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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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drang nicht mehr der feuchte, beißende Ozongeruch des Gewitters und auch nicht der kräftige Geruch von nasser Gartenerde. Als Julian die linke Hand über das Spülbecken streckte, stellte er fest, dass das Fliegengitter innen am Küchenfenster fehlte. Er tastete nach der Kurbel, mit der sich die linke Hälfte des Drehflügelfensters bewegen ließ, aber sie war nicht da; er fand nur die Halterung, in der der Griff sitzen sollte. Er suchte nach dem rechten Griff und packte ihn, schnitt jedoch sofort eine Grimasse, weil er mit dicken Spinnweben überzogen war. Als er ihn zu drehen versuchte, schien der Mechanismus zu klemmen.
    Verblüfft tastete er sich an dem Spülbecken entlang und stellte seinen Kaffeebecher ab, aber das Geräusch klang nicht so, wie es klingen sollte; der Becher fiel mit einem gedämpften Laut auf den Granit. Obwohl noch keine zwei Stunden vergangen waren, seit die Haushälterin fortgegangen war, entdeckte er eine dicke Staubschicht auf dem Stein und dann irgendwelche Rückstände, bei denen es sich wahrscheinlich um Fetzen ausgedienter Lappen handelte und vielleicht auch um Bröckchen von heruntergefallenem Verputz, der den Geruch von pulverisiertem Gips und fein gemahlenem Sand abgab.
    Als er der Anrichte den Rücken zuwandte, roch Julian Moder in der Küche. Und alten Urin.
    Sein räumliches Vorstellungsvermögen veränderte sich total. Er war mit jedem Quadratmeter der Wohnung und mit der exakten Anordnung der Möbelstücke derart vertraut, dass er sich nicht nur ohne Stock darin bewegen konnte und sich weder die Schienbeine anstieß noch über etwas stolperte, sondern er konnte mit einer Art sechstem Sinn, einer Form von psychischem Radar, auch die Formen von Dingen wahrnehmen. Diese einzigartige Fähigkeit sagte ihm jetzt, dass der Küchentisch und die Stühle nicht da standen, wo sie hätten stehen sollen, sondern fort waren.
    Normalerweise tastete er sich nicht mit ausgestreckten Armen vor, doch jetzt nahm er zu dieser Technik Zuflucht, da es ihm nicht nur Sorgen bereitete, dass die vertrauten Einrichtungsgegenstände entfernt worden waren, sondern weil er auch befürchtete, etwas anderes könnte an ihre Stelle getreten sein. Die Küche erwies sich jedoch als so leer, wie es sein psychischer Radar angedeutet hatte. Grobkörniger Sand und größere Bröckchen Verputz knirschten unter seinen Schuhen.
    Julian war stolz darauf, ein unabhängiges Leben zu führen, und er brauchte nur selten die Hilfe anderer. Aber die seltsame Verwandlung der Küche erschreckte ihn. Er brauchte jemanden mit funktionierenden Augen, der herkam und ihm erklärte, was hier passiert war.
    Er klopfte die Taschen seiner Strickjacke ab und fand sein Handy zu seiner Erleichterung da, wo er er es erwartet hatte. Er drückte die Taste, lauschte dem Startsound und tippte dann nach kurzem Zögern die Telefonnummer des Empfangs. Padmini war entgegenkommend und half ihm, ohne jemals den kleinsten Hinweis darauf zu geben, dass ein Blinder ihr Mitleid weckte. Julian war es ein Gräuel, bemitleidet zu werden. Nachdem er die Nummer eingetippt und auf WÄHLEN gedrückt hatte, wartete er mit dem Telefon am rechten Ohr … bis er zu der Überzeugung gelangte, dass Handyverbindungen nicht hergestellt werden konnten.
    Verwirrt und besorgt, aber noch nicht furchtsam ging er dahin, wo immer der Durchgang zum Esstisch gewesen war, und der Durchgang befand sich nach wie vor am selben Ort. Auf der Schwelle hörte Julian irgendwo in der Wohnung Stimmengemurmel, eindringlich und fremdartig, obwohl er doch allein sein sollte.
    * * *

Fielding Udell
    Die Welt war in einem übleren Zustand, als er es sich in seinen scheußlichsten Spekulationen ausgemalt hatte. Die Situation hatte mehr von dem Film Matrix , als Fielding gewusst hatte. Alles war unecht. Es handelte sich nur um Projektionen einer gutartigen Realität, die ihm von der Herrschenden Elite in den Kopf gebeamt wurden, doch jetzt versagte ihre Maschine, die die Tatsachen verdrehte, und daher verblassten die Projektionen und die Realität verschaffte sich Geltung. Er hatte sich Städte unter Kuppeln ausgemalt, in denen die letzten zwanzig oder dreißig Millionen Bürger, die einer Gehirnwäsche unterzogen worden waren, vor den erstickenden Toxinen und der nuklearen Ausrottung eines überhitzten, vom Eis eingeschlossenen, von Dürren geplagten, von Unwettern verheerten, von Krankheiten verseuchten, froschlosen Brachlands beschützt wurden, das den größten Teil dieses erbärmlichen

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