Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
er stattdessen an. »Es wäre schön, wenn wir diese unerfreuliche Angelegenheit, wegen der wir dich hierhergebeten
haben, nun möglichst rasch beheben könnten. Wie sieht es aus, Adam?«
»Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er diese Aufgabe wirklich in so kurzer Zeit zu unserer Zufriedenheit gelöst haben soll!«
Rischka trat mit ein paar schnellen Schritten auf Adam zu, die Hände angriffslustig in die Hüften gestemmt. Langsam richtete Adam sich auf, und in diesem Moment hätte Anders viel dafür gegeben, seinen Gesichtsausdruck sehen zu können. Rischka wich nämlich zurück, wobei sie eine Hand um ihre Kehle legte. Dann hielt sie abrupt inne, und der Stolz kehrte auf ihre Züge zurück.
»Du solltest dir wirklich gut überlegen, was du uns hier so ruckzuck als Ergebnis präsentieren möchtest«, fuhr sie mit zittriger Stimme fort. »Zumindest wäre es eine große Überraschung, denn die Lösung, die ich von dir erwarte, liegt keineswegs offen auf der Hand. Pfuscharbeit werde ich dir nicht durchgehen lassen, sondern …«
Endlich drehte Adam sich um. Die graue Farbe seines Gesichtes verriet, dass er unter einer enormen Anspannung stand. Ein leichter Schauer breitete sich über Anders’ Nacken aus. Auch wenn er Adam keineswegs zu fürchten brauchte, unterschätzte er nicht die Gefahr, die von diesem Mann ausging.
»Du solltest besser aufpassen, was du sagst«, forderte Adam Rischka auf. »Du bist weder meine Herrin noch meine Auftraggeberin - und du willst ganz bestimmt auch nicht meine Feindin sein. Wenn ich jetzt hierhergekommen bin, um Anders zu sagen, wer hinter den Morden auf dieser Liste steckt, dann weiß ich es auch ganz genau. Oder hegst du daran etwa Zweifel?«
»Nein«, erwiderte Rischka kaum hörbar. »Es geht hierbei aber nicht nur um diese läppische Liste.«
Einen Augenblick lang glaubte Anders, dass sie weitersprechen würde, und es hätte ihn durchaus interessiert, worum es
dabei wohl gegangen wäre. Doch sie verstummte und verließ den Raum. Adam scherte sich nicht darum, sondern kam zu ihm hinüber. Die ganze Angriffslust, die eben noch in ihm gelodert hatte, war verflogen. Zurückgeblieben war ein erschöpfter Mann, der sich ungeniert die Augen rieb.
»Eigentlich ist Rischkas Reaktion ja auch kein Wunder, da ich doch vor gerade mal zwölf Stunden behauptet habe, das Ganze gestalte sich schwieriger als erwartet. Wenn ich den Spuren nachgegangen wäre, hätte es sicherlich auch noch einige Zeit in Anspruch genommen, aber es hat sich ein viel direkterer Weg aufgetan. Zuerst habe ich das Muster nicht erkannt, das hinter den Opfern stand, weil sie alle so unterschiedlich waren. Alter, Geschlecht, Rasse - das ging genauso kreuz und quer durcheinander wie die Tötungsweisen. Der einzige gemeinsame Nenner bestand in dem Fakt, dass die Leichen alle blutleer waren. Aber dann ist mir ein zweiter gemeinsamer Nenner aufgefallen.«
»Sieh an, dann hast du das Ganze also durch reine Kopfarbeit gelöst. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut.«
Einen Moment zu spät registrierte Anders, dass seine Äußerung nicht nur beleidigend war, sondern auch viel darüber verriet, wie er Adam eigentlich einschätzte: nämlich gering. Eine instinktgeleitete Kreatur, die nicht in der Lage war, die gefundenen Spuren einem Puzzle gleich zusammenzusetzen. Nun, jetzt ließ es sich nicht mehr zurücknehmen, also begnügte er sich mit einem entschuldigenden Lächeln, das Adam jedoch genauso wenig zu kümmern schien wie alles andere auch.
»Der zweite Nenner war die Kunstfertigkeit, mit der die Opfer ausgeblutet wurden. Jemand hat dem Dämon nicht einfach Blut dargebracht, sondern den Opfern mit jedem vergossenen Tropfen auch das Leben geraubt. Der Dämon will nicht einfach Blut, er will Leben und alles, was damit zusammenhängt: Angst, Wut, Verlangen … Ich kenne nur einen von unserer Art, dessen Gabe genau auf diese Art der Opferung zielt.«
Anders zog fragend die Brauen hoch. »Erwartest du etwa, dass ich zu guter Letzt auch noch von selbst draufkomme?«
»Obwohl du den Wald vor lauter Bäumen nicht siehst? Nein, das erwarte ich nicht von dir.« Die Retourkutsche kam schnell, aber Adam schien keine rechte Freude daran zu haben. Mit einer fahrigen Geste wischte er sich das Haar aus der Stirn, das eindeutig zu lang war für den gegenwärtigen Geschmack. Jemand sollte ihn wirklich einmal darauf hinweisen, dachte Anders, ehe Adam den Faden wieder aufnahm.
»Machen wir es kurz:Wenn du willst,
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