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Nachtgieger

Nachtgieger

Titel: Nachtgieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Maria Dries
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Besprechung der Soko „Wasserrad“ wieder dabeihaben.
    Mandy Bergmann folgte gleich darauf mit Karl-Heinz von Hohenfels im Schlepptau, der ihr natürlich als Kavalier alter Schule höflich die Tür aufhielt. Der maßgeschneiderte, hellgraue Anzug saß perfekt und eine schwarze Fliege mit silbernen Punkten zierte seinen blütenweißen, gestärkten Hemdkragen. Der Kittel flatterte um seinen schlanken Körper. Er rief ein fröhliches „Guten Morgen!“ in die Runde, als sein Blick auf das beige Kantinentablett fiel: „Künstlicher Automatenkaffee, geschätzte Kollegin Sieglinde, wie barbarisch, aber ich weiß schon, die Zeit drängt.“
    Mandy drückte ihm schnell einen Becher mit schwarzem Kaffee in die Hand und lobte Sieglinde gleichzeitig, dass sie an die Getränke gedacht hatte. Daraufhin schwächte sich die flammende Röte im Gesicht der Polizistin ab.
    Die Kommissarin nahm neben Karl-Heinz Platz und sortierte ihre Unterlagen. Ihren dicken Notizblock legte sie vor sich auf die Tischplatte. Sie wirkte erschöpft und hatte heute Morgen keine Zeit für ihr Styling aufgewendet. Sie mussten die Aufklärung der zunehmend komplizierten Fälle zügig vorantreiben.
    Mandy war in ihre ausgeblichenen Lieblingsjeans geschlüpft und hatte sich einen burgunderroten, leichten Pullover mit V-Ausschnitt über den Kopf gezogen. Nur auf ihren Lippenstift hatte sie nicht verzichten wollen, der in der gleichen Farbnuance wie der Pulli schimmerte. Die schwarzen Haare lagen brav gescheitelt eng an ihrem Kopf an. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, dass Carlo gerade diesen lässigen, burschikosen Kleidungsstil an seiner Kollegin fantastisch fand.
    Gerd Förster bat den Gerichtsmediziner, die Ergebnisse der Autopsie zu präsentieren, und griff nach seinem Becher.
    „Nun, Clemens Lämmerhirt ist an dem Einschuss gestorben. Die Kugel drang seitlich an der rechten Schläfe in sein Gehirn und zerfetzte es. Er war augenblicklich tot. Ansonsten erfreute er sich bester Gesundheit. Aber ich habe ein gewisses Problem mit dem Einschusswinkel, er überzeugt mich nicht. Passt auf, ich demonstriere euch, was ich meine.“
    Er sprang auf und griff sich den dünnen Zeigestab, der an der ausladenden Pinnwand lehnte, an die sie die Fotos der Opfer und der Tatorte sowie relevante Informationen geheftet hatten.
    „Seht her, der Stab hat ungefähr die Länge der Waffe.“
    Er versuchte, den Stock waagrecht an seine rechte Schläfe zu halten und wackelte leicht damit. „Es ist gar nicht so einfach, selbst ein Gewehr im 90-Grad-Winkel gerade an die Schläfe zu halten und abzudrücken. So müsste sich der Selbstmord jedoch abgespielt haben, wenn man den exakten Einschusswinkel berücksichtigt.“ Er drückte den imaginären Hebel und schoss. „Wie gesagt, ich muss bezüglich des Hergangs des Geschehens in jener Nacht erhebliche Zweifel anmelden.“
    Gerd Förster beobachtete aufmerksam die Demonstration. „Die Mutter von Clemens Lämmerhirt sagte gestern Abend aus, dass ihr Sohn Linkshänder sei.“
    „Linkshänder?“ Der Gerichtsmediziner überlegte: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Linkshänder sich in die rechte Schläfe schießt. Dafür müsste man schon beinahe über akrobatische Fähigkeiten verfügen. Es wäre ihm doch viel leichter gefallen, die Waffe mit der linken Hand zu bedienen.“
    Sie sahen sich ratlos an. Der Kommissar blätterte langsam und konzentriert in der Akte, die den Untersuchungsbericht der Kriminaltechnik enthielt.
    „Es befanden sich nur die Fingerabdrücke des Opfers auf dem Gewehr, und der Schuss wurde definitiv aus dieser Waffe abgegeben. Sie ist absolut korrekt unter dem Namen Clemens Lämmerhirt registriert, als Jagdgewehr. Kaliber 6,5.“
    Dann stutzte er: „Die Waffe war gesichert. Der junge Jagdgehilfe hat demnach sein Gewehr entsichert, sich auf der falschen Seite in den Kopf geschossen, dann hat er es wieder gesichert und vom Hochsitz fallen lassen.“
    „Völlig ausgeschlossen“, entgegnete Karl-Heinz.
    Mandy dachte nach: „Warum hat der Mörder das Gewehr gesichert, wenn er doch einen Selbstmord vortäuschen wollte? Wie konnte ihm ein so kapitaler Fehler unterlaufen, und warum hat er die falsche Seite am Kopf gewählt?“
    Gerd Förster antwortete mit absoluter Gewissheit: „Er wusste nicht, dass Clemens Lämmerhirt Linkshänder war. Und er hat die Waffe deshalb gesichert, weil ihm diese Handlung in Fleisch und Blut übergegangen war. Er macht das automatisch nach dem Schießen, immer. Das

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