Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Armen gehalten, sie getröstet, die Tränen fortgeküsst, die ihr über die Wangen liefen. Stattdessen legte er Zweige und Stöcke auf das Feuer. »Hast du daran gezweifelt?«
»Ich h-h-h-abe …« Sie ergab sich ihren klappernden Zähnen, schüttelte nur den Kopf und zog sich die Decke fester um die Schultern.
Gunnar warf noch etwas dürres Holz auf das Feuer, bis es richtig heiß brannte, dann legte er drei dicke Holzscheite darüber, damit es weiterbrannte und sich genug Holzkohle bildete, auf der man später kochen konnte. Er schüttete eine gute Menge des Weins, den Brand mitgebracht hatte, in einen Kessel und klemmte den Topf zwischen die Holzscheite, um den Wein zu erhitzen. »Ich habe keine Gewürze, die ich hinzufügen könnte, aber er wird dir trotzdem guttun.«
Er bekam keine Antwort, und als er sich umdrehte, starrte Eleanor gedankenverloren ins Feuer. Sie blinzelte kaum mit den Augen, die was auch immer in den Flammen erblickten. Er lehnte sich zurück, verlagerte sein Gewicht auf die Fersen und betrachte sie lange, nun da er genug Licht hatte. Bis auf einen oberflächlichen Schnitt am Hals, der schon aufgehört hatte zu bluten, schien sie unversehrt.
Der Dank dafür gebührte Jafri. Wenn er sie nicht gesehen hätte, wenn Ari ihm nicht die Nachricht überbracht hätte, wenn Torvald nicht dort gewesen wäre, wenn Brand und er nicht …
Nun begannen ihm selbst die Hände zu zittern, als er sich vor Augen hielt, was in dieser Nacht alles hätte schiefgehen können.
Was zum Teufel wollte sie überhaupt hier draußen? Wie war sie Tunstall in die Hände geraten? Wo waren die Männer, die sie hätten beschützen sollen?
Er hatte hundert Fragen – und nicht das Recht, sie zu stellen, ebenso wenig, wie er das Recht hatte, seinen Arm das kleine Stück bis zu ihr hinüber auszustrecken und ihr die tränennasse Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen.
All diese Rechte besaß ihr Ehemann, dieser leichtsinnige Schwachkopf, der zugelassen hatte, dass sie derart in Gefahr geriet. Hatte er sie schon zur Gräfin von Gloucester gemacht, fragte Gunnar sich, dieser Mistkerl, zu dem sie zurückkehren würde.
Vor lauter Zorn sprang Gunnar auf. Er schnappte sich den ledernen Eimer, murmelte irgendetwas davon, dass sie Wasser brauchten, und rannte hinaus in die Dunkelheit zum Bach.
Nachdem er den Eimer gefüllt hatte, streifte er sein blutbeflecktes Gewand ab, legte es in den Bach, beschwerte es mit einem Stein, damit das strömende Wasser die Flecken auswusch. Dann tauchte er auch seinen Kopf unter Wasser, in der Hoffnung, es möge wenigstens einen Teil des drängenden Verlangens vertreiben, das ihn innerlich verzehrte.
Es wirkte. Als er das Wasser in die Höhle hineinschleppte, war sein Kopf tatsächlich klarer, und der Wein hatte zu kochen begonnen. Eleanor aber saß noch immer da und starrte ins Feuer. Gunnar stellte den Eimer vor das Feuer, damit das Wasser sich ein wenig erwärmte, dann mischte er es mit Wein und goss ein wenig davon in eine Schale.
»Mylady?« Nichts. »Eleanor.«
Sie zuckte zusammen, ließ sich ein Stück weit aus ihren Gedanken herausreißen – wo auch immer diese gewesen waren – und sah ihn an.
Er hielt ihr den Wein hin. »Trink. Das wird helfen.«
Sie nickte und nahm die Schale in beide Hände. Noch immer zitterte sie erbärmlich, aber sie schaffte es, einen Schluck zu trinken, und dann einen weiteren. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, leerte die Schale in einem Zug und hielt sie Gunnar wieder hin. »Mehr.«
»Ich habe ja gesagt, es würde helfen.« Er füllte die Schale erneut und sah zu, wie Eleanor trank, wenngleich nun deutlich langsamer. Als sie die Schale geleert hatte, nahm er sie ihr aus den Händen. Er befeuchtete einen sauberen Lappen, hielt ihn ihr hin und zeigte auf die eine Seite ihres Halses. »Du bist verletzt.«
Eleanor befühlte die Wunde und zuckte zusammen, aber sie schien nicht zu registrieren, was sie mit dem Lappen anfangen sollte.
Gunnar zögerte, denn er wollte sich nicht erneut der Versuchung aussetzen, der er gerade erst entkommen war. Doch letzten Endes stellte er den Wein weg und machte sich an die Arbeit. Vorsichtig neigte er ihren Kopf zur Seite, damit er das Blut abwischen konnte, ohne die Wunde wieder aufzureißen.
Als er ihr auch die tränenverschmierten Wangen abwischte, hatte der Wein sie bereits ein wenig beruhigt, und sie gähnte. Und seine Sinne waren so sehr von ihr erfüllt, dass er es kaum noch ertragen konnte. Er warf den
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