung auf die sehnlichst erwartete Ankunft ihres vierten Kindes. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, dass Paulina von etwas ganz anderem gesprochen hatte.
     
    Der Unternehmer Oskar Beer erschien pünktlich zur Vernehmung. Die beiden Kommissare hatten soeben den Besprechungsraum verlassen und erwarteten ihn in ihrem Büro.
    Der Obstgroßhändler, der mit einem schwarzen, teuren Geländewagen vorgefahren war und ihn ohne zu zögern auf einem der raren Dienstparkplätze abgestellt hatte, trat selbstsicher und weltmännisch auf. Bequem zurückgelehnt saß er auf dem Stuhl, der neben den Schreibtischen der Kommissare platziert war. Er lächelte die Beamten offen an. Seine kräftigen, behaarten Handgelenke wurden diesmal von gestärkten Manschetten, zusammengehalten von protzigen, quadratischen Goldknöpfen, verdeckt.
    Mandy Bergmann nahm erneut seine starke, maskuline Ausstrahlung wahr und ärgerte sich darüber. Außerdem fühlte sie sich von seiner selbstsicheren, arroganten Haltung provoziert.
    „Was kann ich für Sie tun?“, fragte er in hilfsbereitem Ton. Er benahm sich wie bei einer Besprechung, bei der er alle Fäden in der Hand hatte.
    Gerd Förster hielt es für besser, mit der Befragung zu beginnen: „Herr Beer, wir haben noch einige Fragen zu Ihrer Beziehung zu Kati Simmerlein.“
    Der Unternehmer runzelte irritiert die breite Stirn. Mandy beobachtete ihn. Ein guter Schauspieler, fand sie.
    „Beziehung, welche Beziehung, es handelte sich um ein Arbeitsverhältnis, das habe ich Ihnen doch bereits erklärt, sonst um rein gar nichts.“ Oskar Beer wirkte verständnislos.
    Der Kommissar fuhr unbeirrt fort: „Herr Beer, uns liegt eine Zeugenaussage vor, die besagt, dass Sie Kati Simmerlein für eine gewisse Zeit umworben und bevorzugt haben. Hatten Sie eine Liebesbeziehung mit Kati Simmerlein?“
    „Hören Sie, Herr Kommissar, ich bin glücklich verheiratet und habe eine attraktive, vielseitig interessierte, gebildete Frau. Was sollte ich denn mit so einem einfachen Mädel anfangen, einer Hilfsarbeiterin?“ Jetzt zeigte der Obstgroßhändler verhaltene Empörung.
    Da schaltete sich Mandy ein. Sie hatte endgültig genug von den Behauptungen dieses aalglatten Lügners. „Sie haben Kati Simmerlein in Ihr Landhaus eingeladen. Die Kollegen von der Spurensicherung werden dort in Kürze jeden Stein umdrehen. Wenn sie sich dort aufgehalten hat, finden wir das ganz schnell heraus. Und dann stehen Sie auf der Liste der verdächtigen Personen, was den grausamen Mord an der jungen Frau betrifft, an erster Stelle.“ Die Kommissarin fixierte ihn entschlossen.
    Oskar Beer verlor ein wenig von seiner gesunden, bräunlichen Gesichtsfarbe. Beschwichtigend hob er beide Hände. „Es war nicht so, wie Sie annehmen, das schwöre ich. Ich kann das alles erklären. Ich bin doch kein kaltblütiger Mörder. Und ich hatte überhaupt keinen Grund, Kati umzubringen.“
    „Dann erzählen Sie uns bitte, wie es war“, forderte der Kommissar ihn auf.
    Der Obstgroßhändler seufzte, dann erzählte er: Das Unternehmen gehörte seiner Frau, sie hatte es von ihrem Vater geerbt. Er war nur so eine Art geduldeter Geschäftsführer. Allerdings ein sehr erfolgreicher. Wenn seine Frau ihn verlassen würde, wäre er ruiniert. Weil jedoch ihr Verhältnis etwas angespannt war, gönnte er sich ab und zu eine kleine Geliebte. Seine Gattin reiste viel, und wenn sie zurückkehrte, beendete er die jeweilige Beziehung. Das verlief immer alles ganz harmlos und einvernehmlich. Mit Geld konnte man vieles regeln und sich fast alles kaufen, natürlich

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