Nachtglut: Roman (German Edition)
Bibelforschungsgruppe für Singles. Ich weiß nicht, ob sie noch existiert – aber Sie könnten sich ja mal erkundigen.«
»Na, so fertig bin ich nun auch wieder nicht!«
Delray lachte, aber es kam nicht von Herzen, und Sawyer merkte offenbar, daß ihn etwas umtrieb. Er fragte: »Macht Ihnen irgendwas Sorgen, Delray?«
Sawyer hatte ihn gleich vom ersten Tag an beim Vornamen genannt. Er hatte keinen Anlaß gesehen, eine Staatsaffäre daraus zu machen. »Warum fragen Sie?«
Sawyer zuckte die Achseln. »Ich habe so den Eindruck.«
Scharfes Gespür, dachte Delray. Aber sie hatten natürlich auch die letzten drei Tage beinahe ununterbrochen Seite an Seite gearbeitet. Da lernte man einen Menschen kennen, und es schweißte zusammen. Wie es ihn und Dean zusammengeschweißt hatte. Die Bindung zu seinem Sohn war ungewöhnlich eng gewesen, gefestigt von der Arbeit und der
Anstrengung, die jeder von ihnen in das Betreiben der Ranch gesteckt hatte. Obwohl Dean ein begeisterter Sportler und unternehmungslustiger Junge gewesen war, hatte er seine ganze Schul- und Studienzeit hindurch, bis zu dem Tag, als er zum Militär ging, in seiner Freizeit und den Ferien immer auf der Ranch geholfen.
Unvermittelt sagte er: »Es gibt da ein paar Leute, die die Ranch kaufen wollen.«
Er spürte eine plötzliche Spannung bei Sawyer, obwohl er keine Bewegung machte. »Ich wußte gar nicht, daß Sie verkaufen wollen.«
»Will ich auch nicht. Das ist es ja gerade. Dieser Kerl liegt mir seit Wochen in den Ohren. Er vertritt irgendein Unternehmen. Ich hab ihm klipp und klar gesagt, daß es nicht in Frage kommt. Aber er läßt nicht locker.«
»Höher, Opa!«
»Jetzt übernehm ich das mal für eine Weile.« Jack winkte Delray zur Seite und trat selbst hinter die Schaukel. »Halt dich gut fest, David.«
»Okay, Jack. Schubs mich richtig fest an!«
Sawyer gab der Schaukel einen Stoß. »Was ist das für ein Unternehmen, Delray?«
Delray spie einen dünnen Strahl Tabaksaft aus. »Eine Bauträgergesellschaft. Sitzt in Houston. Dieser Kerl – Lomax – hat mir gestern abend einen piekfeinen Prospekt mit einem Haufen Tabellen und Schaubildern in den Briefkasten gesteckt. Ich hab ihn mir nach dem Abendessen angeschaut.«
»Und?«
»Grob gesagt wollen sie die Ranch in Parzellen aufteilen und Wochenendhäuser für reiche Leute draufstellen. Natürlich mit Golfplatz, Klubhaus, Schwimmbad und allem Drum und Dran.«
»Es ist überall das gleiche, egal, wo man hinkommt«, bemerkte Jack. »Kaum wird irgendwo ein Stück offenes Land
gesichtet, muß sofort ein Einkaufscenter oder ein Schnellrestaurant drauf hochgezogen werden. Manche Leute glauben anscheinend, wo Platz ist, gehört Beton hin.«
»Dieser Lomax will in ein paar Tagen vorbeikommen und mit mir reden.«
»Wieso ist der so scharf drauf?«
»Keine Ahnung. Völlig egal! Meine Antwort bleibt die gleiche. Ich verkaufe nicht. Diese Besprechung ist nichts als Zeitverschwendung, für mich wie für ihn – aber er wollte unbedingt herkommen, da hab ich eben zugesagt. Irgendwie schuld ich’s ihm, mir wenigstens anzuhören, was er zu sagen hat.«
»Sie schulden ihm gar nichts!«
Delray sah ihn scharf an. Sawyers Gesicht lag im Schatten, er konnte seinen Ausdruck nicht erkennen. Doch sein Ton war klar und deutlich. Jack Sawyer schreckte nicht vor einer Auseinandersetzung zurück. Vielleicht war sein neuer Helfer gar nicht so locker, wie es zuerst geschienen hatte.
Delray sagte: »Wenigstens kann ich Lomax dann ins Gesicht sagen, daß er sich seine tollen Pläne in den na, Sie wissen schon wohin, schieben kann.«
»Wohin kann er sie sich schieben, Opa?«
Jack sah Delray mit einem verständnisinnigen Lächeln an.
Delray hätte es gern erwidert, aber er fürchtete, das würde die Beziehung zwischen ihnen aus dem Lot bringen. Er war der Arbeitgeber dieses Mannes, nicht sein neu gewonnener Freund. Im Grunde verband ihn überhaupt nichts mit ihm. Es tat ihm bereits leid, so offen mit Sawyer gesprochen zu haben. Damit hatte er ihm einen Platz eingeräumt, der ihm nicht zustand.
Er spie seinen Tabak aus und sagte: »Ich geh schlafen. Wir sehen uns morgen, Sawyer. Komm, David.«
»Ich hab doch grade erst angefangen zu schaukeln, Opa«, quengelte der Junge. »Nur noch ein bißchen, ja? Bitte?«
»Ich bring ihn dann rein«, erbot sich Jack.
Der Junge war glücklich auf seiner Schaukel, und es gab für Delray wirklich keinen Grund, ihn ins Haus zu beordern. »Na gut. Anna wird ihn sowieso bald
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