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Nachtgieger

Nachtgieger

Titel: Nachtgieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Maria Dries
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schmecken auch unterschiedlich.“
     
    Der beleibte Rentner aus Fürth, der sich soeben über sein drittes Gebäckstück hermachte, raunte seiner Frau, die den Verzehr eines vierten Küchlas zur Stärkung vor ihrer geplanten Wanderung nach Rödlas in Erwägung zog, zu: „Das Ohr an den Puls des einfachen, wackeren Landvolkes pressen, das lässt wahre Ursprünglichkeit erfahren, Muschi, nicht wahr?“
    Muschi nickte ergeben mit vollem Mund.
    Manuela Henneberger spähte aus der Küche. Alvina hatte ihr anscheinend gar nicht zugehört. Sie streichelte zärtlich ihren Bauch mit beiden Händen.
    „Hast du Bauchschmerzen, meine Liebe? Soll ich dir einen Birn bringen, selbst gebrannt und einsetzbar als Wunderwaffe gegen alle Beschwerden?“
    Alvina fuhr entsetzt hoch: „Keinen Alkohol, Manuela, ich bin doch schwanger, fast schon im dritten Monat.“
    „Du bist schwanger? Herzlichen Glückwunsch! Da wird sich die Messingschlagersippe aber über einen prächtigen Stammhalter freuen.“
    Alvina strahlte vor Glück. Dann flüsterte sie verschwörerisch: „Gogolores, es wird hundertprozentig ein Mädchen, Manuela. Die Hexe Helene hat es vorausgesagt. Und so wird es sein.“
    Das Rentnerehepaar am Ecktisch spitzte neugierig die Ohren. Eine leibhaftige Hexe gab es hier also auch. Was für ein sensationeller Gesprächsstoff für den Kartelstammtisch heute Abend.
    Muschi verlangte nach der Speisekarte. Nach den süßen Teilchen forderte ihr Körper ein salziges Häppchen.
    „Zwei Birn, Fräulein“, orderte ihr Gatte.
     
    Mandy Bergmann und Gerd Förster hatten um elf Uhr einen Termin in der kleinen Ortschaft bei den Nachbarn von Apollonia Vierheilig. Der vierjährige Junge, der den silbernen Knopf gefunden hatte, und seine Mutter erwarteten sie.
    Der Kleine besuchte deshalb heute nicht den Kindergarten. Er hätte einen Urlaubstag genommen wie die Erwachsenen, erklärte er den Kommissaren mit ernster Stimme, als sie das gepflegte Fachwerkhaus betraten.
    Seine Mutter, eine gut aussehende, schlanke junge Frau, begrüßte sie freundlich und aufgeschlossen: „Kommen Sie doch herein, ich habe frischen Kaffee gekocht, außerdem hat unsere hiesige Cafébesitzerin soeben frische, selbstgebackene Küchla vorbeigebracht, wenn Sie möchten.“
    Sie nahmen in der hellen, gemütlichen Wohnküche Platz, deren Fensterscheiben mit lustigen, aus Tonpapier ausgeschnittenen Bildern, geschmückt waren.
    Der kleine Maxi, Maximilian Stirnweiß, wie er sich formvollendet vorgestellt hatte, kletterte auf einen Stuhl und trank von seinem Kakao. Er zeigte mit seinem zarten, schokoladenverschmierten Finger auf die Fensterbilder und erklärte seinem Besuch stolz: „Die Märchenfiguren habe ich im Kindergarten selbst gebastelt, für meine Mama zum Muttertag, cool, oder?“
    Mandy war entzückt von dem reizenden kleinen Jungen und erwiderte lächelnd: „Total cool. Ist das da die Prinzessin auf der Erbse?“
    Maxi nickte eifrig: „Sie schlief auf siebenundzwanzig Kissen und spürte trotzdem die klitzekleine grüne Erbse, so dass sie nicht schlafen konnte. Da wusste jeder, dass sie tatsächlich eine Prinzessin war.“
    „Maxi hat sich extra fein gemacht für Ihren Besuch“, erzählte seine Mutter amüsiert. „Stundenlang hat er in seiner Kommode gewühlt, bis er die passende Kleidung gefunden hatte. Sein Zwerghase Fridolin hat auch mitgeholfen.“
    Mandy bewunderte die Aufmachung des kleinen Jungen. Er hatte sich für ein bretonisches Fischerhemd mit blauen und weißen Querstreifen entschieden, das er über seiner dunkelblauen Leinenhose trug. Kleine Anker bildeten ein Muster auf seinen weißen Söckchen. Auf seinen rötlichblonden Haaren saß dazu passend keck eine Fischermütze, ebenfalls gestreift. Aus dem schmalen Gesicht mit den runden Wangen strahlten große, rehbraune Augen über einer feinen Nase. Wenn er lachte, zeigten sich kleine, ebenmäßige Zähne mit Lücken dazwischen.
     
    Maxis Mutter holte den runden Knopf und überreichte ihn dem Kommissar, der ihn in ein Plastiktütchen steckte. Sie würden Fingerabdrücke nehmen müssen, um die von Frau Stirnweiß und ihrem Sohn auszuschließen.
    Er zeigte Maxi den Knopf und fragte: „Weißt du noch, wo du den schönen Knopf gefunden hast?“
    Maxi zeigte aus dem Fenster auf die weite Wiese, die sich bis zu den Buchen am Waldrand erstreckte.
    „Da draußen.“
    „Und weißt du noch wann?“
    Maxi dachte kurz angestrengt nach: „Nein, weiß ich nicht.“ Er hüpfte vom Stuhl und erklärte

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