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Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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nicht verwirren. Erzählen Sie mir bitte zuerst Ihre Geschichte, vielleicht macht es das leichter.«
    Adam lehnte sich im Stuhl zurück, während seine Finger wie von selbst nach einem Silberlöffel griffen und mit ihm herumzuspielen begannen. »Ich bin in der vorletzten Morgendämmerung in einer Gasse zu mir gekommen, das Hemd voller Blut, aber ohne eine einzige Verletzung am Leib.Allerdings auch ohne jegliche Erinnerung, weder an das, was geschehen ist, noch an den Mann, der ich zuvor gewesen bin.«
    »Aber Sie sagten mir doch Ihren Namen: Adam.«
    »Ja, das ist mein Name, auch wenn die Stimme behauptet, sie hätte ihn mir gegeben.«
    Carrière nickte langsam. »Sie erwähnten diese Stimme bereits. Ihre Existenz gibt mir, ehrlich gesagt, ein Rätsel auf. Ein Wispern oder ein fernes Rauschen, davon habe ich gehört. Ich kenne jedoch keinen von uns, dessen Dämon mit einer eigenen Stimme redet. Aber darum werden wir uns später kümmern. Nun möchte ich Ihnen zunächst einmal nahebringen, was Ihnen in der Gasse zugestoßen ist - zumindest so, wie ich es mir erklären kann. Jemand hat Sie in dieser riesigen Stadt aufgespürt und in Ihnen besondere Eigenschaften erkannt. Ich vermute,
dass das Triumphgefühl für unseren unbekannten Freund spektakulär gewesen ist und deshalb keine Zeit für Erklärungen blieb. Sie wurden überwältigt, Adam. Aber nicht auf die Weise, die Ihnen vorschwebt. Kein Überfall und auch kein Kampf. Sie haben nach dem Erwachen nur fremdes Blut und keine Wunde an Ihrem Körper ausmachen können, weil Ihnen keine einzige Wunde zugefügt worden ist. Wer auch immer mit Ihnen in dieser Gasse gewesen ist …«
    »Es war ein Mann. Ich habe sein Einstecktuch gefunden. Es war eindeutig ein Mann, der mich überfallen hat.«
    Carrières Mund verzog sich kurz. »Nun ja, überfallen ist, um es noch einmal zu betonen, nicht der richtige Ausdruck. Ihnen wurde eher ein Geschenk gemacht, angefangen mit einem Kuss.«
    Adam stand mit solchem Schwung auf, dass der Stuhl beinahe nach hinten umkippte. Am liebsten hätte er Carrière am Revers gepackt und den zierlichen Mann durchgeschüttelt. Was fiel ihm ein, ihn in seiner Misslage zu verspotten!
    Da durchzuckte ihn ein Schmerz, der von seiner Wirbelsäule Stromstöße bis zu seinen Zehen hinabjagte. Augenblicklich sank er auf den Stuhl zurück.
    Was bist du nur für ein elender Sturkopf, zischte die Stimme ihn an. Du wirst jetzt zuhören, oder ich werde dafür sorgen, dass deine Nervenbahnen zu brennen anfangen. Dein Körper ist zwar unzerstörbar, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich ihm keine Schmerzen zufügen kann. Hast du mich verstanden?
    »Ja«, flüsterte Adam.
    Während er sich den kalten Schweiß von der Stirn wischte, blickte Carrière ihn erstaunt an. »Was ist passiert? Sie sahen eben so aus, als habe man Sie …«, setzte er an, doch Adam bedeutete ihm mit der Hand, fortzufahren.
    Zunächst zögerte Carrière, dann räusperte er sich. »Vielleicht sollten wir über den Kuss des Dämons ein anderes Mal
reden, wenn Ihnen diese Vorstellung im Moment noch zu sehr zu schaffen macht.« Mit dem Finger fuhr er unter seinen Kragen und lockerte ihn. Offensichtlich fiel es ihm nach dem Zwischenfall schwer, den Faden wieder aufzunehmen. Bald jedoch redete er so leicht dahin, als hielte er seinen Lieblingsvortrag.
    »Nun gut. Auch wenn es eine wohl verborgene Wahrheit ist, Dämonen existieren und sie wandeln unter uns. Nicht in einer eigenen Gestalt, das bleibt ihnen verwehrt. Aber sie erwählen Menschen, deren Körper dafür geeignet sind, sie zu beherbergen. Ich sage bewusst Körper, denn auf unseren Geist, also das, was unsere Persönlichkeit ausmacht, legt der Dämon wenig Wert.Wenn es ihm möglich ist, verdrängt er unseren Geist. Mit den Überbleibseln verschmilzt er so sehr, dass kaum noch gesagt werden kann, welcher Anteil Mensch ist und welcher Dämon. Das ist auch überflüssig, denn in der Regel sind wir willige Diener. Nur auf Sie scheint das nicht zuzutreffen.«
    Als Carrière innehielt, um diese Botschaft wirken zu lassen, schloss Adam die Augen und hörte in sich hinein. Sein Gegenüber hatte Recht: Er war versklavt worden, auch wenn die Stimme gerade schwieg. Er wusste es einfach, hatte es vom ersten Moment an gewusst, als er zu sich gekommen war. Er war ein Sklave, der nicht länger Herr über seinen Willen und seinen Körper war.Adam wusste allerdings noch etwas anderes: Er würde niemals ein ergebener Sklave sein, nicht, solange noch

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