Nachtkrieger: Ewige Begierde
sich auf den Hengst, galoppierte auf das Dorf zu und klammerte sich verzweifelt an die Hoffnung, dass ihm noch ein wenig Zeit blieb, die er nicht vollkommen allein auf der Welt verbringen musste.
Kapitel 10
B eten wird dir wohl kaum die Lösung des Rätsels bringen.«
Matilda brauchte nicht einmal aufzusehen. Sie hatte seine immense Erleichterung gespürt, als er die Tür aufstieß. »Immerhin besser, als es nicht zu tun. Was wollt Ihr hier?«
»Jemand hat mein Pferd gestohlen.« Steinarr schloss die Tür und stellte sich hinter sie. »Ah, es geht überhaupt nicht darum zu beten. Du siehst dir die Wandbehänge an. Glaubst du, der nächste Hinweis befindet sich in der Stickerei?«
»Ich weiß nicht. Als ich heute Morgen aufwachte, hatte ich diese Abbildungen hier vor Augen und habe mich direkt auf den Weg gemacht, um festzustellen, ob sich darin etwas verbirgt.«
»Du hättest warten sollen«, sagte er. »Mochte dein Vater diese Geschichten?«
»Er bat den Priester häufig, über Evas Sündenfall zu sprechen. Dadurch wurde seine Ansicht bestätigt, Frauen seien die Ursache allen Übels.«
»Ich neige eher zu der Ansicht, Frauen sind die Ursache allen Vergnügens.« Er klang unbeteiligt, und obwohl sie spürte, dass er versuchte, sich zu beherrschen, rieselte ihm das Begehren aus allen Poren wie Regen über ein Dach.
»Nicht,
Monsire.
Wir sind hier in einer Kirche.«
»Wo ist der Priester?«
»Auf seinen Feldern. Heute wird das Heu gewendet. Ich habe ihn vom Waldrand aus gesehen.«
»Du bist nicht zur Messe gegangen?«
»Dazu hatte ich nicht den Mut. Ich fühlte mich hier nicht wohl, insbesondere jetzt, mit all meinen Sünden. Aber ich dachte, hier zu knien, würde mir vielleicht bei der Suche nach der Antwort helfen, so wie es Robin in Headon geholfen hat.« Während sie weiter das Bild vom Garten Eden betrachtete, erzählte sie ihm von dem Baum auf dem Hügel.
»Deshalb also ist er dort hinaufgeklettert.«
»Und heruntergefallen.« Angestrengt starrte sie auf den Wandbehang, auf dass sich das Geheimnis ihres Vaters ihren Augen offenbarte. »Hier ist nichts zu finden.«
»Vielleicht befindet es sich gar nicht auf der Abbildung selbst.« Noch bevor sie sich erhoben hatte, stand er vor dem Wandteppich, auf dem Adam und Eva abgebildet waren. Er schlug ihn zurück, um sich die Wand dahinter anzusehen, und betastete die Säume.
Sie schoss auf ihn zu, riss ihm den Wandbehang aus der Hand und schlug ihn wieder an seinen Platz. »Das sind wertvolle Stücke, die in jahrelanger Arbeit gemacht wurden, und sie sind Eigentum der Kirche. Ihr könnt nicht … einfach so daran herumfummeln.«
»Willst du dieses Rätsel nun lösen, oder nicht?« Er ging weiter zum nächsten Wandbehang und begann, dessen Ränder abzutasten. »Vielleicht ist etwas in den Saum eingenäht.«
»Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.« Sie biss sich auf die Zunge, ging einen Schritt zurück und wartete, bis er sämtliche Wandbehänge untersucht hatte. Als er fertig war, brummte er nur vor sich hin.
»Nichts. Lass mich den Hinweis einmal sehen. Ein unvoreingenommener Blick kann nicht schaden.«
Matilda wollte bereits in ihren Beutel greifen, doch dann hielt sie inne. »Habt Ihr wirklich die Absicht, mir zu helfen,
Monsire,
oder wartet Ihr nur auf eine weitere Gelegenheit, mit mir zu schlafen?«
»Aber nicht doch,
ma demoiselle.
Wir sind hier in einer Kirche«, antwortete er und ahmte dabei ihren Ton so perfekt nach, dass sie ungewollt lächeln musste. »Ah, schon besser. Ich glaube, du hast mich seit Maltby nicht mehr angelächelt. Ich möchte dir wirklich helfen. Wie kann ich …? Ich weiß schon.«
Plötzlich hatte er sein Schwert gezogen, so schnell, dass sie die Luft anhielt. Mit wild klopfendem Herzen wich sie zurück, er aber legte es bloß in seine ausgestreckten flachen Hände. »Nimm es.«
Zögernd streckte sie beide Hände aus. Vorsichtig übergab er ihr das Schwert, dann kniete er vor ihr nieder.
»Ich bin Steinarr der Stolze, Sohn des Birgir BentLeg, Nachfahre von Harald Glumr, von dem man sich viele Geschichten an den Feuern von Vass in meiner Heimat erzählt.«
»Wusste ich’s doch, dass Ihr kein Engländer seid«, murmelte sie.
»Es stimmt, ich bin kein Engländer.« Ein Lächeln spielte um seine Lippen und wich einem Ausdruck von Traurigkeit. »Ich bin niemand mehr, ein Mann ohne Land, ohne Heimat, ohne Familie, ohne Bindung. Aber zu meiner Zeit erschlug ich Dutzende Engländer zur Verteidigung meines
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