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Nachtgieger

Nachtgieger

Titel: Nachtgieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Maria Dries
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kleinen, bescheidenen Witwenrente und führe Näharbeiten aus, um über die Runden zu kommen. Clemens gab jeden Monat die Hälfte seines Lohnes bei mir ab. Trotzdem ist bei uns das Geld knapp, ich kann es mir nicht einmal leisten, unser Haus verputzen und einzäunen zu lassen. Aber wir haben uns geliebt und immer zusammengehalten. Jetzt bin ich ganz alleine.“ Ein Strom von Tränen lief über ihr Gesicht.
    Gerd Förster musste jedoch die Frage stellen: „Es könnte auch Selbstmord gewesen sein, Frau Lämmerhirt. War Ihr Sohn in letzter Zeit unglücklich oder depressiv?“
    Sie fuhr empört hoch: „Selbstmord ist völlig ausgeschlossen! Mein Sohn war nicht unglücklich, er wollte gerne ein Mädel, das stimmt. Aber er hätte schon noch eine gefunden. Jeder Topf findet seinen Deckel, sage ich immer. In die Gerdi, die Bedienung in der Grünen Au, hat er sich verliebt. Ausgerechnet, die macht doch jedem schöne Augen. Aber so ist das eben bei den jungen Leuten. Man darf sich nicht zu sehr einmischen. Sie müssen selber ihren Weg finden.“
    „Sie schließen Selbstmord also aus?“, hakte der Kommissar nach.
    „Absolut! Nicht mein Clemens. Er wollte sich ein Auto kaufen. Die Anzahlung hätte er schon bald zusammengehabt. Einen silberfarbenen Toyota, er hat sich so sehr darauf gefreut. Einen Heckspoiler wollte er an dem Wagen anbringen und automatische Fensterheber, da würden die Mädchen schauen, hat er gesagt. Mit mir plante er schöne Ausflüge. Ich komme ja sonst nirgends hin. Da bringt man sich doch nicht um.“
    Frau Lämmerhirt schniefte, dann fuhr sie fort: „In der Schule haben ihn seine Klassenkameraden immer gehänselt, weil er Linkshänder und rothaarig war. Als Kürbiskopf haben ihn die gemeinen Schüler verspottet. Und dann ist ein erfolgreicher Mann aus ihm geworden. Und jetzt ist er tot, mitten aus dem Leben gerissen.“
    Sie begann wieder zu weinen.
    „Frau Lämmerhirt“, setzte Mandy an, „wir danken Ihnen für Ihre Aussage, Sie sind sehr tapfer. Ich möchte Sie jetzt aber ungern alleine lassen. Kennen Sie jemanden, der sich um Sie kümmern kann?“
    „Meine Schwester wohnt zwei Häuser weiter, das letzte in der Straße, ich werde zu ihr gehen.“
    „Wir bringen Sie hin“, bestimmte Mandy.
     
    Als sie wieder in ihrem Dienstwagen saßen und Richtung Bamberg starteten, hieb Mandy zornig mit der geballten Faust auf das Armaturenbrett: „Das ist nicht fair, das ist einfach nicht fair.“
    Gerd Förster musterte sie besorgt von der Seite. „Das Leben ist nicht fair, Mandy. Weißt du was? Ich lade dich in Bamberg zu einem Glas Rotwein ein und wir reden noch ein bisschen, was hältst du davon?“
    Seine Kollegin tätschelte seinen Arm: „Danke Gerd, es geht schon wieder, ich finde die Idee prima. Manchmal ist es nicht gut, wenn man alleine ist.“
     

Montag, 23. September
     
    Gerd Förster saß bereits seit sechs Uhr an seinem Schreibtisch im Polizeipräsidium und ging müde seine eingegangenen Mails durch. Die zwei oberen Knöpfe an seinem frischen, hellblauen Hemd hatte er geöffnet. Es war stickig im Büro. Oder vielleicht fiel ihm das Atmen im Moment deshalb schwer, weil der Druck auf das Ermittlerteam stetig zunahm. Aufgrund eines akuten Personalengpasses konnte seiner dringlichen Anforderung nach Verstärkung nicht entsprochen werden.
    Er hatte vor knapp zwei Tagen ihre bisher erlangten Ermittlungsergebnisse an seine Kollegen in Erlangen und Nürnberg weitergeleitet und um Unterstützung gebeten. Für besonders wichtig hielt er die Beschreibungen und Fotos ihrer drei Hauptverdächtigen, Oskar Beer, Kilian Krautwurst und Peter Kränzlein. Er wollte wissen, ob diese Personen bei den Ermittlungsarbeiten an den beiden Mordfällen Linda Roßmeisl und Melanie Fleischmann in irgendeiner Form in Erscheinung getreten waren. Vielleicht ließ sich eine Verbindung zwischen den drei Männern und den Verbrechen in Oberndorf und Lauf herstellen.
    Aufmerksam las er die zusammengestellten Berichte bezüglich seiner Anfrage. Dann nickte er zufrieden. Beim Datenabgleich hatten sich zwei hochinteressante Treffer ergeben.
     
    Kurz vor acht betrat die Polizistin Sieglinde Salome Silberhorn, auf einer Hand ein Tablett mit gefüllten Plastikbechern vom Kaffeeautomaten balancierend, in der anderen Hand eine Mappe mit wichtigen Notizen. Ihr Gesicht glänzte vor Anstrengung, die grüne Krawatte hing leicht schief und die braunen Haare standen aufgeregt in alle Richtungen. Ihr Kommissar wollte sie bei der

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