Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
dass diese Opferungen ein Ende haben, solltest du nach Lakas suchen. Der mag zwar vorgegeben haben, die Stadt verlassen zu haben, aber in Wirklichkeit ist er geblieben, um sich an dir dafür zu rächen, dass du ihm Rischka genommen hast. Ich habe ein wenig gebraucht, um zu verstehen, dass nur er es sein kann, weil seine Künste früher noch nicht wirklich gereift waren. Ich vermute, es lag an seiner Schwester Truss, die zu dominant war und sich mit ihrem Verlangen zu töten gegen ihn durchgesetzt hat, so dass die Opferungen keinem Ritual, sondern einem Gemetzel gleichkamen. Das hat sich in dem Moment geändert, als er das erste Mal ganz auf sich allein gestellt war.«
»Und da täuschst du dich nicht?«
Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde Adam auf der Stelle kehrtmachen und gehen, weil er einfach nicht mehr die Kraft für Erklärungen aufbrachte. »Ich habe mir eins der Blutopfer angesehen: Es haftete kein Geruch an ihm, der auf den Mörder hinwies. Allerdings hinterlässt ein jeder von uns einen bestimmten Geruch … alle, bis auf einen. Lakas.«
Anders japste vor Verwunderung, doch Adam scherte sich nicht darum.
»Du brauchst Lakas also nur zu finden, dann kettest du ihn am besten an ein Gewicht und wirfst ihn irgendwo vor der Küste ins Wasser. Die unkomplizierteste Art, einen von uns loszuwerden
- zumindest für eine Zeit lang. Normalerweise würde ich dir nur allzu gern anbieten, die Angelegenheit zu übernehmen, aber ich will noch den letzten Flug in Richtung Ostküste nehmen.«
»Lakas also, das wird Rischka sehr betrüben.« Anders’ Verstand arbeitete auf Hochtouren, während er aus dem eben Gehörten seine Schlüsse zu ziehen versuchte. Eine Sache erregte besonders sein Interesse. »Warum diese sofortige Abreise, obwohl du doch gerade erst einen Sieg errungen hast? Rischka hat zwar nichts gesagt, aber sie hofft gewiss, dass du noch eine Weile bleibst. Ich dachte, Los Angeles gefällt dir.«
»Das stimmt, aber deine Dienerin gefällt mir auch. Etwas zu gut, wenn du verstehst. Mein Dämon teilt nämlich nicht gern.«
»Aha, daher weht der Wind.« Anders stand vom Sofa auf und stellte sich mit einem breiten Grinsen direkt vor Adam. »Das erklärt einiges, besonders den Wunsch nach Unterstützung durch Esther, obwohl du doch dafür bekannt bist, höchstens den Tod persönlich an deiner Seite zu akzeptieren.Verrätst du mir, was dich mehr an Esther angezogen hat: ihre kühle Fassade, hinter der ein Feuer lodert, oder ihre Zerbrechlichkeit? Manche Männer mögen ja Frauen, die voller unsichtbarer Narben sind. Entweder um ihnen weitere zuzufügen oder um sie zu beschützen. Ich könnte nicht sagen, zu welcher Sorte Mann du gehörst.« Zu seiner Enttäuschung schwieg Adam, das Gesicht eine einzige ausdruckslose Maske. Anders beschloss, ihn noch ein bisschen mehr zu reizen. »Wenn du dir Sorgen darum machst, was du Esther antun könntest, kann ich dich beruhigen. Denn wenn der Dämon, dank meiner Gabe, erst einmal das Ruder bei dir übernommen hat, wirst du keinen Gedanken mehr an sie verschwenden. Esther interessiert ihn nicht im Geringsten, das weiß ich besser als jeder andere.«
Anders wollte dem erstarrt dastehenden Mann beruhigend auf die Schulter klopfen, doch der wich mit einer erstaunlichen
Geschmeidigkeit aus. Plötzlich war Adams Blick, eben noch stumpf, angefüllt mit Argwohn und einer Spur Kampfeslust. Offensichtlich sagte ihm die Aussicht, bald vollkommen mit seinem Dämon vereint zu sein, nicht sonderlich zu.
Damit hatte Anders durchaus gerechnet, denn so weit konnte er sein Gegenüber bereits einschätzen: Selbst wenn man Adam etwas schenken wollte, stieß man auf Ablehnung. Allerdings handelte es sich einzig und allein um die Ablehnung des Menschen, der unverständlicherweise in diesem Tempel haften geblieben war und ihn mit seiner Anwesenheit entweihte. Der Herr des Hauses dagegen sehnte sich nach Anders’ Berührung, das konnte er mit jeder Faser spüren. Offensichtlich hatte er nicht nur Adams Intelligenz, sondern auch seinen Willen unterschätzt, denn jeder andere von ihrer Art hätte schon um seine Berührung bittend auf den Knien gelegen. Niemand konnte sich der Macht seiner Gabe entziehen. Niemand durfte sich entziehen.
Nachdenklich begann Anders, die Zigarettenschachtel in seiner Hand zu drehen. »Lass mich dir eine Frage stellen: Als ich den Dämon in dir gestärkt habe, ist das für dich nicht wie eine Befeiung gewesen?«
»Eher eine Art Tod.«
»Wenn ich Rischka
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