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Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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ein Rest von ihm existierte.
    »Wie kann nur irgendjemand diesen Zustand freiwillig ertragen?«, fragte er mit rauer, kaum hörbarer Stimme.
    »Aber, aber, mein Guter. Sie ziehen voreilige Schlüsse.« Carrière streckte die Hand aus, als wolle er ihm aufmunternd die Schulter tätscheln, besann sich im letzten Augenblick eines Besseren und strich sich stattdessen das Haar aus der hohen Stirn. »Im Moment sehen Sie nur die dunkle Seite unseres Daseins.
Als ich den Dämon empfangen habe, war ich wochenlang euphorisch, obwohl er auch meine Menschlichkeit nicht gänzlich ausgeräumt hat. Unsterblichkeit, unberührbar für Krankheiten und Alter. Fast ein wenig gottgleich. Lassen Sie mich den Dämon also erst etwas ausführlicher beschreiben, ehe Sie Ihr Urteil fällen. Der Dämon ist nicht nur unser Beherrscher, er ist auch ein Geschenk, das nur wenige Sterbliche annehmen können. Denn die meisten Körper sind zu schwach, um den Einzug des Dämons zu überstehen. Sie werden von der Wucht des Eindringlings zerrissen, verbrennen, wenn er ihren Leib mit Feuer von der Sterblichkeit reinwäscht, zerfallen, bevor er sie gegen jeden Schaden immun macht. Doch wenn die Vereinigung funktioniert, büßen Sie nur ein Stück Ihrer Menschlichkeit ein und erhalten dafür Unsterblichkeit - nun sagen Sie mir noch einmal, dass das ein schlechter Handel ist.«
    »Der Handel klingt zu gut, um wahr zu sein - einmal davon abgesehen, dass der Dämon mir nicht meine Menschlichkeit, sondern meine gesamte Vergangenheit geraubt hat.« Adam ließ seine Fingergelenke knacken, während er nachdachte. Schließlich richtete er sich auf dem Stuhl auf und nahm Carrière ins Visier. »Wo ist der Haken?«, fragte Adam, während sich eine Eiseskälte in ihm ausbreitete.
    »Den haben Sie also noch nicht entdeckt, trotz des Zustands, in dem ich Sie gestern aufgefunden habe - blutbeschmiert. Hören Sie es denn nicht, diese diffuse Einflüsterung, das Sehnen und Zerren, dort, wo früher Ihre Seele gehaust hat? Es ist der Kern des Dämons, der uns die Menschen zu Fremden macht.Wir sind nicht länger ihresgleichen, auch wenn wir unerkannt unter ihnen leben.«
    Unter Carrières Wangenknochen gruben sich tiefe Schatten ein. Mit der Hand deutete er auf das lebhafte Publikum des Cafés, als beobachte er nur ein Theaterstück und nicht das lebendige Treiben von Menschen.

    Zum ersten Mal erkannte Adam, warum Carrière von einer Verwandtschaft zwischen ihnen beiden gesprochen hatte: Sie waren vom selben Stamm, ein Fremdkörper inmitten dieses Bienenschwarms. Ohne ersichtlichen Grund umkreisten die Gäste ihren Tisch, doch keiner verweilte oder setzte sich gar an einen der Nachbartische. Sie hielten Abstand und würden ihn beibehalten, bis sie aufgefordert wurden, heranzutreten. Eine unsichtbare Barriere, die die Gäste vermutlich mit einem Lächeln auf dem Gesicht durchschritten hätten, sobald es ihnen erlaubt wurde.
    »Sie spüren es ebenfalls, nicht wahr?«, sagte Carrière in einem verschwörerischen Ton. »Auch ohne dass es Ihnen jemand erklärt hat, denn es liegt in Ihrer Natur. Wir können sie zu uns rufen. Es ist Teil des Geschenks, allerdings ist es nicht ohne Hintergedanken.«
    Adam nickte widerwillig. »Der Dämon, er erwartet einen Ausgleich für sein Geschenk. Er fordert ihn unablässig, wie ein nicht enden wollendes Wispern in jeder Ecke und jedem Winkel meines Seins.«
    »Ja, so ist es. Dieses Wispern höre auch ich. Allerdings wäre es ehrlicher, von einem Opfer zu reden als von einem Ausgleich .« Bei dem Wort Opfer stieß Adam ein angewidertes Geräusch aus, aber Carrière nahm darauf keinerlei Rücksicht. »Natürlich kann man über diese verlangte Opfergabe streiten, dazu bin ich durchaus bereit. Aber das ändert nichts an der Wahrheit: Der Dämon ist unsere Gottheit, und wir sind Tempel und Diener, einzig und allein dazu bestimmt, ihm zu opfern.«
    »Menschenleben zu opfern«, raunte Adam, die Hände so fest in die Tischplatte gekrallt, dass ein leises Knarren zu hören war. Vor seinem geistigen Auge tauchte der schlagende Puls der jungen Frau in der Rue Mouffetard auf, ein Bild von einer überwältigenden Schönheit. Ein Bild, das in ihm das Verlangen hervorgerufen hatte, ihm die Lebenskraft zu rauben, es zu
zerstören. Noch etwas anderes fiel ihm ein: die Erregung der Stimme, als sie ihn zu dem jungen Schläger Yves hinlocken wollte, damit er ihn für sie in Besitz nahm. Oder als der Dämon sich dem Anblick des Blutes hingab, das aus Adams

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