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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Schlaganfall erleiden. Sie war erst einundzwanzig und hatte so viele Träume, von denen sich bisher erst so wenige erfüllt hatten, und diese Ungerechtigkeit war niederschmetternd. Aber sogar während sie sich um ihre eigene Achse drehte und die Augen zusammenkniff, damit sie ihre verschmierte Umgebung wieder klarer sehen konnte, dachte sie an ihre Mutter und an ihren Vater Ganesh und an ihren Bruder Vikram und an Anupama und natürlich auch an Sanjay, und ihr setzte die Erkenntnis zu, dass sie schwerbehindert und ihnen allen nur noch eine Last sein könnte oder dass sie ihnen, die sie am meisten liebte, durch ihren Tod Kummer bereiten könnte. Und dann hörte das Geräusch auf und die Welt wurde wieder klar.
    Padmini konnte sich vorstellen, dass ein Blutgerinnsel oder ein Aneurysma ihr vitales Hirngewebe zerstörte, obwohl sie noch so jung war, aber sie konnte sich keinen Moment lang vorstellen, jemals verrückt zu werden. Sie hielt ihren Kurs so beständig, als hätte sie einen Kurskreisel in ihrem Kopf und sei an ein Satellitenleitsystem angeschlossen. Objektive Vernunft diente ihr als Spazierstock, der gesunde Menschenverstand als Landkarte.
    Das Foyer, das in willkommener Stille abrupt wieder klar um sie herum zu sehen war, war ihr vertraut, und doch stimmte eini ges nicht. Der Marmorboden wies Sprünge und ein paar fehlende Fliesen auf, und er war schmutzig und mit Einwickelpapieren und verschrumpeltem braunem Laub übersät, das von draußen hereingeweht sein musste. Nur zwei von den vier LED - Röhren, die in die Decke eingelassen waren, funktionierten noch. Die zentrale Deckenlampe brannte auch nicht mehr. Zusätzliches schwefelgelbes Licht vom südöstlichen Ende des Raums, wo ein menschliches Skelett mit dem Rücken an der Stelle lehnte, wo die Wände aufeinandertrafen; die Knochen waren ein halb sichtbares Gerüst, über dem sich eine Kruste aus etwas Phosphoreszierendem gebildet hatte – vielleicht eine Kristallformation oder ein Schimmelpilz, das war schwer zu sehen. Jedenfalls war dieses Zeug bis zur Decke hochgekrochen und hatte sich dort ein bis zwei Meter weit ausgebreitet, als ob es sich vom Fleisch des Toten genährt und dann sein Wachstum eingestellt hätte. Diese makabre Lampe spendete ein düsteres Licht, das sie an Albträume erinnerte, die sie als Kind ge habt hatte: steinerne Gänge, durch die sie sich vorangepirscht hatte, während sich Kali, die achtarmige Hindugöttin des Todes und der Zerstörung, ihrerseits an sie heranpirschte.
    Das konnte nicht sein, aber es war so. Da sie als Concierge Dienst hatte, bestand ihre Aufgabe darin, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen, wenn sie ihr auch noch so unwahrscheinlich erschienen, die Herausforderung anzunehmen, die Ursache zu ergründen und die Dinge so schnell wie möglich wieder in Ordnung zu bringen. Ihr Mund war trocken und sie hatte Herzklopfen, doch ihr Verstand war klar, ihre Haltung entschlossen.
    Als Padmini feststellte, dass die Lichter der Shadow Street draußen vor der Eingangstür und den Fenstern zu beiden Seiten nicht mehr zu sehen waren, durchquerte sie das Foyer, schnitt eine Grimasse über den Zustand des einst so schönen Bodens und trat vor die Tür. In dem kuppelförmigen Tiffany-Vordach waren nur noch ein paar der Lichter funktionsfähig. Es hatte aufgehört zu regnen. Der Himmel war klar. Die Luft fühlte sich um etliche Grade wärmer an, als sie es an einem frühen Dezemberabend hätte sein sollen. Die Straße, die Gebäude, die einst dort gestanden hatten, und der Rest der Stadt waren verschwunden.
    Im Mondlicht schien der Hügel in einem Radius von etwa fünfzig Metern so kahl wie die Oberfläche des Mondes selbst zu sein. Dahinter gab etwas, das sie für hohe, dichte Gräser hielt, in der totenstillen Nacht ein phosphoreszierendes Licht ab und wogte wie Seeanemonen unter dem Einfluss von seltsam rhythmischen Strömungen.
    Ein schriller Schrei im Dunkeln führte dazu, dass Padmini den Kopf umwandte und gerade noch etwas bizarres Bleiches auf ihr Gesicht zufliegen sah. Bis jetzt hatte sie nicht bemerkt, dass sie in der rechten Hand noch die Gabel hielt, mit der sie Mausi Anupamas köstliches Uttapam gegessen hatte. Tatsächlich hielt sie die Gabel so fest umklammert, dass ihre Knöchel schmerzten. Jetzt stieß sie mit der Gabel zu, hielt ihren Angreifer auf Armeslänge auf, stach die Zinken der Gabel in die Stirn von etwas, das eine Made von der Größe eines dreipfündigen Bananenkürbisses zu sein schien, mit ledrigen

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