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Nachtjäger

Nachtjäger

Titel: Nachtjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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geschenkt hatten, und küsste ihn.
    Frederic stützte sich auf die Ellenbogen und seine dunklen Augen sahen Caroline eindringlich an. »Irgendwann wird es schief gehen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Irgendwann werden wir jemanden töten, der kein Vampir ist oder jemand tötet dich.«
    Caroline schwieg.
    Er schwang die Beine aus dem Bett und warf sich ein weiches blaues Hemd über. »Wir dürfen nie vergessen, dass deine Unsterblichkeit relativ ist. Jeder Schuss, jede schlimme Verletzung kann dich umbringen. Wenn ich daran denke, was wir alles miteinander erlebt haben, kommt es einem Wunder gleich, dass dir noch nichts Schwerwiegendes zugestoßen ist.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    Er kniff die Lippen zusammen, dann sagte er: »Wir müssen aufhören!«
    »Aufhören?«
    »Ja. Wir fordern das Glück seit hundertdreißig Jahren heraus. Irgendwann wird es uns nicht mehr hold sein. Das ist eine Frage der Wahrscheinlichkeit, verstehst du?«
    Selbstverständlich begriff sie.
    »Außerdem …«, Er wischte sich über die Augen »frage ich mich manchmal, welchen Sinn das alles hat? Es gibt sie noch immer. Entweder sind sie so wie die, die wir gestern vernichtet haben oder sie sitzen in dunklen Anzügen in den Vorstandsetagen der großen Firmen oder in leitender Position in der Politik. Sie ziehen ihre Fäden, vermehren ihren Reichtum und haben bis heute ihr Ziel nicht aus den Augen verloren, nämlich irgendwann die Welt zu beherrschen.«
    »Das werden sie nur können, wenn sie Fußvolk haben. Und das sind die Menschen.«
    Er lachte hart. »Wenn man es also genau nimmt, haben sie ihr Ziel schon erreicht?«
    Caroline zog die Brauen hoch.
    Frederic hatte sich komplett angezogen. Er lehnte sich an den Kleiderschrank. »Als wir damals anfingen, Vampire zu jagen, hatten wir die Idee, sie vollkommen zu vernichten. Schon bald merkten wir, dass wir genauso gut gegen Regentropfen kämpfen konnten, also griffen wir dort ein, wo es besonders schlimm war, legten viele Schalthebel lahm und konnten dennoch nicht verhindern, dass zwei oder drei von ihnen den großen Weltkrieg verursachten. Wir schickten Attentäter, zweimal versuchten wir es selbst, doch stets versagten wir. Wenn es darauf ankam, haben wir unsere Aufgabe schlecht getan. Gegen ein paar blutrünstige Mörder – ja, da sind wir gut. Das können wir, aber wenn es darum geht, in die wirklich großen Räder zu greifen, zerquetschen wir dabei unsere Finger.«
    Frederic war nie darüber hinweggekommen, dass es ihm nicht gelungen war, den 2. Weltkrieg zu verhindern. Sie hatten viel zu spät gemerkt, welcher Vampir wo an der Macht war – als der Zug der Gewalt schon längst rollte.
    »Sechzig Millionen Kriegstote, Caro. Sechzig Millionen, weil drei oder vier Männer es so wollten. Blutsauger, gierige Monster …« Er schlug mit der flachen Hand gegen den Schrank. »Aber zwei Handvoll Rockervampire, die löschen wir aus. Für wie viel Tote haben die gesorgt? Acht, neun oder zehn?«
    »Jedes Leben gilt, Frederic«, sagte sie.
    »Ja, ich weiß«, gab er zurück. »Trotzdem … ich finde, wir sollten aufhören.«
    »Und dann?«
    »Was meinst du?«
    »Was geschieht dann? Wirst du die nächsten zwanzig Jahre, bis wir wieder unsere Identitäten ändern müssen, auf den Bodensee starren und dich von Ludwig und Lilou versorgen lassen? Dreimal in der Woche Sex, verblödendes Fernsehen und ein paar Bootsfahrten?«
    »Das wäre vermutlich genau das Richtige. Ich habe dich, Ludwig und Lilou lange genug in Gefahr gebracht. Lilou hat genug Geld, um für alle Zeiten in Cannes, Paris oder New York die Lebedame zu spielen, Ludwig könnte endlich seine Memoiren schreiben und du …«
    »Ja?«
    »Du …«
    Sie stand mit einer fließenden Bewegung vor ihm und drückte sich an ihn. »Siehst du, was ich meine? Ich bin genauso wenig ein gewöhnlicher Mensch wie du. Okay, ich bin kein lebender Toter, dennoch würde mich ein genormtes Leben schrecklich langweilen. Dann sterbe ich lieber irgendwann bei einem Einsatz. Ein Tod, der Sinn machen würde. Verdammt, Frederic – ich habe sowieso schon viel zu lange gelebt. Glaubst du etwa, ich erwarte noch weitere hundertfünfzig Jahre?« Sie küsste ihn sanft. »Und was würdest du tun? Nun hast du dir um uns Gedanken gemacht, aber was ist mit dir?«
    Er zögerte.
    »Willst du nachts auf Jagd gehen? Alleine im Dunkeln? Wie eine Fledermaus oder eine andere Kreatur? Willst du dich endlich auf die dunkle Seite schlagen? Ist die Sehnsucht nach deinen Brüdern und

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