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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Blitze war für ihn nicht bedrohlicher als das Funkeln eines Kronleuchters in einem Ballsaal und trug zu dem Ambiente bei, das tiefgründigen Betrachtungen seiner derzeitigen Arbeit enorm förderlich war.
    Jeder Blitzstrahl – und manchmal folgten drei, vier oder fünf schnell hintereinander – ließ die Muster erschauern, die von den hohen Sprossenfenstern auf die Möbelstücke und die Wände geworfen wurden, Gitter aus schmalen Schatten und hellen Quadraten. Kirby war nicht in Gedanken verloren, da ihn Gedanken immer irgendwohin führten, und ihm fiel auf, dass ein besonders helles Trio von Blitzen die Sprossenfenster mit einem seltsamen Unterschied auf die Wände projizierte: Über das obere Ende eines der Fenster hing eine dunkle Wölbung wie ein halbrunder Querbehang.
    Als er sich auf seinem Stuhl umdrehte, um festzustellen, was diesen konvexen Bogen Dunkelheit hervorgerufen haben könnte, sah er etwas draußen vor dem Fenster. Es schien sich um einen bleichen, nassen und unten abgerundeten Wimpel oder ein Fah nentuch zu handeln, als hätte jemand eine Flagge oder Dekorationen für die Festtage – bis Weihnachten waren es keine vier Wochen mehr – an einer Fensterbank im zweiten Stock aufgehängt, was gegen die Vorschriften des Wohnungseigentümerverbandes verstieß.
    Kirby stellte seine Teetasse ab und stand von dem Sessel auf. Im flackernden Lichtschein des Aquariums durchquerte er das spärlich möblierte Wohnzimmer.
    Als er das Fenster erreichte, hatte sich der Stoff – oder was auch immer es war – entweder aus seiner Sicht gehoben oder war fortgeweht worden. Er presste seine rechte Gesichtshälfte an die Glasscheibe und lugte zum zweiten Stock hinauf. Er konnte einen Gegenstand sehen, der kein architektonisches Detail war, etwas Unförmiges und Bleiches, das über einen Teil des Ziergiebels über dem Fenster drapiert war, aber der Schein der Landschaftsbeleuchtung, der vom Innenhof hochstieg, war nicht hell genug, um ihm eine Identifizierung des Gegenstandes zu erlauben. Er schien sich ein wenig zu blähen, flatterte aber nicht so heftig, wie es eine Flagge oder ein dekorativer Wimpel getan hätten. Vielleicht lag es daran, dass der Stoff im Regenwasser schwer geworden war.
    Es blitzte einmal, zweimal, und Kirby konnte das Ding, wenn auch nur kurz, genauer sehen. Jetzt schien es sich um drei kleine bleiche Säcke zu handeln, jeder vielleicht halb so groß wie ein Fünfpfundsack Mehl, die durch ein Stück Schnur oder ein Gummiband zusammengehalten wurden. Die Säcke waren glatt und bauchig, enthielten offenbar eine Füllung und wurden von einer losen Stoffklappe, oder vielleicht war es auch PVC , die darüberhing, zusammengehalten, und das war der Teil, der nach unten über das Fenster geweht worden war, sich jetzt aber höher oben blähte. Er konnte nicht erkennen, worum es sich bei dem Gegenstand handelte oder wovon er herabhing, aber das Ding hatte mit Sicherheit nichts dort zu suchen. Als es erneut blitzte, glaubte er, etwas zucken gesehen zu haben, zwei unterteilte Bahnen aus einem Material, das steifer als die anderen Bestandteile des Gebildes war, aber statt die Natur des Gegenstandes zu verdeutlichen, machte das rasende Stocken des Lichtes ihn nur noch mysteriöser.
    Kirby spielte mit dem Gedanken, das Fenster aufzureißen und seinen Kopf in den Regen zu strecken, um sich die Sache näher anzusehen. Aber ehe er das tat, musste er eine Taschenlampe aus einer Schublade mit Krimskrams in der Waschküche holen.
    Als er aus dem Wohnzimmer in den helleren Essbereich trat, warf er einen Blick auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass ihm der Tag durch die Finger geglitten war. Er war mit von Norquist auf ein paar Drinks und zum Abendessen verabredet. Der Mann war einer der brillantesten Wissenschaftler des Instituts und sein Verstand schleuderte neue Ideen in einem solchen Überfluss um sich, wie ein Schleifrad Funken von der Klinge eines Messers sprühen ließ. Wenn er sich nicht beeilte, würde er zu spät kommen. Was auch immer über den Ziergiebel geweht worden oder aus dem zweiten Stock herabgefallen war, klapperte nicht, und er schloss aus, dass es hart genug war, um herunterzuschwingen und eine Fensterscheibe einzuschlagen. Eine nähere Erkundung konnte bis zum Tageslicht am nächsten Morgen warten.
    Im Schlafzimmer zog er eine Krawatte aus dem Schrank, band sie um seinen Hemdkragen und schlüpfte in ein Sportsakko.
    Als er ins Wohnzimmer zurückkam, schaltete er die Oper in chinesischer

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