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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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nackt vor dem Haus, in dem frisch duftenden Regen. Er mochte das Gefühl, wenn ein Unwetter ihn mit seinen tausend Zungen wusch.
    Mickey kehrte ins Arbeitszimmer zurück, wo Jerry tot auf dem Sessel saß. Die 32er Pistole mit dem aufgesteckten Schalldämpfer war aus nächster Nähe abgefeuert worden. Die Kugel hatte das Herz durchdrungen. Unter der Eintrittswunde hatte der Blutfleck auf dem weißen Hemd die Form einer Träne, ein anmutiges Detail, das Mickey zu würdigen wusste.
    Jerrys Anzug war hervorragend geschneidert. Die Bügelfalten seiner Hose wirkten so scharf wie Messerklingen. Das dichte Gewebe des Wollstoffs fasste sich angenehm an, als Mickey ein Revers zwischen Daumen und Zeigefinger rieb. Das Hemd und die Krawatte schienen aus Seide zu sein. Mickey mochte den Geruch von Seide. Aber Jerry hatte ein herbes Eau de Cologne mit einem zitronigen Duft aufgetragen, das die subtileren Gerüche der Stoffe überdeckte.
    Seit er Profi geworden war, tötete Mickey niemanden mehr umsonst. Das war unnatürlich. Als hätte Picasso ein Gemälde verschenkt. Ein wesentlicher Bestandteil der sinnlichen Erfahrung des Mordens war das anschließende Geldzählen.
    Als er das erste Mal getötet hatte, eine Woche nach seinem 20. Geburtstag, war er Amateur gewesen. Er hatte Glück gehabt und war ungeschoren davongekommen. Er hatte versucht, sich mit dieser Bardame namens Mallory zu verabreden. Sie hatte ihn abgewiesen. Und zwar keineswegs nett. Sie hatte ihn gedemütigt. Er hatte alles über sie in Erfahrung gebracht: dass sie ein kleines Häuschen mit einer Freundin teilte und ihre fünfzehnjährige Schwester bei ihr lebte. Er hatte sie dort aufgesucht, mit einem Taser, einer chemischen Keule und Plastikhandfesseln. Es war nur um Sex gegangen, und davon hatte er jede Menge bekommen. Dann musste er sie beide töten und stellte fest, dass das eine andere Form von Sex war. Aber es war dumm, jemanden zu töten, um Sex zu bekommen, wenn man Sex kaufen konnte. Da er getötet hatte, um an Sex zu kommen, und nicht aus reiner Lust am Töten, hatte er mit Sicherheit DNA zurückgelassen. Außerdem war er außer Kontrolle, wenn er total heiß und voll dabei war, machte folglich bestimmt Fehler und hinterließ alle möglichen Hinweise. Daher hatte er, obwohl es die bis dahin beste Nacht seines Lebens gewesen war, beschlossen, nie mehr als Amateur zu töten. Er war stolz auf seine spätere Selbstbeherrschung.
    Mickey hatte bisher auch noch nie einen Verwandten abgeknallt. Jerry war allerdings sein Bruder. Vielleicht hätte es ein anderes Gefühl sein sollen, aber er empfand genau wie sonst. Der einzige Unterschied bestand darin, dass er keinen dicken Umschlag voller Kohle für den Job bekam.
    In all den Jahren, in denen er vom Morden geträumt hatte, hatte sich Mickey nicht ein einziges Mal ausgemalt, jemanden in dieser Wohnung um die Ecke zu bringen. Das war ja so was von unpraktisch.
    Jerry Dime hatte den Moment erzwungen. Er war hergekommen, um Mickey zu töten. Aber er war Amateur. Er hatte seine Absichten überdeutlich signalisiert.
    Wenn er es sich recht überlegte, würde Mickey eines Tages für diese Arbeit entlohnt werden. Jetzt bestand keine Notwendigkeit mehr, die Hinterlassenschaft seiner Mutter zu teilen.
    Er holte eine Zusatzdecke aus dem Schlafzimmer. Sie war aus irgendeiner Mikrofaser hergestellt, so weich wie Fell, aber robust. Er rieb sein Gesicht daran. Sie roch wie ein Kamelhaarsakko, einer von Mickeys Lieblingsgerüchen.
    Jerrys weit offene Augen wirkten im Tod blauer als im Leben. Mickey hatte rostbraune Augen. Die Augen ihrer Mutter waren grün gewesen. Mickey wusste nicht, welche Augenfarbe ihre Väter gehabt hatten. Es waren anonyme Samenspender gewesen.
    Nachdem er die Leiche von dem Sessel auf die Decke gezogen hatte, durchsuchte Mickey die Taschen seines Bruders. Er nahm Jerrys Brieftasche, sein Handy und die Münzen an sich. Die Münzen waren noch warm; sie hatten Jerrys Körpertemperatur gespeichert.
    Mickey rollte den Toten in die Decke. Die Enden band er mit zwei seiner Krawatten zu.
    Als er das Arbeitszimmer verließ, zog er die Tür hinter sich zu und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. In dem Moment läutete es.
    Ludmilla, die zweimal monatlich für seine Maniküre sorgte, kam. Sie war eine russische Immigrantin, Mitte fünfzig, dunkelhaarig, eifrig.
    Ihr Englisch war gut, aber sie hatten sich darauf geeinigt, dass sie nicht sprechen würde, außer, um sich bei ihm für die Bezahlung zu bedanken. Jedes

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