Nachtkrieger: Ewige Begierde
und es ihm dann wegzuschnappen.«
»Robin.«
Verwundert sah sie ihn an.
»Er muss sich weiter Robin nennen«, sagte Steinarr. »Und du musst dich weiter Marian nennen. Möglicherweise hat Guy noch mehr Leute auf euch angesetzt. Ich will, dass sich weder der Name Matilda Fitzwalter noch Robert le Chape herumspricht, um es den Häschern nicht noch leichter zu machen.«
»Aye«, sagte sie seufzend. »Somit endet meine Herrschaft als Eure Hohe Dame.«
Er legte seine Hand auf ihre, und sie unterbrach ihr gedankenverlorenes Spiel mit dem Zylinder. »Du bist von nun an meine Lady, ganz gleich, bei welchem Namen ich dich nenne.«
»Aber Ihr könnt mich nicht wie eine solche behandeln,
Monsire.
Ich glaube, es wäre besser, wenn ich mich als Eure Dienerin ausgeben würde. Oder noch besser, als die Dienerin Eurer Lady, die Ihr zu ihr bringen wollt. Ihr dürftet ihr natürlich keinen Klaps geben wie Eurer eigenen Dienerin, selbst wenn sie sich verspricht und im Beisein von anderen etwas ausplaudert.«
»Du wirst dich nicht versprechen. Lügen kommen dir leicht über die Lippen.«
Seine Worte waren nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern lediglich ehrlich. Dennoch war sie beschämt. »Verzeiht mir, Mylord. Zu lügen lernte ich als kleines Kind. Oft gefiel meinem Vater die Wahrheit nicht. Da war es leichter, ihm zu erzählen, was er hören wollte.«
»Und Robin konnte nicht lügen.«
»Genau. Vielleicht hätte er es in mancher Hinsicht einfacher gehabt, wenn er lügen könnte.«
»Vielleicht. Es ist aber nicht verwerflich, ein ehrlicher Mensch zu sein. Komm, lass uns hier aufhören und etwas essen.« Er nahm ihr den Behälter aus der Hand und legte ihn auf seine Knie, während er das Pergament zusammenrollte. »Wir können uns weiter den Kopf darüber zerbrechen, während wir früh…«
Matilda war bereits aufgestanden und schüttelte ihre Röcke aus, als er verstummte. Sie drehte sich um und sah, dass er auf den Zylinder starrte.
»Er ist doch kein Mistkerl«, sagte Steinarr. Er spuckte auf den Behälter und polierte ihn mit dem Ärmel. Dann hielt er ihn in die Höhe. »Er ist ein schlauer Fuchs. Sieh nur!«
Das Putzen hatte ein Muster aus feinen Linien zum Vorschein gebracht, die an einer Seite des Behälters nach unten verliefen, kaum sichtbar unter dem Beschlag. Sie riss ihm den Zylinder aus der Hand und neigte ihn, bis die Figuren besser zu sehen waren. »Das kenne ich doch.«
Sie rannte zur Kirchentür und zeigte nach oben. »Da.«
Steinarr folgte ihr, und gemeinsam verglichen sie die Gravur des Zylinders mit den sieben Todsünden über dem Türsturz.
»Eine Figur sieht anders aus«, sagte er. »Auf dem Behältnis hat der Reiche drei Beutel, da oben sind aber nur zwei. Sieh mal, die Farbe des Mörtels ist auch unterschiedlich.« Er zog sein Messer aus der Scheide und streckte sich, um den auf einer Seite helleren Verputz abzukratzen. Mörtel bröckelte herunter.
Matilda fing ein Stück auf und zerrieb es zwischen den Fingern. Es zerfiel zu Staub. Sie probierte davon und spuckte sofort aus. »Das ist bloß Salz und Mehl, gemischt mit ein wenig Sand.«
Steinarr kratzte den Verputz ab, den er erreichen konnte. Dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und versuchte, den Stein zu lockern. »Es ist zu viel Mörtel darauf, er sitzt noch fest.« Suchend sah er sich um. »Ich brauche etwas, um mich daraufzustellen.«
»Wenn Ihr mich hochhebt, komme ich heran«, sagte Matilda.
Kaum dass die Worte heraus waren, hob Steinarr Matilda hoch und auf seine Schultern. Vollkommen unvorbereitet darauf, war ihr ganz schwindlig vor Verlangen, das sie mit seinen Armen erfasste. Sie hielt sich an dem Sturz fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Er reichte ihr das Messer. »Schnell, bevor uns jemand sieht.«
Sie konzentrierte sich auf die Todsünden – nun nur noch eine Handbreit oberhalb ihrer Augenhöhe – und kratzte den Mörtel ab, bis der Stein sich bewegte, dann lockerte sie ihn mit der Messerspitze.
»Dahinter befindet sich ein Hohlraum.« Während sie das Schweinchengesicht der Gier auf dem Gesims des Türsturzes balancierte, griff sie vorsichtig in die Ritze hinein. Ihre Finger schlossen sich um etwas Weiches, Ledriges – sie hoffte inständig, dass es sich nicht um eine tote Fledermaus handelte – und zogen es heraus. Mit einem Seufzer der Erleichterung öffnete sie die Hand. »Ein Geldbeutel, und es ist etwas darin.«
»Beeil dich«, sagte Steinarr. »Ich glaube, da kommt jemand.«
Sie schob den
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