Nachtgieger
heißt, dass es sich um eine Person handeln muss, die mit dem Umgang von Waffen sehr vertraut ist und sie häufig benutzt.“
„Ein dritter Mord in unserem Zuständigkeitsbereich“, flüsterte Mandy angespannt. „Innerhalb von acht Tagen. Und das in der beschaulichen, ruhigen Fränkischen Schweiz. Verflixt, das gibt es doch einfach nicht!“
Der Kommissar bat Sieglinde, die gestochen scharfen Aufnahmen des ermordeten Jungjägers Clemens Lämmerhirt und einige der Tatortfotos sowie die ersten relevanten Untersuchungsergebnisse an der Pinnwand zu befestigen. Die Polizistin folgte eifrig seiner Aufforderung und ließ ein wenig Abstand zu den Photographien des Opfers Apollonia Vierheilig. Viel Platz war nun nicht mehr auf dem Board.
Was den Mord an der alten Frau betraf, tappte das Team völlig im Dunkeln. Zeugen hatten sich keine gemeldet, Raubmord schied aus und ein anderes Motiv wollte sich ihnen nicht offenbaren. Bislang lag kein Hinweis vor, dass die grausamen Verbrechen etwas miteinander zu tun hatten.
Gerd Förster hegte in Bezug auf das bevorstehende Gespräch mit dem kleinen Jungen, der den silbernen Knopf mit dem Hirschkopf zwischen Grashalmen gefunden hatte, keine allzu großen Hoffnungen. Befragungen von Kindern in diesem zarten Alter erwiesen sich erfahrungsgemäß als schwierig bis aussichtslos.
Um seine Mannschaft moralisch aufzubauen, zog er die Ergebnisse des Datenabgleiches hervor, die er angefordert hatte und die sie eventuell weiterbringen konnten.
Gespannt blickten die anderen Teammitglieder ihn an.
Der Kommissar berichtete: Der Nachhilfelehrer Kilian Krautwurst musste Linda Roßmeisl gekannt haben. Die intensiven Nachforschungen der Kollegen aus Erlangen hatten ergeben, dass das Opfer vier Monate vor seinem Tod etwa drei Wochen in dem Paukstudio, in dem der Vorsitzende des Wasserradvereines nach wie vor tätig war, gejobbt hatte.
Nachdem die junge Frau Roßmeisl ihr Psychologiestudium hingeschmissen hatte, waren ihre Eltern – ein erfolgreicher Internist und eine ehemalige Krankenschwester –, in deren Burgbergvilla ihre verwöhnte Tochter ein schickes Appartement bewohnt hatte, stinksauer und drehten ihr kurzerhand den Geldhahn zu. Sie verlangten ultimativ von ihr, zumindest ein wenig zu ihrem Lebensunterhalt beizutragen.
Drei Wochen hatte sie durchgehalten, dann berief sie sich auf ihre massiven Essstörungen und verließ ihre Wohnung kaum noch. Sie verbrachte Tag und Nacht im Internet. Ihr besorgter Vater hielt sie für suchtgefährdet.
Ab und zu jedoch verschwand Linda Roßmeisl über das ganze Wochenende und verriet keiner Menschenseele etwas von ihren Plänen. Einigen Wochen vor ihrem Tod schien sie psychisch stabiler und bisweilen regelrecht euphorisch zu sein, so dass ihre Eltern ein wenig Hoffnung schöpften. Bis die Tochter auf dem Wasserrad gefunden wurde.
Sieglinde hatte hochinteressiert zugehört. Manche Menschen bekamen alles auf einem Silbertablett serviert und fanden dennoch kein Glück. Bei diesem Stichwort fiel ihr Hansi Horlamus ein. Sie hoffte beinahe stündlich auf die positiven Auswirkungen ihrer Aktion. Gut, vorher musste sie sowieso noch dringend zum Friseur.
Der Kommissar fuhr fort: Ein Zeuge konnte sich erinnern, Melanie Fleischmann etwa Mitte November letzten Jahres in einem feinen Restaurant in Lauf gesehen zu haben. Er war sich völlig sicher, weil er sie so attraktiv und lebensbejahend fand. Das war leider auch der Grund, warum er ihren Begleiter nicht besonders präzise beschreiben konnte. Über dessen Körpergröße konnte er weiter nichts berichten, weil der Mann an einem Tisch gesessen hatte. Aber er schilderte ihn als breit, kräftig und dunkelhaarig, mit ausgeprägten Gesichtszügen, zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt und seiner hübschen Begleiterin gegenüber sehr aufmerksam.
„Diese Personenbeschreibung erinnert mich ein bisschen an Oskar Beer“, unterbrach Kommissarin Bergmann ihn spontan.
Ihr Kollege nickte: „Mich auch, Mandy. Allerdings meinte der Zeuge, eine beginnende Glatze erkannt zu haben, war sich aber keineswegs sicher. Es könnte auch ein Lichtreflex gewesen sein. Er hatte eigentlich nur Augen für Melanie Fleischmann, die ihr Gegenüber ständig mit einem entwaffnenden Lächeln anstrahlte, auf ihn einredete und temperamentvoll mit ihren Essstäbchen gestikulierte. Es war ein vietnamesisches Restaurant.“
„Oskar Beer ist doch ein Feinschmecker, denkt nur an die Austern, die Kati Simmerlein verschmähte. Eine erlesene
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