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Nachtgieger

Nachtgieger

Titel: Nachtgieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Maria Dries
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vietnamesische Gaststätte würde doch zu ihm passen“, warf Mandy ein. Sie war Feuer und Flamme angesichts der neuen Anhaltspunkte.
    Karl-Heinz von Hohenfels schwieg, zog jedoch skeptisch eine Augenbraue hoch. Diese Geste bezog sich auf das Restaurant. Die Polizistin Sieglinde zeigte sich ebenfalls begeistert: „Diese Informationen könnten doch den Durchbruch bedeuten, nicht wahr, Gerd? Ihr werdet die beiden doch sicherlich zum Verhör einbestellen.“
    „Das garantiere ich dir, Sieglinde, so schnell wie möglich. Lade sie bitte vor, am besten morgen am späten Nachmittag“, erwiderte der Kommissar, der nun wieder einen Lichtstreif am Horizont erkennen konnte.
     
    Wenn in einem Dorf in der Fränkischen Schweiz Kirchweih gefeiert wird, ist dieses Ereignis einer der Höhepunkte des Jahreszyklus. Es war althergebrachte Tradition, dass zu diesem großen Fest von den einheimischen Frauen Küchla gebacken und an Nachbarn, Freunde und Gäste verschenkt wurden.
    Küchla backen war eine hohe Kunst. Jede Kirchweihbäckerin verfügte über ein spezielles, von Generation zu Generation weitergereichtes Geheimrezept, das sie niemals preisgeben würde, und es ging auch um die Herausforderung, das beste, feinste Gebäck von allen zu backen und die anderen Frauen auszustechen.
    „Die Küchla von der Minna sind zu trocken, die spart an der guten Butter, die geizige alte Hobbergaas“, tönte verächtlich die energische, klare Stimme der schwer beschäftigten Konditoreibesitzerin Manuela Henneberger aus ihrer Küche. „Und sie zieht die Küchla nicht über ihr Knie, so wie es der alte Brauch verlangt. Deshalb heißen sie ja schließlich Knieküchla. Andererseits ist es sicher besser, wenn der Teig nicht mit ihren arthritischen Knochen in Berührung kommt“, fügte sie gehässig hinzu. „Und die Elli, du weißt schon, die aus dem Bauernhof hinter dem Sportplatz, hat letztes Jahr den Zucker mit dem Salz verwechselt und den guten Teig verdorben. Sie weigert sich, ihre Lesebrille aufzusetzen, weil sie so eitel ist, die alte Britschn. Als ob das bei der noch einen Unterschied macht.“
    Ein Rentnerehepaar, das im Café am Ecktisch Platz genommen hatte und im Cappuccino rührte, hörte interessiert zu.
    Manuela Henneberger unterhielt sich mit Alvina Messingschlager, einer jungen Dorfbewohnerin, die entspannt mit ausgestreckten Beinen an einem Bistrotisch saß, durch die weit offen stehende Küchentür. Alvina nippte genüsslich an ihrem zweiten gesüßten Milchkaffee und ließ sich ein frisches, mit Puderzucker bestreutes Küchla schmecken. Ihr weites grünes Baumwollkleid umwallte sie wie ein Zirkuszelt. Eine Hand ruhte auf ihrem Bauch. Sie lächelte versonnen vor sich hin.
    Normalerweise war es ihre Pflicht, um diese Zeit auf dem stattlichen Bauernhof ihrer Schwiegereltern den großen Kuhstall auszumisten und die Tiere zu füttern. Aber jetzt nicht mehr. Paul, ihr fürsorglicher, stolzer Ehemann, hatte verlangt, dass sie sich schonte. Das erste Mal während ihrer Ehe war es ihm gelungen, sich gegenüber seinen Eltern durchzusetzen. Und heute Abend würde sie ihr Paul auf die Kirchweih ausführen. Beim Gedanken an das knusprige Spanferkel, das sie dort verspeisen würde, fuhr sie voller Vorfreude mit der Zungenspitze über ihre schmalen Lippen. Die Konditoreibesitzerin wunderte sich, dass ihre Nachbarin im Café faulenzen und Geld ausgeben durfte. Das hatte es noch nie gegeben. Aber sie freute sich über die nette Gesellschaft beim Backen. Seit heute Morgen um vier Uhr stand sie in der Küche und produzierte Berge des köstlichen Kirchweihgebäcks, das sie anschließend im ganzen Dorf verteilen würde. Ihre Küchla waren zweifellos die besten in der ganzen Fränkischen Schweiz, und jede dieser selbsternannten, unfähigen Freizeitbäckerinnen würde diese Tatsache akzeptieren müssen.
    Manuela Henneberger hatte auch bei dieser mehlstaubigen Aktion auf ihre obligatorischen Stöckelschuhe nicht verzichten wollen. Deshalb war aus der Küche ein stetiges geschäftiges Klack-Klack zu hören. Ihr Busen, der aus dem Ausschnitt drängte, hob und senkte sich heftig beim Kneten des Teiges. Klausi, ihr Verehrer, liebte es, wenn sie sich sexy kleidete.
    Sie wischte sich ihre Hände an der pinkfarbenen Schürze ab: „Weißt du eigentlich, liebe Alvina, dass es katholische und evangelische Knieküchla gibt? Katholische Küchla sind rund geformt, evangelische dagegen rechteckig, wobei man die Kanten mit einem Rädchen abtrennen muss. Und sie

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