Nachtkrieger: Ewige Begierde
Sorgen machen.«
»Nein. Nein, James würde sich nur Sorgen machen. Habt Dank, ehrwürdige Mutter. Habt Dank.« Stolpernd ging sie davon. Langsam zunächst, dann schneller, eilte sie zurück zum Lager und zu ihrem Mann, voller Angst in dem finsteren Wald.
Cwen sah ihr hinterher. Wenn sie die Wahl gehabt hätte, wäre sie noch länger geblieben, um festzustellen, woran die Frau sich erinnerte. Das zu wissen, wäre hilfreich gewesen. Aber es hätte gleichermaßen bedeutet, dass sie warten musste.
Nun aber wollte sie sich eine geeignete Stelle suchen, von der aus sie beobachten konnte, wie die Sonne aufging.
Eine geeignete Stelle, von der aus sie beobachten konnte, wie der Mann aufwachte und sehen musste, was der Löwe der Frau angetan hatte, die er liebte.
Steinarr zu folgen war schwieriger, als Matilda es sich vorgestellt hatte. Sie musste genügend Abstand halten, damit weder er noch Ari noch die Pferde sie bemerkten – auf der Straße recht einfach, aber umso schwieriger, sobald sie in den Wald geritten waren. Doch es gelang ihr, die Fährte auf dem laubbedeckten Boden ausfindig zu machen und ihr zu folgen. Sie hatte sich gerade auf Sichtweite genähert, als Steinarr den Hengst zurückließ und zu Fuß in eine Richtung ging, während sein Freund auf einem anderen Weg weiterritt und dabei den Hengst an den Zügeln führte. Sie wartete, bis Ari im Wald verschwunden war, dann ritt sie weiter, um Steinarr nach Nordosten zu folgen – und sie entfernte sich immer weiter vom Lager der Köhler und der damit einhergehenden Sicherheit.
Selbst zu Fuß bewegte er sich schnell vorwärts. Ob er vor etwas davonlief oder auf etwas zulief, hätte sie nicht sagen können, aber sie trieb die Stute zu einem so schnellen Schritt an, wie sie es in der hereinbrechenden Abenddämmerung wagen konnte. Dennoch entfernte er sich weiter von ihr. Die Angst vor dem nächtlichen Wald, die sie ihr Leben lang gehabt hatte und die in den vergangenen Wochen verschwunden war, kehrte zurück, als ihr der Gedanke durch den Kopf schoss, sie könne sich verirren und hätte nicht einmal Sir Torvald zu ihrem Schutz in der Nähe. Und plötzlich fühlte sie, wie etwas erbebte, dieses wilde Etwas in Steinarr, und sie erkannte, dass sie es benutzen konnte, um ihn zu finden.
Sie öffnete ihre Sinne, suchte Steinarr und fand ihn an der Grenze ihres Bewusstseins … in dieser Richtung. Sie dirigierte die Stute dorthin – zu dem Etwas und zu ihm in der Hoffnung, ihn zu finden und zu erfahren, wie schlimm diese Träume sein mussten, wenn er derart von ihnen getrieben wurde.
Seine Präsenz wurde stärker, und sie wusste, dass sie ihm näher kam. Sie saß ab und band die Zügel der Stute um einen schlanken Vogelbeerbaum, damit sie zu Fuß weitergehen konnte, wobei sie sich so vorsichtig wie möglich bewegte, um keine Zweige zu zerbrechen. Sie wollte ihn nicht wissen lassen, dass sie dort war, noch nicht, nicht bevor sie es mit eigenen Augen gesehen hatte. Schließlich kam sie an den Rand einer Lichtung, von wo aus sie ihn aus einiger Entfernung beobachten konnte. Als über ihr eine Elster lachte und plapperte, kauerte sie sich hinter einen Busch nieder und spähte zwischen den Blättern hindurch.
Er schien so traurig, wie er so allein dort stand. Und dann begann er, seine Kleidung abzulegen. Verwirrt sah sie, wie er sich auszog und seine Sachen unter einem umgestürzten Baum verstaute. Er ging zur Mitte der Lichtung und blieb dort stehen, den Blick gen Himmel gerichtet, erhaben in seiner Nacktheit, während die letzten Sonnenstrahlen, die durch die Bäume schienen, seine goldene Haut berührten und ihr einen ganz besonderen Glanz verliehen. Genauso hatte auch sie seine Haut berührt, und die Erinnerung an die Glut seines Körpers ließ ihre Hände kribbeln. Lust stieg in ihr auf – die gleiche Lust, die sie bei ihm wahrgenommen hatte, als er sie beim Bad im Bach beobachtet hatte –, und sie presste ihre Handflächen gegeneinander.
»Marian.« Er drehte sich um, und sein Blick fand sie sofort. »Marian. Nein. Nein! Du kannst nicht hierbleiben. Lauf weg!«
Sie erhob sich und sah ihn an. »Ich fürchte mich nicht vor einem Traum, ganz gleich, wie schlimm er auch sein mag. Ihr werdet mir nichts antun.«
»Odin, nein!«, flehte er. »Es ist kein Traum, Marian. Geh! Lauf! Lauf weg!«
Die Worte entsprangen seiner Kehle mit einem wütenden Knurren, das sich zu einem Schrei steigerte. Er wollte sich umdrehen, losrennen, doch Schmerz zwang ihn zu
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