Nachtjaeger
Moment lang zeigten. Es war eine Symphonie aus natürlicher, gefährlicher, perfekter Eleganz.
Jenna sah sie vor ihrem inneren Auge, wie sie in einem düsteren Wald auf die Jagd gingen.
Raubtiere.
Als sie auf dem oberen Absatz der Wendeltreppe standen, sperrte Leander die Tür zu seiner Suite auf und bedeutete ihr mit einer Geste einzutreten.
»Hier wären wir«, sagte er mit einer neutral klingenden Stimme. Sein Körper war entspannt, als er die Tür mit einer seiner kraftvollen Schultern für sie offen hielt.
Aber diese Augen, so durchdringend grün und leidenschaftlich – sie jagten ihr einen Schauder über den Rücken.
»Morgan, Christian – wir sprechen uns später.« Mit einer kleinen Bewegung des Kinns zeigte er ihnen, dass sie sich nun in ihre Räume zurückziehen sollten.
»Natürlich, Leander«, erwiderte Morgan. Sie schien froh zu sein, dass er sie wegschickte. »Bis später. Und – Jenna«, fügte sie hinzu und drehte sich, schon halb im Gehen, zu ihr um. Ihre langen, schwarzen Haare fielen ihr in dunklen Wellen über den Rücken – wie Wasser auf einem Bett auf glatten Steinen. »Es hat mich sehr gefreut, dich kennenzulernen. Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen.«
»Nein, warte! Was soll das? Ihr solltet besser bleiben …«
Doch Morgan drehte sich nur mit einem Lächeln weg und nahm Christian am Arm. Ihr tief ausgeschnittenes Kleid enthüllte auch einen Großteil des Rückens und den oberen Ansatz ihres festen Pos.
Christian warf Jenna einen Blick über die Schulter zu. Seine Miene war jedoch nicht genau zu erkennen, da sein Gesicht von den Schatten der Wandleuchten verborgen war. Die beiden zogen von dannen und waren kurz darauf verschwunden.
Ohne ein Wort hob Leander erneut die Hand, um Jenna einzuladen, die Suite zu betreten.
Jenna schnaubte und ging an ihm vorbei, wobei sie sich größte Mühe gab, ihn nicht zu berühren. Sie achtete nicht auf seinen leidenschaftlichen Blick, sondern schritt durch das marmorne Foyer in den luxuriösen Hauptraum, wo sie die wunderbaren Möbel, die großartige Marmorveranda hinter den durchsichtigen Vorhängen und das riesige Bett bewunderte.
Hastig wandte sie den Blick davon ab, ehe er dort zu lange verweilte.
Verdammt. Sie durfte nicht die Kontrolle verlieren. Sie musste die Zügel in der Hand behalten.
Ihre Wangen waren gerötet, und sie bebte. Sie fühlte sich zugleich erschöpft und angespannt, hochgradig nervös und gleichzeitig ruhig. Jede Faser ihres Körpers stellte sich auf das Zimmer, die warme Luft, das gedämpfte Licht und den schönen, offensichtlich gefährlichen Mann ein, der unter der Tür stand und sie so schweigend und regungslos beobachtete, dass er genauso gut nicht hätte da sein können.
Wenn ihn nicht das Schlagen seines Herzens verraten hätte. Sie hörte es noch immer und kämpfte dagegen an, das Stakkato, den pulsierenden Schlag in ihr Bewusstsein zu lassen. »Mit der Zeit wird es einfacher«, sagte Leander leise hinter ihr. Seine Stimme klang überraschend zärtlich. »Du brauchst einfach mehr Übung.«
Verblüfft drehte sich Jenna so schnell um, dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor. Sie streckte eine Hand aus, um sich an der Rückenlehne eines seidenbezogenen Sessels festzuhalten, dessen hölzerne Armlehnen merkwürdigerweise zersplittert waren. Beherrschung, tadelte sie sich.
»Was wird einfacher?«
»Die Gefühle. Man kann sehr schnell eine Überdosis an Informationen aufnehmen, wenn die Sinne alles um einen herum wahrnehmen. Aber man kann das auch beherrschen. Nach einer Weile«, sagte er und trat beiseite, um die Tür mit einem leisen Klicken ins Schloss fallen zu lassen, »wirst du in der Lage sein, es zu kontrollieren. Es wird dir kaum mehr auffallen, es sei denn, du willst es.«
Betont langsam ging er ein paar Schritte auf sie zu, die Augen auf ihr Gesicht gerichtet.
»Nein«, protestierte Jenna und wich zurück. Einen Moment lang hatte sie es vergessen. Er wusste, dass sie sein Herz hören konnte. »Die Tür bleibt offen. So haben wir das vereinbart.«
»Nein, so hast du das verlangt«, erklärte er und kam noch immer auf sie zu. Aus jeder Bewegung sprach eine gebändigte Kraft, aus jedem Blick eine dunkel schwelende Sinnlichkeit. »Allerdings halte ich es für klüger, die Tür zuerst einmal geschlossen zu lassen. Vor allem angesichts dessen, was ich dir zeigen will.«
Jennas Herz begann so heftig zu pochen, dass sie befürchtete, das Bewusstsein zu verlieren.
Stattdessen wich sie noch weiter
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