Nachtkrieger: Ewige Begierde
vor deiner Vorgehensweise.« Ari zögerte und überlegte einen Augenblick, dann fragte er: »Was, wenn sie diejenige ist, die du brauchst?«
»Was ich
brauche,
ist ihr Körper.« Steinarr lachte in sich hinein, und Ari gab einen Laut der Entrüstung von sich. »Sei du lieber still! Du hast doch Frauen quer durch England besprungen.«
»Aye, aber ich bereite ihnen immer Vergnügen, für alle Fälle. Selbst den Huren.«
»Ich werde auch ihr Vergnügen bereiten«, gelobte Steinarr.
»Nicht wenn du so grob vorgehst. Englische Edelfrauen sind keine nordischen Dorfmaiden. Du hattest nicht so oft die Gelegenheit, welche kennenzulernen, aber …«
»Ich weiß selbst, wie wenig Kontakt ich zu englischen Frauen hatte, adelig oder nicht.« Steinarr wies auf einen Wildwechsel, der sich durch die Bäume wand. »Näher will ich den Köhlern nicht kommen. Lass uns diese Abzweigung nehmen.«
Sie ritten den Pfad entlang, bis er sich gabelte. Steinarr stieg vom Pferd, schnallte seinen Gürtel samt Schwert ab und hängte ihn an den Sattel. »Ich gehe in diese Richtung. Morgen früh treffen wir uns hier wieder.«
Ari nahm die Zügel der beiden Pferde – des echten Pferdes und des Pferdes, das keins war. »Denk darüber nach, was ich gesagt habe!«
Steinarr schüttelte den Kopf und lachte leise. »Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die erste Frau, die mir nach vierhundert Jahren über den Weg läuft und keine Hure ist, ausgerechnet die Frau ist, die mich von dem Fluch erlösen kann? Ich habe ja noch nicht einmal meine
fylgja
gefunden.«
»Ivar hatte sein Amulett auch noch nicht gefunden, als er Alaida heiratete.«
»Was Ivar passiert ist, war pures Glück. Selbst Cwen konnte es nicht voraussehen. Er hatte immer mehr Glück als wir anderen alle zusammen.«
»Glück oder Schicksal, jedenfalls ist es passiert.«
»Und es wird nicht noch einmal passieren.«
»Bilde dir nicht ein, du wüsstest, was die Götter mit dir vorhaben, Steinarr
inn prudhi
«, mahnte Ari. »Die haben nämlich nicht viel übrig für derartige Überheblichkeit.«
»Pah. Hast du wieder einmal Visionen gehabt,
Skalde?
«
»Ich brauche keine Visionen, um …«
»Dann lass es gut sein.« Steinarr ging den Pfad rückwärts entlang. »Ob ich mit ihr ins Bett gehe oder nicht und wie ich es mache, wenn ich es tue, geht weder dich noch die Götter etwas an.«
Er drehte sich um und ging weiter. Ari schüttelte den Kopf.
So ein sturer Narr!
Er sah Steinarr hinterher, bis dieser zwischen den Bäumen verschwunden war, dann ritt er in die entgegengesetzte Richtung, denn er wusste, dass es Torvald lieber wäre, möglichst weit weg zu sein, wenn der Löwe anfing, wütend durch die Nacht zu streifen.
Der Tag war beinahe vorüber, als eine junge Novizin bei Cwen erschien, um ihr zu sagen, dass die Mutter Äbtissin sie in ihren Gemächern erwartete.
Cwen nickte. »Sag ihr, ich komme gleich. Ich muss nur noch diese Naht machen.«
»Jawohl, Mutter.« Das Mädchen verschwand auf dem gleichen Weg, auf dem es gekommen war. Cwen widmete sich wieder ihrer Handarbeit und nutzte den kurzen Moment, um sich zu sammeln.
In ihrem Bestreben, die Aufmerksamkeit der Götter zu erregen, hatte sie ihre Nächte damit verbracht, sie anzurufen, und tagsüber, wenn sie sich den Aufgaben widmete, die man ihr zuteilte, hatte sie jedes Körnchen Kraft gesammelt, das sie an diesem Ort finden konnte. Selbst wenn sie auf dem kalten Steinfußboden der Kapelle mit all den anderen kniete und die Lippen zu ihren Gebeten bewegte, rief sie im Stillen immer wieder die alten Götter an. All diese Bemühungen hatten sie geschwächt und erschöpft.
Das durfte Mutter Humberga jedoch nicht bemerken. Cwen nahm sich einen Moment Zeit, ihre Müdigkeit abzuschütteln, riss den Faden ab, erhob sich dann und strich ihr langes schwarzes Gewand glatt.
Mit gesenktem Blick, so wie es von einer Nonne erwartet wurde, ging sie zur Äbtissin. Und wie es von einer Nonne erwartet wurde, kniete sie vor der Äbtissin nieder und küsste ihren Ring, auch wenn es ihr schwerfiel, sich vor dieser schwachen Dienerin eines schwachen Gottes zu verbeugen. »Mutter Äbtissin.«
»Schwester Celestria.« Die Äbtissin wartete, bis sie sich erhoben hatte. »Bei meinen heutigen Nachmittagsgebeten kam mir der Gedanke, dass jemand unseren Ländereien in Nottinghamshire einen Besuch abstatten sollte, um zu überprüfen, ob die uns zugesagte Holzkohle in Arbeit und von guter Qualität ist.«
Cwen unterdrückte das
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