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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Fahrzeug zum Halten kam, war ihm der Schreck in alle Glieder gefahren. Albinoaugen hatten ihn angestarrt, farblos und rot umrandet. Und das blutleere Gesicht unter dem krausen weißen Haar – wie ein Spuk aus der Geisterbahn. So etwas Gruseliges hatte er nie zuvor gesehen.
    Zur Hölle mit den guten Vorsätzen und Public Relations! Selbst wenn das Gespenst ein Bankkunde war – was er nicht glaubte; wer würde eine solche Fratze je vergessen? –, konnte ihn keine Macht der Welt mehr zum Bleiben bewegen. Mit Vollgas war er davongejagt und hatte den Fuß erst vom Pedal genommen, als er das Tor zur Corbett-Ranch erreichte.
    Bevor er ausstieg, glättete er sein Haar und übte vor dem Rückspiegel sein Lächeln. Haus und Hof schienen unnatürlich still. Nirgends war ein Mensch zu sehen. Nichts rührte sich. Als Emory die Treppe zur vorderen Veranda hinaufstieg, vermerkte er mit Unwillen, daß das Objekt, das der Bank als Sicherheit für den gewährten Kredit diente, bei dem Sturm einigen Schaden genommen hatte. Vor allem das Stallgebäude sah übel aus. Das Haus selbst jedoch schien, abgesehen von einem zerbrochenen Fenster, glimpflich davongekommen zu sein.
    Gerade wollte er läuten, als ihm einfiel, daß hier draußen wahrscheinlich auch der Strom ausgefallen war. Er klopfte
also dreimal nachdrücklich an die Tür. Sie wurde augenblicklich geöffnet, und ausgerechnet von dem Mann, den er nicht riechen konnte.
    »Was haben Sie hier zu suchen, Lomax?« schnauzte der Cowboy unverschämt.
    »Es geht Sie zwar nichts an, aber ich möchte zu Mrs. Corbett. Würden Sie sie bitte holen?«
    »Sie ist jetzt nicht zu sprechen.«
    »Was soll das heißen, sie ist nicht zu sprechen?«
    »Das heißt, daß sie nicht zu sprechen ist. Ich werd ihr ausrichten, daß Sie hier waren.«
    Die Frechheit dieses Menschen war wohl kaum zu überbieten. Er hatte nicht einmal den Anstand, ihm ins Gesicht zu sehen, sondern schaute einfach an ihm vorbei in den Hof, als suchte er etwas.
    »Wiedersehen!«
    Er wollte die Tür zumachen, aber Emory trat einen Schritt vor und stemmte die Hand dagegen. »Hören Sie mal, Jack«, forderte er herrisch, »Sie werden jetzt Mrs. Corbett herholen!«
    »Sie kann Sie im Moment nicht sprechen. Und sie will es auch gar nicht.«
    Aufgebracht fragte Emory: »Woher wissen Sie denn, was sie will und was nicht? Ich finde, das sollte sie mir schon selbst sagen.«
    »Ich sag’s für sie. Und jetzt hauen Sie ab!«
    Der Kerl wollte ihn verjagen wie einen streunenden Hund. Aber das ließ Emory sich nicht gefallen. »Was bilden Sie sich ein, in diesem Ton mit mir zu reden!«
    »Hören Sie, Lomax, wir können uns ja gelegentlich mal auf ein Bier zusammensetzen – dann erklär ich Ihnen genau, warum Sie für mich ein Arschloch sind. Aber das ist nicht der Grund, warum ich Ihnen rate zu gehen. Ich rate es Ihnen, weil es in Ihrem eigenen Interesse liegt.«
    »Ach was?«
    »Glauben Sie mir.«
    »O nein, keineswegs. In Ihrem Interesse liegt es, daß ich gehe.«
    »Okay. Und Mrs. Corbett möchte es auch.«
    »Mrs. Corbett!« äffte Emory ihn spöttisch nach. »Wie förmlich! Und wie heuchlerisch. Jeder am Ort weiß doch, was hier draußen läuft. Kaum war der Alte tot, da sind Sie in die Bresche gesprungen. Haben Sie wenigstens die Laken gewechselt, bevor Sie mit ihr …«
    »Halten Sie den Mund!«
    »Sonst passiert was?«
    »Gehen Sie einfach.«
    »Erst wenn ich mit Mrs. Corbett gesprochen habe.« Er versuchte, den Mann wegzustoßen, aber es gelang ihm nicht. »Ich komme jetzt rein.«
    »Das tun Sie nicht!«
    »Sie können machen, was Sie wollen, ich komme rein.« Emory war es leid, von Anna Corbett und ihrem Ranchhelfer wie ein Dummkopf behandelt zu werden. So etwas brauchte er sich nicht bieten zu lassen. Wenn sie sich nicht zu gut war, mit Kerlen wie diesem Viehhirten zu schlafen, konnte sie auch nicht erwarten, mit Samthandschuhen angefaßt zu werden.
    Schluß mit der Süßholzraspelei! Er ließ sich doch nicht für blöd verkaufen. Ein Mr. Lomax würde zurückschlagen, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste: erstens ihr den Kredit kündigen, zweitens ihr den Hof wegnehmen, ihn Connaught überreichen und der Held des Tages werden!
    Dieser affigen Ziege würde er es schon zeigen.
    Das alles wollte er ihr ins Gesicht sagen, solange er noch richtig in Fahrt war. Er würde sich ihr schon verständlich machen, da konnte sie so taub sein, wie sie wollte.
    Aber erst mußte er an diesem Typen vorbei. Noch einmal versuchte er, den Cowboy

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