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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Jack an. »Du weißt, daß ich dich gewarnt habe, mich nicht anzulügen.«
    »Und?«
    »Und der Kerl da unten hat mir die Augen geöffnet. Jetzt weiß ich, in was für einer Beziehung du zu meiner Schwägerin stehst.«
    Anna gestikulierte zornig: »Ich bin nicht Ihre Schwägerin, Sie Schwein!«
    »Hoppla, hoppla! Was war denn das?« Lachend ahmte er ihre Handzeichen nach. »Was hat sie gesagt?«
    »Ich kann die Gebärdensprache nicht« antwortete Jack.
    Herbold verzog skeptisch seine Lippen, aber dann zuckte er gleichgültig die Achseln. »Ist ja auch egal. Ich seh ihr ja an, was sie gesagt hat.«
    Dieser Ausbund von Gemeinheit machte sich auch noch über sie lustig. Es erbitterte sie, daß er sie nachäffte, wie früher die grausamen Kinder in der Schule. Aber wenn sie ihrer Wut in der Gebärdensprache Ausdruck verliehe, würde sie ihm nur zusätzliche Munition liefern, sie zu verspotten.
    Er sprach wieder mit Jack. »Du hast gelogen, um die Frau und den Kleinen zu schützen. Rührend. Echt rührend!«
    »Tun Sie mit mir, was Sie wollen«, wiederholte Jack. »Ich werd mich nicht mal wehren, wenn Sie die beiden dafür gehen lassen.«
    »Nein!« Anna sprang auf und wollte zu Jack laufen. Herbold packte sie am Arm und zerrte sie brutal zurück.
    »Hey, wo willst du denn hin? Wenn du so scharf auf einen Kerl bist, bitte sehr, nimm mich!« Und er zog sie eng an sich. Sie zuckte nicht zurück, starrte ihm nur mit eisiger Verachtung ins Gesicht.
    »Würd mich mal interessieren, was an dir so toll ist. Der eine rennt dir praktisch die Haustür ein, der andere will sich sogar für dich umlegen lassen. Du bist wahrscheinlich so heiß wie ’ne läufige Hündin. Drum hecheln sie dir hinterher.«
    Er sah ihr scharf in die Augen. »Kannst du verstehen, was ich sag? Du kannst doch von den Lippen lesen, oder, Schätzchen?«
    Ihre Miene blieb steinern.
    »Na, das verstehst du bestimmt.« Er fuhr ihr grapschend über die Brust und griff ihr zwischen die Beine. Instinktiv drückte sie die Schenkel zusammen und schlug ihm auf die Hand. Er lachte nur. Seine verzerrte Visage sah obszön aus.
    Sie spürte seinen Atem in ihrem Gesicht, aber sie gab ihm nicht die Genugtuung, sich abzuwenden, nicht einmal, als er seine Finger unter seine Nase hob und an ihnen schnüffelte. Er zwinkerte anzüglich. »Gut.«
    Anna hörte Jack nicht kommen, aber sie spürte seine Nähe einen Herzschlag lang, bevor er sich auf Herbold stürzte, der ihm den Pistolenkolben an die Schläfe schlug. Jack brach zusammen. Sie kauerte neben ihm nieder. Er hatte eine fünf Zentimeter lange Platzwunde am Kopf, die stark blutete. David begann wieder zu weinen.
    Trotz seiner Schmerzen zog Jack David zu sich und versuchte, ihn zu beruhigen. Aber während er auf David einsprach und seinen Kopf streichelte, sah er immer nur sie an. Nie hatte sie ein Lächeln gesehen, das so zärtlich war, so traurig. Es war, als sähe Jack sein ganzes Leben in diesem einen Moment zusammengefaßt – als hätte er sich damit abgefunden, daß dies die letzten Sekunden vor seinem Ende waren –, genau wie von ihm erwartet. Die Vergeblichkeit, die in diesem Lächeln lag, brach ihr fast das Herz.
    Sie wünschte, sie könnte ihm Hoffnung machen – könnte glauben, daß alles gut werden würde. Aber da das nicht möglich war, legte sie ihm nur die Fingerspitzen auf die Lippen, und er hauchte lautlos: »Ich liebe dich« – wie er das heute morgen getan hatte – in einem anderen Leben.
    Herbold schlug ihre Hand weg und riß sie in die Höhe. »Es fällt mir ja schwer, diese rührende Szene zu stören, ehrlich, aber ich bin nur aus einem Grund hierhergekommen – um mich an meinem alten Stiefvater zu rächen.«
    »Da sind Sie zu spät gekommen«, keuchte Jack.
    »Um ihn verrecken zu sehen, ja. Aber das heißt noch lange nicht, daß ich mich nicht trotzdem schadlos halten werde. Wenn mir schon Delray entwischt ist, muß ich mich eben mit denen begnügen, die noch da sind.«
    »Wenn Sie hergekommen sind, um uns zu töten, warum haben sie es dann nicht längst getan?«
    »Bist du so erpicht drauf zu sterben, Mann?«
    »Nur neugierig.«
    Herbold zuckte die Achseln. »Okay, das verstehe ich direkt. Aber ich möcht’s gern genießen, kapiert? Über zwanzig Jahre lang hab ich im Knast auf diesen Tag gewartet, und jetzt will ich was davon haben. Genau wie bei Cecil. Der war so ein gottverdammter Feigling, daß er einen qualvollen Tod verdient hatte. Und den hat er gekriegt. Verdammtes Pech, daß ich

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